Zwei neue Investoren verleihen Candela Flügel. Ihre kräftige Geldspritze von umgerechnet 20 Millionen US-Dollar erlaubt es dem schwedischen Hersteller, sein nächstes Boot marktreif zu machen: die Mini-Fähre P-12. Das Fahrgastschiff für bis zu 30 Personen ist – wie das acht Meter lange, offene Motorboot Candela C-8 – mit batterieelektrischem Antrieb und Tragflächen (Foils) ausgerüstet.
Bei genügend Schub der zwei Elektromotoren vom Typ C-Pod heben sich die beiden Katamaran-Rümpfe komplett aus dem Wasser. Dann scheint das 8,5 Tonnen schwere Boot über der Oberfläche zu schweben. In diesem Betriebszustand bilden nur noch die Foils mit den Antrieben darin den Kontakt mit dem nassen Element.
Weil sich dabei der Wasserwiderstand signifikant verringert, benötigt das Fahrzeug 80 Prozent weniger Energie als konventionelle Boote. Das Arbeitstempo der Candela P-12 liegt bei 27 Knoten. Bei dieser Geschwindigkeit steht in seinen Akkus Energie für bis zu 60 Seemeilen Reichweite bereit. Bis zu 30 Knoten sind möglich.

Die Batterien haben zusammen 180 kWh. Das entspricht ungefähr dem Speichervolumen der Akkus von drei mittleren Elektroautos. Dieser Vergleich verdeutlicht die technische Leistung des Herstellers. Denn der Energiebedarf von Elektrobooten in traditioneller Bauweise liegt um den Faktor zehn bis zwanzig höher als der von Elektroautos.
Akkus in rund einer Stunde wieder voll
Aufladen lässt sich das System nach Angaben von Candela mit bis zu 200 kW, was bei optimalen Bedingungen die Stromspeicher in rund einer Stunde füllen würde. Auch das ist beeindruckend leistungsstark. Zum Vergleich: Moderne Elektroautos wie der Tesla Model Y (Long Range) schaffen 250 kW. Der Porsche Taycan mit der aktuell schnellsten Ladeleistung bringt es auf 270 kW.
Die P-12 wird schneller und billiger sein als ein Bus
Noch in diesem Sommer soll die erste P-12 den Betrieb in der Bucht von Stockholm aufnehmen. Läuft alles nach Plan, wird sie das bis dato schnellste elektrische Passagierschiff mit der größten Reichweite, teilt die schwedische Werft mit. Diese Rekorde werden nicht auf Kosten des Klimas erreicht, beeilt sie sich hinzuzufügen. Denn über eine angenommene Lebenszeit von 30 Jahren würde die foilende E-Fähre – ganzheitlich berechnet – 97,5 Prozent weniger CO2 emittieren als ein vergleichbar großes Schiff mit Dieselantrieb. Und zwar berechnet über die gesamte Zeitspanne vom Kauf der ersten Schraube bis zur Entsorgung des Wracks.
Zukünftige Fährreedereien könnten sich über um 80 Prozent niedrigere Betriebskosten freuen, wirbt Candela. Dies ergibt sich sowohl aus dem niedrigeren Energieverbrauch wie auch eingesparten Wartungskosten, teilt die Werft mit. „Die P-12 wird in vielen Anwendungsfällen schneller und billiger sein als landgestützter Personentransport wie zum Beispiel per Bus, und sie wird es vom ersten Tag an sein“, zitiert die Candela-Pressemitteilung den Gründer Gustav Hasselskog.
180 Interessenten für die foilende Fähre
Aktuell ist Candela mit 180 potenziellen Käufern der P-12 im Gespräch. Als erster Anwendungsfall wird im Sommer in der Bucht von Stockholm eine Schnellverbindung zwischen Ekerö und dem Stadtzentrum aufgenommen. Dort ersetzt das Schnellboot eine 55 Minuten dauernde Busverbindung – es schafft die Strecke in nur 25 Minuten. Für den Betrieb hat der Betreiber eine Sondergenehmigung erhalten, um das strenge Tempolimit von zwölf Knoten im Hafen der schwedischen Hauptstadt überschreiten zu dürfen. Die 4,50 Meter breite P-12 kann maximal 30 Knoten schnell fahren/foilen.
Damit setzt sein Unternehmen den temporeichen Törn fort vom ersten foilenden Motorboot Candela C-7, das 2019 abhob, über die verbesserte Folge-Entwicklung Candela C-8 in modernem Design von 2021 bis aktuell zur kleinen Tragflügel-Fähre. Für die C-8 liegen bereits 150 Bestellungen vor. Das Potenzial der elektrischen Foil-Fähre schätzt Candela indes ungleich größer ein: Weltweit bestehe ein aktueller Bedarf, der sich in mehr als 30 Milliarden US-Dollar Auftragsvolumen ausdrücke.

Maßgebliche Geldgeber sind die Investmentgesellschaften Fosieland Holding mit Sitz auf Malmö und EQT Ventures in Stockholm. „Der P-12 Shuttle wird ein Game Changer für die Personenschifffahrt“, sagt Lars Jörnow von EQT Ventures. Nach seiner Ansicht sei Candela auf dem Weg zu einem „generationenbestimmenden Unternehmen“, das die maritime Transportwirtschaft revolutionieren werde.
Es sind noch weitere Anleger dabei, darunter auch Svante Nilo Bengtsson von Marknadpotenial AB, der mit dem Investment einen Sitz in der Geschäftsführung von Candela erhält. Sein Fazit: „Candelas Technologie ist sehr beeindruckend. Die Erfahrung, über dem Wasser zu fliegen, noch dazu lautlos, hat mich einfach verzaubert.“