Gestern, am 14. November, fand vor dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur eine Mahnwache von Crews verschiedener Traditionsschiffe statt. Das Motto: „Eine Schiffssicherheitsverordnung ohne Schiffe ist wie Segelschiffe ohne Segel“. Der Grund: Trotz öffentlicher Proteste und gegen den Rat von Experten will die abgewählte Bundesregierung die Sicherheitsverordnung für Traditionsschiffe in Kraft setzen.
Die Demonstranten forderten vom, zurzeit nur geschäftsführend amtierenden, Bundesverkehrsminister Christian Schmidt (CSU) eine eindeutige Aussage zu einem neuen Zeitplan für die umstrittene Verordnung. Doch hinter den Türen war schon alles unter Dach und Fach. Die Nachrichtenagentur dpa meldete gestern Abend, dass die Verordnung am 1. Januar 2018 in Kraft treten werde, ohne dass die Bedenken der Betroffenen berücksichtigt wurden.
Ein Jahr Schweigen, jetzt Vollzug
Fast ein Jahr hat sich die Auseinandersetzung zwischen den Betreibern der Traditionsschiffe und dem Ministerium hingezogen. float berichtete zum ersten Mal im Februar vom drohenden Aus für die Schiffe, dann ein weiteres Mal im Mai nach erfolgreichem öffentlichen Protest. In der neuen Verordnung werden unter anderen die Vorgaben für die bauliche Beschaffenheit der Schiffe, den Brandschutz an Bord und die Ausrüstung mit Rettungsmitteln festgelegt. Mit diesem Vorgaben soll die Traditionsschifffahrt in Deutschland erhalten werden, so der Minister: „Um das zu erreichen, brauchen wir ein hohes Maß an Sicherheit für Besatzung und Passagiere.“
Schiffe, die bis Ende 2017 ein Sicherheitszeugnis für Traditionsschiffe erhalten haben, sollen demnach Bestandsschutz genießen. „Kein Schiff wird durch die Verordnung an die Kette gelegt“, zitiert dpa den 60-jährigen Politiker. Zur Lösung von strittigen Fragen werde eine Ombudsstelle eingerichtet. Ein Förderprogramm zur Unterstützung notwendiger Umbauten solle aufgelegt werden.
„Atmende“ Rechtsvorschrift eines abgewählten Ministers
Dass der Erhalt der Traditionsschifffahrt unter dieser Verordnung nicht möglich ist, hatte Nikolaus Kern vom Dachverband Deutscher Traditionsschiffe schon im Februar deutlich gemacht. Der in maritimen Belangen nicht bewanderte Minister sagte laut dpa, die neue Verordnung sei eine „atmende“ Rechtsvorschrift. Sie werde in regelmäßigen Abständen gemeinsam mit den Vereinen und Verbänden der Traditionsschifffahrt überprüft und bei Bedarf angepasst. Was immer das konkret heißen mag.
Die Verbände waren in der gesamten Zeit der Beratung der Vorschrift nicht in einen solchen Ausschuss eingeladen worden. Daher stellt sich die Frage, ob die Aussage des Ministers nicht Lippenbekenntnisse sind, wie sie bereits sein Vorgänger Alexander Dobrindt vorbrachte.

„Es ist unerhört, dass so etwas von einer geschäftsführenden Regierung unterschrieben wird“, äußert sich dagegen Kern. Er ist enttäuscht von der Entscheidung des Ministeriums. Die Behörde habe sich damit über den Willen des Bundesrats hinweggesetzt. Der hatte Gespräche zwischen dem Ministerium und den Schiffsbetreibern gefordert. „Das ist ein Demokratieverständnis, das ich nicht teile“, sagte Kern. Er plädiert für eine rasche Lösung mit der künftigen Bundesregierung.
Es sieht ganz so aus, als wolle man im CSU-geführten Verkehrsministerium vor der Regierungsbildung noch schnell seine Interessen durchboxen.
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