Im Film „Die Körperfresser kommen“ bleiben die Körper erhalten, aber den Menschen wird ihre Identität geraubt. Beim Refit des Holzzweimasters Hawila bleibt die Identität erhalten, aber der Schiffskörper wird komplett erneuert.
So war das nicht gedacht. Der dänische Frachtsegler aus den 1930er-Jahren kam 2020 aus dem Wasser, um nach einjähriger Renovierung faire Lebensmittel und aktivistische Performancegruppen zu transportieren, im Winter in der Karibik, im Sommer in der Ostsee.
Damit will sich die Hawila in die Frachtsegelflotte um Brigantes, Tres Hombres, Sailcargo oder Timbercoast einreihen, immer dem Motto nach: „To offer an ethical and green transport alternative!“

Ende 2022 ist die Einsicht: Bis Winter 2024 wird die Hawila höchstens von oben nass – aber wenn sie dann auf ihre zweite Jungfernfahrt geht, ist sie kein renovierter Klassiker, sondern ein neuer Retrosegler.
Living with the ecosystems
Mittlerweile wurden 80 Prozent aller Planken ersetzt. Vom Kielschwein über das Deck mit seinen Aufbauten bis zum Heck bleibt kein Brett erhalten. Vom Rigg ist noch gar nicht die Rede. Und die alten Baupläne wurden auch zu Makulatur erklärt. Wenn schon jeder Holzzapfen ausgetauscht wird, dann kann man auch gleich die Innenarchitektur optimieren und zwei Frachträume installieren.

Wie aufwändig ein als Refit getarnter Neuaufbau ist, können float-Leser minutiös am Beispiel der Tally Ho verfolgen. Um auf der langen Strecke frischen Mut zu tanken, hat sich die Hawila-Crew um Eigner Samuel Faucherre mit ihren Geistesgenossen von Sailcargo auf dem Dreimaster Vega und dem Team von Fairtransport in Holland getroffen.

Und sie hat neue Geistesgenossen gewonnen mit einem Workshop zum Thema „Living with the ecosystems“. 50 Jugendliche wurden mit Körper-Performances dafür sensibilisiert, dass die menschliche Hybris geradewegs in die Hölle führt, wenn man nicht mit, sondern gegen die Ökosysteme lebt.
Und noch ein faules Ei
Im Herbst hat das Bootsbau-Team in Holbaek die Bilge ausgebessert und ihre Position optimiert. Der November ging dafür drauf, das Achterdeck abzureißen. Denn ein Röntgenblick aufs Heck zeigte: Es ist von innen faul. Alle Streben müssen durch neue Eichenhölzer ersetzt werden. Jede Strebe muss als Einzelstück an der Kettensäge-Bank in Zeitlupe zugeschnitten werden.
Wie schon im Film „Der Leopard“ philosophiert wird: „Damit alles beim Alten bleibt, muss alles neu werden.“ Die neue Hawila wird den alten Geist des Frachtsegelns viel effizienter umsetzen können als je zuvor in ihrer fast 90-jährigen Geschichte.