Lagena ist ein sogenannter „Flugzeugträger“. Der Name ist dem Tulpenbug geschuldet, der enorm viel Fläche aufs Vorschiff bringt. Es gibt sogar eine Bugbadeleiter. Die Boote sind sehr formstabil. Auch ohne Ballastkiel bekommt man sie nur schwer zum kentern. Die Umsetzung des Baus lässt sich mit drei Worten beschreiben: DDR meets Eigenbau.

Die Holzarbeiten sind liebevoll ausgeführt, das GFK ist massiv. Aber die letzten 20% sind entweder geschludert – man will ja auch irgendwann mal segeln – oder es fehlte an Material. Es gibt Stellen am Boot, deren Existenz ich mir nicht in meinen dunkelsten Träumen vorgestellt hätte.

Schwertkampf und zweite Hilfe
Das Boot sollte erst 2019 eingewässert werden. So hatte ich ausreichend Zeit, mich um das neue Schwert zu kümmern. Denn viel mehr lag augenscheinlich nicht an. Was ich in der Halle inspizieren konnte, sah nur nach ein wenig Lackarbeiten hier und dort aus. Den Einbau des neuen Schwerts plante ich für das folgende Frühjahr, wenn die Kiste sowieso am Kran hängen würde.
Auf meiner Suche nach einem Bootsbauer war ich zuerst weniger erfolgreich. Meine Frau Anja fand schließlich die Nummer des Sohns von Manfred Ernst heraus, der in Köpenick lebt und arbeitet. Ich rief ihn an, und Herr Ernst junior nahm sich Zeit. Er erzählte von Freunden, die mit diesen Booten bis nach London gesegelt waren. Und er erklärte mir viel über die Eigenschaften und Hintergründe der Boote, die sein Vater gezeichnet hat.
Er wusste, wie das Schwert angebracht war: Vorne im Schwertkasten befand sich ein langer Bolzen, der mehr oder weniger in den Kasten eingespannt wurde. An ihm befand sich das Auge, an dem das Schwert angebolzt wurde. Der Vorteil: Es gibt kein Loch im Schwerkasten. Herr Ernst gab mir den Tipp, das neue Schwert einfach durch den Kasten zu bolzen und diesen vorher etwas zu verstärken. „Es fahren hunderte so rum, und niemand säuft deshalb ab.“ Klang einleuchtend.
Rettung durch die Feuerwache
Es half nur nichts. Ich fand niemanden, der das Schwert bauen und einbauen wollte. Verzweifelt hatte ich auf Kleinanzeigen-Portalen gesucht und sogar ein Schwert gefunden. Ich wusste aber nicht, ob es passte. Die Geschichte zog sich bis in den Dezember letzten Jahres hin. Zwischendurch gab es Momente, in denen ich drauf und dran war, die olle Kiste einfach zu verschenken. Aber der Charme des Boots hielt mich davon ab.

Rettung nahte, als wir im Dezember beschlossen, Berlin zu verlassen und nach Brandenburg an der Havel zu ziehen. Kurze Zeit später schrieb mir jemand auf Facebook: „Dann melde Dich doch mal bei Bernd im Wassersportzentrum Alte Feuerwache. Wenn jemand Ahnung von Jollenkreuzern hat, dann er.“
11 Kommentare
Schön wieder etwas von Stephan Boden zu lesen ??
Interessantes Projekt… gern mehr davon.
Willkommen in B.randenburg!
Wusste gar nicht das Du hier schreibst, habe Deine Texte seit Ende des Digger-Blogs vermisst.
Aber Deine Bücher (bes. Einhandsegeln) in bester Erinnerung!
Viel Spaß mit „Torte“ 😉
Guckste hier: https://bit.ly/2KdusoF
! 🙂
Moin GB. Vielen Dank! Kannst Dir auch mal bei Amazon meine Autorenseite ( einfach in der Suche „Stephan Boden * eingeben) ansehen. Schreibe seit EINEM Jahr im Selbstverlag. Gruß
Ich liebe Deinen Schreibstil, bitte mehr davon !
Junge, Junge! Jetzt ist der Boden uch bei den Klassikern angekommen! Endlich! Glückwunsch und Mast und Schotbruch
Moin Stephan! Gratuliere zum Boot und schön das Du wieder auf dem Wasser unterwegs bist. Vielleicht kannst Du Dich an meinen Kurt P. erinnern. Du hast von ihm mal super Bilder gemacht. Handbreit H.Peter!
Moin! Na klar erinnere ich mich. Ganz viele Grüße von der Havel, auch an Kurt P.
Es gibt einfach im Segeljournalismus nicht viele Leute, die richtig gut Schreiben können. Stephan Boden ist definitiv einer der wenigen, die damit gesegnet sind.
Klasse Artikel, sehr kurzweilig und schön geschrieben, toll, das das hier bei Float kostenlos gelesen werden kann.
Ich wünsche viel Erfolg bei den Restaurierungsarbeiten.
Danke. Ich werde rot…