„Die Güte traditionellen Handwerks, der Wert ausgesuchter Materialien fasziniert allerorten“, so ist auf der Internetseite des Freundeskreises Klassischer Yachten zu lesen. „Die klassische Yacht mit Herkunft und Geschichte, mit Charme und Substanz wird zum Hingucker und nicht das in großer Serie gefertigte, technisch beliebig reproduzierbare Boot.“ Gemeint sind beim FKY die Jahrzehnte alten hölzernen Vertreter vergangener Bootsbau-Epochen. Was kann eine zeitgenössische Segelyacht wie die Biga 270 der Bootswerft Bicker damit zu tun haben?

Ein Klassiker von drei Jahren
Die von der Bootswerft Bicker im westfälischen Ahlen-Dolberg gefertigten Segelyachten kombinieren traditionelle Bootsbaukunst im Auf- und Ausbau mit moderner Bootstechnik – sprich: einem Kunststoffrumpf. Diesen Ansatz, sich beim Entwurf einer Fahrtenyacht am klassischen Bootsbau zu orientieren, verfolgen zum Beispiel auch die Konstrukteure der dänischen Yachten von Faurby und Nordborg. Oder Henningsen & Steckmest mit ihren bekannten Scalar-Yachten. Die Biga 270 ist zwar schon seit knapp drei Jahren auf dem Markt, dennoch lohnt es sich, bei dieser Fahrtenyacht noch einmal genauer hinzuschauen.

Sich absetzen vom industriellen Bootsbau
Spätestens wenn man im Cockpit sitzt, wird die Werftphilosophie erkennbar. Das Ziel sei, sich vom industriellen Bootsbau abzusetzen, erklärt uns Sven Wehrenbrecht, Bootsbauer auf der Werft Bicker. Lackglänzende Holzflächen, mit Teak belegte Duchten, der Cockpitboden und das gesamte Deck – alles beim Holzausbau der Fahrtenyacht schmeichelt dem Auge. Eine äußerst praktische Einrichtung sind die zwei geräumigen Schwalbennester, in denen der unterwegs notwendige Kleinkram oder die Schoten der Vorsegel aufbewahrt werden können.

Im Cockpit sitzt man tief und durch das hohe Süll auch geschützt. Bei Lage kann man sich an der Leeducht gut abstützen. Und dank langem Pinnenausleger sind auch die Segler gut bedient, die es zum Steuern auf die hohe Kante zieht. Die Backskistendeckel sind schwer und beeindruckend solide ausgeführt. Ideal ist auch, dass der Motor zusätzlich von außen zugänglich ist – von oben durch den Cockpitboden.

Gutmütig und schnell – kein Widerspruch
Im Vergleich zu den Vorgänger-Modellen von Biga gibt es einige Neuerungen: Zum Beispiel bietet die Biga 270 deutlich mehr Platz als die 242. Dennoch ist sie mit einer Breite von 2,55 Metern noch trailerbar. Und es gibt einen separaten Toilettenraum.
Auch am Segelpotenzial der Fahrtenyacht wurde gearbeitet. Die Vorgabe an die Konstrukteurin Juliane Hempel war, dass man erneut ein gutmütiges und schnell segelndes Boot haben wolle. Gutmütig und schnell segeln … kein Widerspruch? „Nein, das geht“, ist die spontane Antwort von Sven Wehrenbrecht. „Wir haben bei der 270 einen effektiv konstruierten Rumpf, und der kann mit den passenden Kielvarianten schnelles Segeln ermöglichen.“

Das lässt sich in der Halle nicht überprüfen. Aber das sichtbare moderne Unterwasserschiff mit flachem U-Spant und die drei verschiedenen Anhänge – gerader Kiel, Kunststoff-Flosse, Bleibombe – sprechen dafür. Waren die 29er und die große 330 noch Konstruktionen von Georg Nissen, wurden die Biga 242 und anschließend die Biga 270 von Juliane Hempel entworfen.
Frau am Konstruktionstisch
Auf die Frage, wie Juliane Hempel ins Spiel kam, erfuhren wir, dass sie bei Georg Nissen gelernt und schon bei der Biga 330 mitgearbeitet hat. Später habe sie für Bicker einen Einzelbau realisiert und man sei in Kontakt geblieben. In der Folge entwarf sie die Biga 242, deren Segeleigenschaften so sehr zu überzeugen wussten, dass sich die Werft von ihr auch die Biga 270 konstruieren ließ.
Ein Kommentar
[…] Bericht über die BIGA 270 im Float Magazin […]