Die 110 Kilogramm schwere Bleibombe am Kiel ist zwar „nur“ ausgerichtet auf 150 Kilogramm Crewgewicht. Auf das Gewichtslimit muss man aber nur bei Crews achten, bei denen zwei bewegungseingeschränkte Menschen das Boot allein segeln. „Wir hier auf der Alster machen es so, dass oft ein bewegungseingeschränkter Mensch mit einem Normalo segelt.“
Auch bei Lage aufrecht sitzen
Dann darf die behinderte Person nicht mehr wiegen als 150 Kilogramm – sollte zu schaffen sein… „Die mitsegelnde Person kann dann ja im Notfall aus dem Sitz heraus und das Boot mit aufrichten.“ Diese muss sich dann nur auf der richtigen Seite auf den Rumpf setzen und dem Boot „helfen“ sich aufzurichten. Das Vertrauen des behinderten Menschen und die richtige Einschätzung der nicht behinderten Begleitung vor allem bei viel Wind immer vorausgesetzt!
Der 110-Kilo-Kielballast stellt einen Ballastanteil von über 60 Prozent dar. Dadurch besteht die Möglichkeit, das Boot in einem optimalen Krängungswinkel von weniger als 20 Grad zu halten. Es ist wichtig, die Krängung so weit wie möglich zu begrenzen, da der Sitz für die Crew in beide Richtungen bis zu 20 Grad geneigt werden kann. So können sie unter den meisten Segelbedingungen aufrecht sitzen.

Das erhöht nicht nur den Segelkomfort der Crew, sondern dient auch zusätzlich als vertrauensbildende Maßnahme unterwegs. Für mich als „Normalo“, wie meine Begleiterin Nadine uns Nicht-Behinderte gern tituliert, eine durchaus ungewöhnliche Erfahrung – Lage schieben und trotzdem aufrecht sitzen oder per Hydraulik den Lee/Luv-Trimm herstellen.
Das Boot hat einen einzigen Hebepunkt, um es schnell und ohne großen Aufwand ins oder aus dem Wasser zu hieven. Das Gesamtgewicht der S\V14 inklusive Ballast ist auf 300 kg ausgelegt. Damit kann sie auf einem einachsigen Anhänger von einem normalen Familienauto gezogen werden.
Niemand hat an dem Boot verdient
Die S\V14 ist ein junger Entwurf: Im Jahr 2015 beauftragte ein thailändischer Segelverein den holländischen Yachtdesigner Alex Simonis, ein sicheres, modernes, sportliches und vor allem erschwingliches Boot für die Para-Segelgemeinschaft zu entwerfen. Nebenbei sollte es sich als Regattaklasse schnell etablieren, um möglichst vielen Menschen, ob nun mit oder ohne Behinderung, die Freude an diesem tollen gemeinsamen Sport-Erlebnis zu ermöglichen.
„Es handelt sich dabei um ein Non-Profit-Projekt von Alex Simonis, Far East und uns. Alle Beteiligten verdienen damit kein Geld. Alex bekommt kein Designer-Honorar, die Werft liefert die ersten 1000 Boote zu Selbstkosten, wir verwenden eventuelle Gewinne für Werbung, Sponsoring, kostenlosen Vorführbooten usw.“, sagt Dirk Weißenborn vom Importeur Bootspunkt. Führt zu einem attraktiven Preis: Das komplette Boot mit Segeln kostet derzeit 9.669 Euro zuzüglich Transport.

Die ersten tausend S\V 14 seien sogar zum Selbstkostenpreis zur Verfügung gestellt worden, der noch unter den Rohstoffkosten für die Selbstbau-Holzversion lag. Im Sommer 2018 begann dann die Serienproduktion der S\V 14 auf der renommierten Werft in Shanghai. Es gibt sechs verschiedene Versionen, maßgeschneidert für die unterschiedlichsten Anforderungen. Selbst Menschen mit schwereren Behinderungen können dank der elektrisch betriebenen Kippsitze in der Klasse mitfahren.
Es sind verschiedene Segelkombinationen möglich, um sich an das Niveau von Kompetenz, Crew und Leistung anzupassen. Wie alle Modelle von Far East Boats wird auch die S\V 14 mit einem per Vakuuminfusion gefertigten Sandwichrumpf produziert. Ruder und Hubkielflosse sind aus Karbon gefertigt, der gusseiserne T-Kiel ist mit Glasfaser überzogen. Das Designteam entwickelte außerdem einen Bausatz, mit dem auch handwerklich begabte Laien ohne teure Werkzeuge problemlos dieses Do-It-Yourself-Boot herstellen können.
Technische Daten S\V 14
Rumpflänge (ohne Ruder und Bugspriet): 4,39 m
Länge: 5,35 m
Breite: 1,59 m
Tiefgang: 1,20 m
Gewicht: 345 kg
Großsegel: 6,7 qm
Fock: 2,1 qm
Gennaker: 9,5 qm
CE-Katetorie: C (küstennahe Gewässer)
Für den Selbstbau optimiert
Allerdings sind bisher nur wenige Boote so gebaut worden. Fazit: Die S\V 14 ist schon ein sehr besonderes Boot. Wurde es zuallererst für Menschen mit Behinderung entwickelt, um diesen überhaupt oder auch je nach erlittenem Schicksal wieder das Segeln zu ermöglichen, bietet es darüber hinaus aber auch Menschen, die altersbedingt nicht mehr so trittsicher und gleichgewichtsstabil sind, die Möglichkeit, noch zu segeln.

Auch ein günstiges Boot kann nur ablegen, wenn genügend Helfer am Start sind: Um das Inklusionssegeln und weitere Projekte mit der S\V14 weiter anzukurbeln, wird jede Hilfe dankbar angenommen. Erbeten werden Spendengelder oder gleich Sponsoren, die sich engagieren.
Zusätzlich werden neue Mitglieder in der Klassenvereinigung und in den Vereinen gesucht – und ehrenamtliche Helfer, die zum Beispiel am Wochenende Regatta-Service und ähnliches machen. Interessenten können sich diesbezüglich mit dem Importeur Bootspunkt in Verbindung setzen oder auch mit Clemens Kraus vom 1. WSVLS e.V. Weißenborn: „Bei der Bundesliga-Regatta habe ich einen ehemaligen Mitarbeiter aktiviert, aber das ist halt alles mit viel Aufwand verbunden und sehr teuer.“