In der Regatta-Saison 1939 konnte die Jenetta als einzige die schnelle Rennyacht Vim schlagen. Doch dann verkam die Yacht – und sie versank sogar in einem See in Kanada. Die Flensburger Werft Robbe & Berking hat das Schiff jetzt nach Originalplänen restauriert. In Kürze wird sie die Werft verlassen und in wenigen Wochen wieder gegen ihre alte Gegnerin antreten.
Die 12er-Flotte auf der Ostsee bekommt Zuwachs: Nach mehrjähriger Arbeit hat die Flensburger Werft Robbe & Berking die Jenetta restauriert. Die Yacht war für Regatten konzipiert und galt in ihrer – allerdings kurzen aktiven – Zeit als eine der schnellsten 12-mR-Yachten. In diesem Sommer wird sie wieder bei Rennen antreten, erstmals voraussichtlich am letzten Mai-Wochenende.
Nur Bleikiel und Beschläge wiederverwendet
Werfteigner Oliver Berking hatte die Jenetta vor gut zehn Jahren auf dem Pitt Lake bei Vancouver in Kanada entdeckt, wo sie vor sich hin rottete. Er beschloss das Boot zu kaufen. Doch noch während er über einen Kauf verhandelte, versank es – ausgerechnet am ersten Weihnachtsfeiertag des Jahres 2008. Bei einem missglückten Bergungsmanöver im darauf folgenden Jahr wurde der ohnehin schon arg ramponierte Rumpf noch mehr beschädigt, so dass der Berking-Werft nichts anderes übrig blieb, als die Jenetta komplett neu aufzubauen.


Lediglich der Bleikiel und einige Beschläge konnten wieder verwendet werden. Holzplanken und Stahlspanten waren nicht mehr zu gebrauchen. Sie entstanden neu nach den Originalplänen des schottischen Yacht-Designers Alfred Mylne. Auf diese Pläne konnten die Flensburger Bootsbauer zurückgreifen, da dessen Unternehmen Mylne Classic Yacht Design noch existiert.
Gebaut wurde die Jenetta 1939 für den britischen Geschäftsmann Sir William Burton auf einer Werft in Schottland. Sie ist mit 21,70 Meter der längste je gebaute 12er und damit – Länge läuft! – einer der schnellsten. Möglich ist das, weil das Boot einer Meterklasse angehört. Dabei wird nach einer bestimmten Formel ein Rennwert ermittelt – in diesem Fall 12. In die Formel gehen verschiedene Rumpfmaße wie Länge, Breite und Tiefgang sowie die Segelfläche ein. Die erste Meter-Formel wurde 1907 festgelegt und später noch zwei Mal modifiziert. Die Jenetta ist eine 3rd-Rule-12mR.


Gestaltungsspielraum für Konstrukteure
Anders als bei einer Einheitsklasse hatten Konstrukteure wie Max Oertz (Davo II, Heti, Noordster III), Henry Rasmussen (Anita, Inga, Sphinx), Olin Stephens (Vim, Columbia, Constellation, Courageous, Freedom, Intrepid, Northern Light, Nyala, Valiant) oder Jenetta-Zeichner Mylne (Javotte, Kate, Marina, Mouchette) einen gewissen Gestaltungsspielraum. Mylne, der auch eine der königlich britischen Yachten entwarf, war 1906 einer der Schöpfer der ersten Meterformel.
Burton, der mit Zucker reich geworden war, war passionierter Regattasegler. Über sein Geschäft lernte er den Teehändler Thomas Lipton kennen. Als Gleichgesinnter überließ Lipton beim America’s Cup im Jahr 1920 Burton das Steuer seiner Yacht Shamrock IV. Es war mit 2:3 die knappste von Liptons Niederlagen um die bodenlose Kanne.

Nach dem America’s Cup, der damals noch mit den gigantischen J-Class-Yachten ausgetragen wurde, wandte sich Burton den Meteryachten zu. Seine erste 12er war 1924 die von Johan Anker gezeichnete Noreska. Jenetta war schon Nummer 4. Allerdings hatte Burton nur wenig Gelegenheit, sich an den Leistungen dieser Yacht bei Regatten zu erfreuen: Zum einen machte sich sein Alter bemerkbar: Er war bei Jenettas Stapellauf schon 75. Zum anderen brach kurz vor Ende der Saison 1939 der Krieg aus. Aber immerhin gelang es Jenetta in dem Jahr als einziger Yacht, die Vim zu besiegen, die in jener Saison sonst nicht zu schlagen war.
Verschlungene Wege nach den 1950ern
Nach dem Tod des Eigners Burton im Jahr 1942 kam die Jenetta in den 1950er Jahren nach Kanada. Was in den folgenden Jahrzehnten mit der Segelyacht passierte, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Ab 1985 jedenfalls lag sie auf dem Pitt Lake, bis sie am Weihnachtstag 2008 darin versank und Silberfabrikant Berking sie schließlich nach Europa zurückbringen ließ.
In mehrjähriger Arbeit entstand dann der 12er neu. Die nötige Erfahrung hatte die Werft schon gesammelt bei der Restaurierung der Sphinx und dem Bau der Siesta nach Plänen von Anker. Seinen Entwurf Nr. 434 konnte der Yachtdesigner seinerzeit wegen des Zweiten Weltkriegs nicht mehr selbst realisieren.
In diesem Frühjahr kommt die Jenetta wieder ins Wasser und wird künftig an den diversen 12er-Regatten teilnehmen, die jedes Jahr auf der Ostsee ausgetragen werden. Dabei wird sie auch wieder auf ihre alte Gegnerin treffen, die Vim.

Eine weitere 12er sollte in diesem Jahr die Baltic Fleet verstärken: Eine Eignergemeinschaft aus Lübeck hat die 1909 gebaute Varuna gekauft und wird sie aus dem Mittelmeer auf die Ostsee holen. Die Varuna ist neben Heti und Cintra die dritte Gaffel-getakelte First Rule 12 mR, die noch segelt. Allerdings sieht es aktuell nicht so aus, dass die Varuna in diesem Jahr noch auf der Ostsee zum Einsatz kommt.