Die Testsaison beginnt für die meisten Bootstester im Frühjahr in Cannes, wenn Jeanneau seine neuen Motor- und Segelboote vorstellt. Es ist ein freudiges Wiedersehen und ein spannender Austausch auf dem Steg und an Bord. Normalerweise wissen wir bereits, was wir testen, weil wir die neuesten Entwicklungen schon in Düsseldorf auf der boot gesehen haben. Dieses Jahr ist alles anders.
Es gab zum zweiten Mal keine boot und damit auch keine Neuheiten von Jeanneau. Umso spannender ist dieser Termin jetzt: Wir hatten ein blind date mit der Sun Odyssey 380 nach unserem Premierenbeitrag im letzten August.
Die neue Sun Odyssey ist schon am Steg ein sinnliches Erlebnis. Die zweitkleinste aus der Reihe zeigt deutlich die DNA der erneuerten Serie, die mit der Sun Odyssey 349 beginnt und über die 380, 410 und 440 bis zur großen Sun Odyssey 490 geht. Mit 11,22 Metern Rumpflänge ist sie auch so kompakt, dass Stärken und Schwächen schonungslos sichtbar werden.
Hier kann eine Werft ihre Fähigkeit zur Raumnutzung, zu Design und Innovation wirklich ausspielen. Große Boote kann fast jeder, kleinere sind eine Kunst. Und diese Kunst beherrschen bei Jeanneau Yachtdesigner Marc Lombart, der auch die Beneteau Oceanis 40 von 2020 verantwortete, und Piaton Bercault beim Innendesign.

Während der Kapitän schnell noch einen Kaffee nimmt, nutzen wir die Zeit für einen Rundgang über das Schiff. Wir steigen über die geschlossene Badeplattform, die per Hand herabgelassen wird, an Bord. Gefühlt ist hier keine Enge – auf einem elf Meter langen Boot.
Stufenlos vom Heck zum Bug
Auf den Konsolen am Ruder rechts und links sehen wir alle notwendigen Instrumente, die Teil des optionalen „Electronic Pack 2022 Ocean“ sind. Das gilt auch für die Bedienung der elektrischen, zweistufigen Winschen von Harken, die gut erreichbar vor dem Ruder angebracht sind. Der mittig angeordnete Cockpittisch ist seitlich ausklappbar.

Der abgesenkte Baum erleichtert die Bedienbarkeit des Groß und vergrößert die Segelfläche. Auf dem Vordeck fällt unser Blick auf den großen Bugspriet, unter dem der Anker angebracht ist. Die Genua ist am Bugspriet angeschlagen, so dass die größtmögliche Quadratmeterzahl an Segeltuch realisiert werden konnte. Auch ein Code Zero kann hier angebracht werden.
Der Ankerkasten ist geräumig und beherbergt auch eine Quick-Ankerwinde. Ein Bugstrahlruder gibt es gegen Aufpreis. Bei dieser Bootsgröße ist das vertretbar. Das Rollgroßsegel gibt es ebenfalls ausschließlich gegen Aufpreis. Bei starkem Wind verliert man dadurch möglicherweise etwas an Geschwindigkeit, aber das wird durch die einfache Handhabung kompensiert, insbesondere in Kombination mit einer elektrisch betriebenen Winsch.
Klassische Aufteilung unter Deck
Das finden wir später heraus und gehen erst einmal unter Deck. Die Sun Odyssey, mit der wir heute segeln werden, ist die Version C: drei Kabinen und eine Nasszelle. Das 380er-Programm umfasst vier verschiedene Grundrisse. Es gibt eine 3-Kabinen-Version mit zwei Nasszellen, während die Eignerversion mit einer oder zwei Nasszellen – dann in Kombination mit einer Gästekabine im Heck – erhältlich ist.
In allen Fällen erwartet die Crew unter Deck die klassische Aufteilung: eine L-förmige Pantry an Backbord und bequeme Sitzbänke auf beiden Seiten. Die Navigationsecke befindet sich gegenüber der Pantry und bietet eine Arbeitsfläche in der Größe einer halben Seekarte. Die Instrumententafel lässt genügend Platz für zusätzliche Gegenstände.

Im Achterschiff befinden sich zwei identische Gästekabinen mit geringer Stehhöhe. Die Räume sind dank zweier Fenster gut belüftet und belichtet. Die Eingangstür auf der Backbordseite besteht aus zwei Flügeln, sodass sie weniger Platz an der Küchenzeile beansprucht. Ein kluger Schachzug!
Mindestens 1,86 Meter Stehhöhe
Ebenfalls klassisch: Der Niedergang kann hochgeklappt werden, um den 40-PS-Yanmar-Diesel zu warten. Die Anlage ist sauber eingebaut, Jeanneau hat der Schalldämmung ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt – was wir auch später auf See merken werden.