Es tut sich wieder reichlich was in der RIB-Szene. Ganz vorne mit dabei: Die Kultmarke Zodiac, wo man bekanntlich bereits in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts das Festrumpfschlauchboot (RIB) erfand. Um Zodiac war es zuletzt ein wenig leise geworden, nachdem die US-amerikanische Carlyle-Group vor zehn Jahren mehrheitlicher Besitzer der ehemals französischen „Zodiac Marine & Pool“ geworden war.
Doch mit dieser Zodiac-schen Ruhe dürfte es schon ganz bald vorbei sein. Denn der Branchen-Primus will mit gleich zwei außergewöhnlichen Avon-Projekten gemeinsam mit Torqeedo und SeAir richtungsweisende Akzente setzen.

Elektrisch zur Superyacht
Nachdem die Zodiac-Untermarke Avon mit dem ersten Jet-Tender die Welt der Luxusyacht-Beiboote aufmischte, legt die Unternehmensgruppe nun besonders umwelt-spezifisch und innovativ die Messlatte erneut hoch an. Gemeinsam mit Torqeedo, dem Starnberger Weltmarktführer für elektrische Bootsantriebe, stellte Zodiac bereits auf dem Cannes Yachting Festival 2017 das eJET Concept vor – der erste Tender für Luxusyachten, der ausschließlich mit elektrischer Jet-Technik angetrieben wird. Jetzt hat Zodiac bekanntgegeben, dass man eine ganze Modellreihe mit eJET-Antrieb in die Palette aufnehmen werde.
Die ersten Fahrbilder des eJet-Tenders:
Man wolle so „eines der dringendsten Probleme, das derzeit Luxusyacht-Eigner beschäftigt, lösen“ – schreibt die PR-Agentur von Zodiac Nautique. Jetzt müsse eben kein Sprit mehr für die Tender mitgeschleppt werden. Der umweltbelastende Ölwechsel falle weg, und die kostenintensiven Wartungen könne man sich ebenfalls sparen.
Mal ganz abgesehen davon, dass Luxusyacht-Eigner sich wegen solcher Nebensächlichkeiten bestimmt nicht den Kopf zerbrechen, ist der Einsatz von Elektromotoren gerade bei Tendern eine schlaue Lösung. Bei ihnen spielt Reichweite und Raserei nur eine untergeordnete Rolle, da der Weg von der Reede zum Hafen-Restaurant meist durchaus überschaubar ist. Und der gen Null reduzierte Lärmpegel dürfte von den Ankernachbarn in der Bucht von Monte Carlo (und nicht nur dort) erfreut zu Kenntnis genommen werden.

Entsprechend ehrlich kann Zodiac mit den technischen Angaben des Avon-Tenders umgehen. Der 80-PS-Elektromotor von Torqeedo ist mit dem gleichen 32-kWh-Akku ausgestattet wie der BMW i3. Seine Reichweite wird bei „normaler“ Fahrt mit realistischen 90 Minuten angegeben. Dank eines neuen Rumpfdesigns soll das RIB bei ersten Testfahrten 26 Knoten Spitzen-Speed erreicht haben. Bei solchen Geschwindigkeiten dürfte sich die Reichweite jedoch drastisch verringern.
Die eJET-Serie ist komplett vernetzt – das macht Fernkommunikation und Ferndiagnose möglich. Mit dem Zodiac Connected Boat System können Bootsfahrer unter anderem ihre Position in Echtzeit verfolgen, Reiserouten speichern, Bordlichter aus der Ferne schalten und das Batteriesystem überwachen. Zur Boot-Show in Cannes 2018 werden weitere Zodiac/Avon-Tendermodelle mit eJET Concept vorgestellt. Die Modellreihe wird ab 2019 für Wassersportler verfügbar sein.

Co-Produktion mit Start-Up
Auch in einem anderen, nicht minder spannenden innovativen Projekt hat Zodiac zusammen mit Avon nun seine Duftmarke gesetzt. Vor wenigen Tagen wurde offiziell ein Vertrag mit dem jungen französischen Start-Up SeAIR geschlossen, das bis dahin vor allem in Seglerkreisen für hohe Aufmerksamkeitswerte gesorgt hatte. Die kleine Bootsdesignagentur aus dem bretonischen Lorient hatte sich bereits mit dem ersten, vollständig über den Wellen foilenden Mini 6.50 einen Namen gemacht und letztes Jahr den Nautic Innovation Award während des Salon Nautique de Paris für das erste foilende RIB erhalten.
Zodiac/Avon hatte für die Prototypen mehrere RIBs zur Verfügung gestellt und entschloss sich nun – nach durchweg erfolgreichen Testfahrten – zu einer groß angelegten Serienproduktion.
Die Vorteile des foilenden SeAir/Avon-Flying RIBs
- Höhere Geschwindigkeit: Es wurden bis zu 44 Knoten Speed mit einem herkömmlichen Langschaft-115-Yamaha-Verbrenneraußenborder erzielt.
- Da sich das Boot auf den Foils aus dem Wasser hebt und so der Wasserwiderstand deutlich reduziert wird, ist ein bis zu 30 Prozent höherer Effizienzgrad (Spritverbrauch) zu verzeichnen.
- Selbst bei moderatem Wellengang bleibt man in dem foilenden RIB „über dem Geschehen“ – die sonst so hart in die Wellen schlagenden Festrumpfschlauchboote sind auf Foils deutlich ruhiger unterwegs. Ab 12 Knoten Fahrttempo heben die Foils das Boot aus dem Wasser.
- Die Foils sind in einem Schacht im Festrumpf installiert, seitlich verstellbar und aufholbar. Ihre Form schmiegt sich aufgeholt an den Rumpf an, so dass die Boote weiterhin trailerbar bleiben.
Wie das „Flying Boat“ auf Luft gleitet, zeigt SeAir im Video:
Noch hohe Kosten
Ein Nachteil ist allerdings der – noch – exorbitant hohe Aufpreis, der für die Foil-Aufrüstung eines herkömmlichen Zodiac RIBs anfällt: 18.000 Euro veranschlagt SeAIR derzeit für den Einbau der (in der eigenen Werkstatt hergestellten) Präzisions-Foils in ein (möglichst neues) Sechs- bis Siebenmeter-RIB, das wiederum mit 20.000 bis 30.000 Euro zu Buche schlägt.
Doch schon in zwei Jahren wollen die SeAIR-Designer so weit sein, dass der Einsatz ihrer Foils nur noch 30 Prozent der Gesamtkosten betragen wird. Mit entsprechender Spannung erwartet die Szene den Verkaufspreis der ersten Serien-Foiling-RIBs.
Eines ist jedenfalls sicher: Schaffen es die Macher bei Zodiac, den Preis des Avon GT 670 Flying RIB by SeAIR in einem irgendwie erträglichen Rahmen zu halten, wird dieses Geschoss ein wahrer Überflieger werden. Das ist durchaus im doppelten Wortsinne zu verstehen.
Dazu passt das neue Exploring-Video, das Zodiac Nautic soeben online gestellt hat.