Wie schnell kann ich sein auf dem Wasser? Wie schnell will ich sein auf dem Wasser? Was passt für mich, und was passt für den Rest der Welt? Diese Fragen stellte ich mir zum ersten Mal, als ich neben Offshore-Rennpilot Steve Curtis an einem sehr kalten März-Tag im Rennboot saß – und vor Orust cruiste.
Der Engländer, der mit diversen Boliden namens „Spirit of Norway“ achtfacher Weltmeister geworden war, hatte einen Tipp für mich parat: „Eine Mütze musst Du nicht aufsetzen, die fliegt eh weg.“
Dem speziellen Geist Norwegens begegne ich fast 20 Jahre später erneut. Die Hydrolift X-26 S und die kleinere Hydrolift X-22 der gleichnamigen norwegischen Werft für technisch ambitioniert gefertigte Performance-Boote liegen vor mir am Steg in Plaue. Und wieder ahne ich, dass es schnell werden wird auf dem Wasser.

Mit kräftiger Sommersonne von oben und der Schnellfahrtgenehmigung für zwei Stunden in der Tasche gilt es, keine Zeit zu verlieren für die erste Tuchfühlung mit den schlanken Hydrolift-Booten. float darf, dem neuen Importeur T&R Yachthandel sei Dank, noch vor der Händlerpremiere in Deutschland auf der Boot & Fun Inwater 2023 aufs Wasser – und ich ans Steuer.
Doppelte Stufe macht schnell und sparsam
Der doppelte Stufenrumpf der Hydrolift X-26, der schon im Rendering beeindruckend aussieht, lässt hohe Leistung bei moderaten Verbrauchswerten vermuten. Die Lufteinlässe auf Höhe der Wasserlinie zeigen die hohe Schule der Rennboote. Entworfen wurde das Unterschiff inhouse, wie alles bei Hydrolift.
Wie ein Familienboot, das gemacht ist für einen ausführlichen Wochenend-Ausflug, präsentiert sich das schlank wirkende 26-Fuß-Boot, nachdem wir mit dem Bugstrahler aus der schmalen Box ausgeparkt haben. Die Fender wandern in die Boxen innen an der Bordwand, die Wasserskistange verschwindet mit einem Klick in ihrer Halterung, das Mobiltelefon lädt in der Box neben dem Garmin-Plotter. Die LED-Leuchten im Fußraum lassen wir ausgeschaltet.

Nur die Rennschaltung vor den verstellbaren Einzelsitzen und die Möglichkeit, die vielfältig verstellbaren Sitzbänke um den Plicht-Tisch in zwei Reihen hintereinander anzuordnen, lassen ahnen, dass Hydrolift den Slogan „Fühl das Meer und bändige das Meer“ nicht von ungefähr gewählt hat. Denn die Werft steht für Geschwindigkeit, und tut einiges dafür – nicht nur in Form von Haltegriffen überall an Bord.
An die Grenze gehen
Bei der Racing-Schaltung sind die Kupplung und der Tempohebel voneinander getrennt. Nach dem Einkuppeln passiert, wie beim Automatikwagen, erst einmal wenig, bis ich Gas gebe. Dann schiebt der leise Mercury-Motor mit der Kraft der gebändigten acht Zylinder unser Boot an, dass es in weniger als vier Sekunden in Gleitfahrt geht.
Wir beschleunigen und legen bei 35 Knoten testweise die Hände bei Geradeausfahrt in den Schoß, denn das 26-Fuß-Boot läuft dank 24 Grad Aufkimmung und Zweistufenrumpf jederzeit kurstabil. Die Werft gibt als Verbrauchswert mit dem 300 PS starken Mercury-Außenborder exakt einen Liter Benzin pro Seemeile an – gemessen bei 40 Knoten, die wir bei unserer Messfahrt unmerklich überschreiten. Und, es bleibt leise, wenn man vom Wind absieht.

Bei noch höheren Tempolagen bleibt das subjektive Gefühl der Sicherheit jederzeit erhalten. Nur extrem enge Kurven sollte man dann nicht ziehen. Denn der Motor und das relativ leichte Boot „matchen“ so punktgenau, dass die maximale Geschwindigkeit höher liegt als bei vielen anderen ähnlich langen Weekendern.
Fahrstabil zeigt sich die Hydrolift X-26 S auch in den Kurven, selbst wenn sie – machen Sie das nicht nach! – sehr schnell gefahren werden. Slalomfahrten, die wir mit Rücksicht auf die Segler auf dem See zeitlich kurz halten, kann der Rumpf bestens leiden.
Das kostet Tempo
Zu manchem, was ich vermisse – so wie der Innenverkleidung der Kajüte, die schmucklos wie eine Ocean-Race-Imoca ist – sagt die Werft: „Das würde das Boot langsamer machen und uns einen Knoten oder mehr kosten.“ Ja, der Spirit of Norway, er lebt bei Hydrolift.

Jeder Schappdeckel bleibt an genau der Stelle stehen, wo ich ihn loslasse. Vorsicht, dass man sich die Finger klemmt, weil die GFK-Lade niedergeht, kann man vergessen. Das Elektrikpaneel: vorbildlich zugänglich. Der Bodenbelag: weich und rumpffest.
Zum Spirit der Norweger gehört auch, dass jedes Boot, das die Werft verlässt, fahrfertig motorisiert ist. Dass die Motoren der an die Händler gelieferten Boote immer ein paar Betriebsstunden haben, liegt daran, dass jedes Boot vorm Verschiffen in Norwegen in freier Wildbahn Probe gefahren wird, erklärt René Schönemann von T&R Yachthandel.
Schnell fahren oder Sonne tanken?
Die mit 2,30 m Breite nur 15 cm schmalere Hydrolift X-22 wirkt deutlich kompakter als die für ein Wochenende zu zweit ausreichend große X-26. Was 1,43 m Rumpflänge doch ausmachen. Komfort an Bord bei feinster Verarbeitung gibt es auch hier. An Deck ist Platz für sechs Personen, ohne dass es wimmelig wird.