Ein Abend im Juli. Ein stilles Hotel im Wald. Ein Tagungsraum in einem leeren Nebentrakt. „Bitte keine Kameras, keine Handys.“ So könnte auch die konspirative Zusammenkunft eines Geheimbunds stattfinden. Und so ähnlich ist es ja auch: Alles an diesem Abend ist „Top Secret“. Denn die Brunswick Corporation, der weltgrößte Motorbootbauer, hat Unerhörtes zu verkünden.
Das Thema der Präsentation: Die Erschaffung einer neuen Marke! Geht es noch spannender? Tatsächlich besitzt so ein Ereignis Seltenheitswert. Das riesige Unternehmen mit Stammsitz in Illinois in den USA hat zwischen seinen vielen Marken von Bayliner und Boston Whaler über Hey-Day und Lund bis zu Quicksilver, Sea Ray and Veer noch eine Nische entdeckt. Seit zwei Jahren wird in aller Stille daran gearbeitet, sie zu stopfen. Die neue Premium-Marke will man nun uns, einer kleinen Gruppe von Wassersportjournalisten aus Europa, in Masuren erstmals präsentieren.
An diesem Abend erfahren wir nur den Namen: Navan. Ein Kunstname, monatelang entwickelt, der eine Assoziation zu Navigation und Seefahrt herstellt. Schön und gut, aber wie sieht so was aus? Nichts weiter erfahren wir, weder Abmessungen noch Zielgruppe oder Preisklasse. Einfach nichts! Die Veranstalter haben Sinn für Dramaturgie. Auch beim anschließenden Get-Together ist ihnen kein Wörtchen zu entlocken, weder beim Prosecco noch beim späten Drink an der Hotelbar.
In der Nacht träumt jeder von Booten. Bis dann der Morgen graut: Auf der Rückseite des Hotels liegt ein See, ein gedrungener Katamaran holt uns ab. „Aha“, sagt ein Kollege grinsend und tippt dem Pressemann in gespielter Anerkennung auf die Schulter. Der lächelt gequält. Nein, der Kat ist es noch nicht, aber er bringt uns hin. Quer übers Wasser zu einem kleinen Anwesen. Und schon naht das Boot. Kein Trommelwirbel. Stattdessen die Power von zwei mal 300 PS am Heck. Kein Tuckern, kein Brummeln, eher ein Grollen.

Das Boot imponiert durch selbstbewusste Präsenz
Und dann geht es endlich an Bord. Das erste Boot der neuen Baureihe heißt Navan C30. Und es hat folgerichtig eine Kabine („Cabin“). Und dazu eine Wasserlinie von etwa 30 Fuß, also rund neun Metern Länge. Auf den ersten Blick imponiert das Boot durch seine selbstbewusste Präsenz. Der Steven ragt steil auf, die Kabine wirkt durch ein weit nach hinten gezogenes Dach besonders trutzig. Sie ist allseitig geschlossen.
Auch andere Aspekte in der Gestaltung weisen deutlich darauf hin, dass die Navan C30 auch für das Fahren bei widrigen Bedingungen taugen will. Doch dazu später mehr. Ein bemerkenswerter Effekt ergibt sich dadurch, dass das Unterwasserschiff schwarz gefärbt ist. Das Boot erscheint damit graziler und zugleich sportlicher. Dieser Trick findet sich korrespondierend im Aufbau, der ab der Fensterlinie ebenfalls schwarz gefärbt ist. Und auch das Dach – mit einem großen Schiebefenster – ist schwarz.

Äußerlich ähnelt der Kajütkreuzer den finnischen Axopar-Motoryachten in der Cross-Cabin-Ausführung, also mit Kabine und Schlafbereich im Unterdeck. Mit einem signifikanten Unterschied: Die kleinste Axopar dieser Baureihe ist rund zwei Meter länger. Brunswick hat es also geschafft, auf deutlich weniger Fläche alle Erfordernisse unterzubringen.
Tagesboot und zugleich Weekender für ein Paar
Und die sind vielfältig: Ein Tagesboot braucht Platz für eine ganze Familie und deren Freunde. Ein Weekender genug Raum für ein Paar mit allen Annehmlichkeiten wie Dusche, Klimaanlage, Küchenbereich sowie Elektrogrill. Am Dach sind achtern Halterungen für Angelruten angebracht, vorn ist eine breite Liegezone. Alles klar, die Navan soll möglichst viele Möglichkeiten bieten.
Und wie fährt sie? So, wie sie aussieht: selbstbewusst. Die doppelten Außenborder, zwei V8 von Mercury Marine mit je 300 PS, sind noch nicht die stärkste Motorisierung. Aber schon sie machen Druck. So fühlt sich Souveränität an. Man fühlt sich unwillkürlich erinnert an die Tage des einst großen britischen Empires. Zu jener Zeit gehörte eine Luxusautomarke namens Rolls-Royce. Deren Konstrukteure konnten es sich erlauben, in den technischen Daten die Leistung ihrer Produkte mit „genügend“ zu beschreiben.

Das ist lange her, inzwischen gehört Rolls-Royce zu BMW. Aber so muss sich dieses „genügend“ anfühlen. Es ist einfach in jedem Moment ein sattes Power-Polster vorhanden. Und der Rumpf zieht unerschütterlich seine Bahn. Und so ruhig. Es sind zwei Formen ineinander geklebt, das macht die Konstruktion um einiges fester und damit auch vibrationsärmer.
Wie ein Kompakt-SUV mit potenter Motorisierung

Der Rumpf besitzt zwei Stufen, „wie er bei Rennbooten üblich ist“, schreibt das Unternehmen. Nun gut, Beneteau und Sterk, Tecnorib und manch andere tun das auch. Doch vor allem ist das Verhältnis von Gewicht und Fläche, die im Kontakt mit dem Wasser steht, bei der Navan C30 sehr harmonisch. Stabilität? Genügend, würde Rolls-Royce sagen.