Wer möchte schon an Bord einer Rennyacht in Urlaub fahren? Die Vorstellung, sich zum Schlafen auf nacktem GFK auszustrecken oder das Essen gebückt einzunehmen, lässt erschauern. Umgekehrt wäre das Vorhaben, mit einem komfortablen Cruiser das Rennen gegen Regatta-Yachten aufzunehmen, allenfalls als hoffnungslos zu bezeichnen. Ein Schiff, das sich in beiden Welten wohlfühlt, ist die neue Elan E6. Zudem ist sie noch einmalig schön.
Angekündigt war die Elan E6 schon lange. Nachdem die slowenische Werft den ersten Test coronabedingt lange aufschieben musste, war es im Frühsommer 2023 endlich so weit: Das segelnde Designobjekt konnte von einer handverlesenen Medien-Crew erstmals Probe gesegelt werden, und wir waren dabei. Elan Yachts hat es hervorragend hinbekommen, die Spannung zu schüren – schon allein durch die Zusammenführung von drei klangvollen Namen in der Entwicklungscrew.

Allen voran steht das legendäre Turiner Designstudio Pininfarina. Die Italiener, die vor allem durch ihre lange Zusammenarbeit mit Ferrari zur Legende wurden, haben nicht das erste Mal ein schnelles Schiff entworfen. Die für Fahrzeuge zuständige Unterabteilung von Pininfarina zeichnete in der Vergangenheit nicht nur Autos, sondern auch einige erfolgreiche nautische Projekte, darunter die Wally 101, die Persico F70 und die Tango Wallycento.
Formgebung wie ein Sportwagen
Es lässt sich aber dennoch ein Auto-Vorbild wiederfinden: So hat Elan den Segelbooten der E-Linie markante Längslinien und rhomboide Formen hinzugefügt. Diese verleihen den Booten einen frischen Charakter und sportlichen Touch ähnlich wie bei einem Sportwagen. Am auffälligsten sind vielleicht die markanten Treppenformen, von denen das Design dann kohärent in den Innenraum fließen soll.
Zweiter, fast ebenso prominenter Partner – für den Bereich unter der Wasserlinie – ist Elans altbewährter Partner Humphreys Yacht Design, der speziell für die Elan E6 einen völlig neuen Rumpf entwickelt hat. Die von Humphreys gewählte Rumpfform wirkt trotz ihrer Sportlichkeit elegant. Das wird durch die spitz zulaufenden, geprägten Seitenlinien, wo sich die Fenster befinden, optisch noch unterstrichen.

Um die Segeleigenschaften zu verbessern, gibt es vom Bug bis zum Heck eine harte Kimmkante. Sie gewährleistet zusammen mit zwei Ruderblättern ein präzises Handling auch bei extremen Wetterbedingungen. Die Suche nach der perfekten Formgebung muss sehr harte Arbeit gewesen ein.
Jeder Entwurf wurde einer CFD-Analyse unterzogen, um die Dynamik im Wasser zu prüfen. Anschließend bestimmten sogenannte Velocity Prediction Programs, also Geschwindigkeitsvorhersageprogramme, den zu erwartenden Vortrieb.
Weniger Gewicht bei mehr Festigkeit
Der dritte Name in diesem magischen Dreieck ist zwar weniger prominent, steht aber ebenso für Kompetenz: Gurit, Spezialist für Verbundwerkstoffe und führend in dieser Branche. Sie erstellten einen detaillierten Laminierungsplan und brachten das technologische Know-how von Elan einen Schritt weiter.

Bei der Elan E6 kommt das 3D-Vail-Verfahren zum Einsatz, eine weiterentwickelte Variante des Laminierens per Vakuuminfusion. Das ermöglicht eine erhebliche Gewichtsreduzierung bei den Verbundstoffteilen und eine deutliche Verbesserung der mechanischen Rumpfeigenschaften. Weniger Gewicht bei mehr Festigkeit, es klingt fast wie Zauberei.
Auch für zwei Personen beherrschbar
Das Cockpit-Layout hat einen erheblichen Einfluss auf das Handling beim Segeln. Die Designer setzten den Anspruch um, dass sich das Boot sowohl von einer erfahrenen Zwei-Personen-Crew als Freizeityacht als auch von einer Crew mit Regatta-Ambitionen gut handhaben lässt.
Die je drei Harken-Winschen rechts und links wurden durch Tests an Modellen im 1:1-Maßstab mit einer ehemaligen olympischen 470er-Crew genau positioniert. Durch ihre Erfahrung stellten Tomaz Copi und Mitja Margon sicher, dass die Bewegungsabläufe im Cockpit auch bei Wettfahrten reibungslos funktionieren.
Für einen komfortablen Tag auf dem Wasser bietet das Cockpit Stauräume. Optional kann auch ein Grill installiert werden. Wie bei einer Motoryacht ist überdies ein zusätzlicher Kühlschrank bestellbar. Und natürlich gibt es zwei große Badeplattformen am Heck. Von dort aus kann man einen erfrischenden Sprung ins Meer wagen, und es lassen sich hier auch Grillspezialitäten zubereiten.
Der Steuerstand verfügt über eine robuste Konsole mit viel Platz für größere Displays. Eine schräg stellbare Trittfläche gibt der Person am Steuer bei Krängung einen sicheren Stand. Und das dürfte häufig vorkommen: Denn hinter den eleganten äußeren Linien schlägt bei der Elan E6 ein Sportler-Herz.

In der 47-Fuß-Klasse ist der Cruiser-Racer das aktuell schnellste, leichteste und mit dem meisten Komfort ausgestattete Boot. Das gute Verhältnis von Segelfläche zu Gewicht begünstigt schnelles Segeln. Das werden wir später noch selbst erleben.
Der Mast ruht direkt auf dem Kiel
Doch erst einmal schauen wir uns an Bord um. Die Durchgänge an Deck vom Heck bis zum Bug sind recht breit, und auch der Bereich der Mastklampe lässt sich ungehindert passieren. Der Mast ruht direkt auf dem Kiel. Das zeigt, dass Elan Yachts hier ein hohes Maß an Seetüchtigkeit und also auch Sportlichkeit angestrebt hat.
Am Bug ist standardmäßig ein fester Bugspriet aus Carbon, an dem sich ein Gennaker oder Code Zero anschlagen lässt. Der Anker ist darunter befestigt, während die Segel einen ungewöhnlich großen Stauraum am Bug haben. Zwischen den beiden Steuerständen ist im Boden ein spezieller Lagerraum für die Rettungsinsel vorbereitet. Noch mehr Stauraum findet sich back- und steuerbords unter den beiden Sitzbänken.
Pininfarina hat ganze Arbeit geleistet
Der eigentliche Showeffekt ereignet sich unter Deck: Hier hat Pininfarina ganze Arbeit geleistet und dem Innenraum seine eigene Note verliehen. Der italienische Designstil wird aus gutem Grund sehr geschätzt, und das ist auch bei Booten nicht anders.

Auf Schritt und Tritt sehen wir ein kohärentes ästhetisches Konzept, das dem Raum zusammen mit perfekt gefertigten Möbeln echte Seele verleiht. Die stilvolle Inneneinrichtung sieht nicht nur gut aus, sie ist auch sehr praktisch. Das zeigt sich in der Pantry mit zwei Kühlschränken, von denen einer seitlich und der andere von oben zugänglich ist.
Wer sich hier betätigt, findet man auch reichlich Arbeitsflächen vor und genießt beim Drehen des Kochfeldes die ästhetisch raffinierte Arbeitsplatte mit ihren stilvollen Oberflächen, abgerundeten Kanten und warmen Farbtönen.

Die Innenausstattung wird durch furniertes natürliches Eichenholz bereichert, das durch Massivholzoberflächen ergänzt wird. Elan bietet auch die Möglichkeit, die ohnehin schon leichten Okoumé-Möbel in einer noch leichteren Ausführung zu wählen, ohne auf deren prägnantes Erscheinungsbild zu verzichten.
Eigner-Version mit großer Bug-Kabine
Als Cruiser-Racer bietet die Elan E6 zwei Optionen für die Aufteilung der Räume unter Deck. Die Eigner-Version verfügt über drei Kabinen, von denen die im Bug mit eigener Toilette und separater Dusche für die Eigner reserviert ist. Die vordere Insel-Doppelkoje ist rechteckig und von drei Seiten zugänglich. Das Bad gegenüber der Pantry ist für die beiden Achterkabinen und den Bedarf vom Salon aus reserviert.
In der Charterversion sind vier Kabinen und zwei Sanitärräume vorgesehen. Zusätzliche Schlafplätze für bis zu zehn Personen gibt es im Salon – mit einem ausklappbaren Tisch und einigen zusätzlichen Kissen.


Unter der stilvollen Treppe hat traditionell die Maschine ihren Platz, serienmäßig ist es ein japanischer Yanmar-Motor. Dieser Technikraum zwischen den Achterkabinen ist groß genug, um auch einen Stromgenerator und einen Watermaker unterzubringen. Er ist zusätzlich über die Achterkabinen zugänglich.
So viel Tempo bei so wenig Wind
Der Ruf „All Hands!“, also alles an Bord, lässt uns zurück an Deck sprinten. Die wahre Freude an einem Bootstest kommt natürlich, wenn man unter Segeln testet. Allerdings bleibt die Freude gedämpft: An diesem schönen sonnigen Tag weht der Wind über der Bucht von Piran mit sechs bis acht Knoten, die sich selten auf maximal zehn Knoten steigern. Dabei kann die Elan E6 ihr Potenzial nicht wirklich zeigen.
Aber Schwamm drüber: Die Bucht von Piran ist ein ideales Segelrevier, und so geraten wir zum Glück immerhin in eine Brise. Bei einem Einfallswinkel von etwa 40 Grad und nur 8 Knoten Wind beträgt unsere Geschwindigkeit bereits 6,4 Knoten. Bei etwa halbem Wind nähern wir uns dann immerhin 8 Knoten. So viel Tempo bei so wenig Wind: Was die Elan E6 aus dem lauen Luftzug macht, ist beeindruckend.
Bei zehn Knoten Wind von achtern mit dem Gennaker machen wir etwa sechs Knoten Fahrt. Luven wir leicht an, nimmt die Geschwindigkeit entsprechend zu. Die Kontrolle bleibt dank der beiden Ruderblätter ausgezeichnet. Das Ruder reagiert gerade so gut, dass wir einen minimalen Druck darauf spüren.
Sind die Windverhältnisse wuchtiger, geht das Boot richtig zur Sache, wie das Video der Werft zeigt.
Dem Trend voraus
Mit der E-Linie von Elan haben wir Hochleistungs-Schiffe vor uns, die keine Abstriche bei Komfort und Benutzerfreundlichkeit an Bord machen. Elan Yachts gehört zu den ersten Werften, die dank richtigem Cockpit-Layout die Möglichkeit boten, mit kleiner Crew zu segeln. Damit haben sie einen Trend gespürt und vorweggenommen.


Die auf der Werft-Website ausführlich dokumentierte Elan E6 ist eine sehr gute Kombination aus gelungener nautischer Architektur, Hightech-Verbundtechnologie und hervorragender Ästhetik, kombiniert mit neuen Designelementen und einer extrem gut durchdachten Ausstattung.
Technische Daten Elan E6
Länge: 15,30 m
Breite: 4,49 m
Tiefgang: ab 2,40 m
Gewicht: 11.250 kg
Wassertank: 370 l
Kraftstofftank: 240 l
Motor: Innenborder Yanmar 4JH57 mit 57 PS (optional 80 PS)
Besegelung: Groß 68,56 qm, Genua 53,71 qm, Gennaker 201,7 qm
CE-Kategorie: A (Hochsee)

Damit reiht sich Elan Yachts in die Phalanx der führenden Premium-Yachthersteller ein. Unverkennbar ist eine sehr prägnante Identität – und der Wunsch, auch anspruchsvollste Kunden zufrieden zu stellen. So findet sich ein spezieller Weinkühlschrank auf der Ausstattungsliste. Egal wie speziell ein Wunsch sein mag: Elan wirkt willens, eine Lösung zu finden.
Wer über die feine Serienausstattung hinaus weitere Wünsche hegt: Die Zubehörliste ist lang. Wer eher segelorientiert ist, wird mehr für Qualitätssegel ausgeben. Der Einstiegspreis liegt bei 402.900 Euro ohne Mehrwertsteuer.
Dieser Text erschien am 5. Juni 2023 erstmals auf float. Aktualisiert am 12. September 2023.