Ein Porsche im Hafen reicht wohl nicht: Jetzt hat sich die slowenische Segelyacht-Werft Elan den nächsten berühmten Designer an Bord geholt. Nach Porsche Design, die gerade die Elan GT6 zeichneten, ist nun Pininfarina dran. Mit der Elan E6.
Die bei Autos weltberühmte Marke Pininfarina verbinden viele mit Ferrari. Doch das legendäre Designstudio aus Turin entwarf in den 90 Jahren seit seiner Gründung nicht nur den Testarossa und zahlreiche andere rote Renner aus Modena. Auch das Bootsheck des berühmten Alfa-Romeo Spider stammt von Pininfarina.

Mit der Elan E6 will die slowenische Werft sich also erneut ein schwimmendes Denkmal setzen. Und was ein großes: Die größte der sportlichen E-Flotte ist 47 Fuß, also etwas über 14 Meter lang, und damit die größte in dieser Produktlinie. Wie schon bei der GT6 hat auch die Elan E6 mehrere Eltern. Der renommierte britische Yachtkonstrukteur Rob Humphreys war für alles zuständig, was die Segelyacht als Wasserfahrzeug ausmacht.
Pininfarina gebührte die ebenso ehren- wie anspruchsvolle Aufgabe, eine elegante Form in die dynamischen Vorgaben der Nautik-Fachleute hineinzuträumen. Sehr dynamische Vorgaben: Die E6 ist ein Performance Cruiser und damit die seglerische Quadratur des Kreises. Sie soll schnell sein, sehr schnell sogar. Sie soll der Besatzung aber auch maximalen Komfort bieten. Also deutlich mehr als einen kardanischen Campingkocher und knarzende Carbon-Kojen.
Lösungen von der Hochsee-Regatta
Hervorstechendste Eigenschaft eines solchen Alleskönners: Er überträgt technische Lösungen aus dem Hochsee-Regattasport auf die Welt des Fahrtensegelns. In der Autobranche würde man das Crossover nennen. Dazu gehört laut Elan Yachts das Kimmdesign, eine Elan-Entwicklung ebenso wie die Doppelruder. Auch ein T-förmiger Kiel zeichnet die schwimmende Sportlimousine aus.
„Mit einer Rennyacht à la Pogo ist das nicht vergleichbar – die hat nämlich keinen Innenausbau“, sagt Nils Schürg, deutscher Generalimporteur von Elan, gegenüber float. Die E6 schlage eben eine Brücke zwischen Komfort und Leistung. Sie sei kein reines Rennboot, aber eben auch keine reine Cruising-Yacht. „So wie ein Porsche eben auch kein Formel-1-Auto ist.“
Überdies können zukünftige Eigner ihre E6 durch diverses „Tuning“ werftseitig noch gehörig aufpeppen. Ein höherer Mast aus Carbon, tiefer Kiel, offenes Heck und weitere Anpassungen haben zusätzlich positiven Einfluss auf die Performance. Umgekehrt lässt sich unter Deck einiges Zubehör bestellen, das die Reise angenehmer, aber durch Mehrgewicht auch etwas langsamer macht. Der Rumpf und die Segeleigenschaften geben beides her, sowohl Cruise als auch Race, lässt Architekt Humphreys gegenüber dem britischen Fachmagazin „Sailhorse“ verlauten.
Zwischen Cruiser und Racer
Der Gewichtsunterschied zwischen einer renn-optimierten E6 und einer eher preisgünstig ausgestatteten könne ohne Weiteres 850 Kilogramm betragen, ist von der Werft außerdem zu hören. Setzt man das mit den knapp elf Tonnen Verdrängung ins Verhältnis, wird deutlich: Viel mehr ist hier wirklich nicht mehr herauszuholen.


„Sie ist eine Verschmelzung von italienischer Ästhetik, außergewöhnlicher nautischer Architektur und Hightech-Verbundtechnologie“, schwelgt darüber die Elan-Pressemitteilung. Als Dritten im Bunde hat die Werft für die Materialauswahl nämlich einen Spezialisten für Verbundwerkstoffe hinzugezogen. Gurit soll die technologischen Grenzen verschoben haben. Die Materialforscher haben erreicht, dass die Elan E6 der leichteste und steifste Serien-Cruiser in dieser Größenklasse ist, teilt die Werft mit.
Damit sie auch die schnellste ist, hat Humphreys den Rumpf nicht von kleineren Elan-Modellen abgeleitet, sondern völlig neu entwickelt. Verschiedene Entwürfe wurden umfangreichen CFD-Modellierungen und -Analysen unterzogen. Die Ergebnisse hat der britische Yachtarchitekt mit Hilfe des VPP (velocity prediction programs) bewertet und verglichen, um eine Feinabstimmung des Rumpfes vorzunehmen.
Fließende Linien verleihen Charakter
Designer haben es bei einem Fahrzeug, das den Gesetzen der Physik folgen muss, nicht leicht mit ihrer gestalterischen Freiheit. Das zeigt schon die Elan GT6, die zwar einige ansprechende Zitate aus der Welt des Motorsports trägt, aber ansonsten so wenig mit einem Gran-Turismo-Sportwagen gemein hat wie eine Bohrinsel mit einem Wolkenkratzer.

Pininfarina, die mit der Wally 101 und einigen anderen Yachten bereits nautische Erfahrungen sammelte, hat sich den Job natürlich trotzdem nicht leicht gemacht. Einerseits folgt ihr Design der Linie der bereits schwimmenden E-Yachten, andererseits hat das Turiner Büro „fließende Linien“ gezeichnet, um dem Boot „einen einzigartigen Charakter zu verleihen“.
„Das Ergebnis ist ein Segelboot mit unverfälschten Formen und einem modernen Stil, der in die Zukunft gerichtet ist – die Richtung, in die Liebhaber von Leistung immer schauen müssen“, wird Daniele Mazzon, Pininfarinas Chief Transportation Designer, in der PM von Elan zitiert.
Schnell, leicht und fest zugleich
Der Rumpf wirkt in seiner Eleganz fast zerbrechlich – und doch soll die E6 die festeste Struktur ihrer Klasse haben. Mehr noch: Elan glaubt, sie ist zugleich die leichteste und schnellste! Die Quadratur des Kreises wird möglich durch die erstmalige Zusammenarbeit mit Gurit, dem Branchenführer für Verbundwerkstoffe.
Im Laminieren unter Einsatz von Vakuum-Infusion war Elan schon lange führend. Bei der E6 setzte das Projektteam mit dem 3D-VAIL-Verfahren noch einen drauf. Diese nochmalige Verbesserung bei der Vakuuminfusion ermöglicht eine erhebliche Gewichtseinsparung bei den Verbundstoffteilen. Zugleich wird der Rumpf noch einmal ein gutes Stück fester.