Theorie bringt keine Entwicklung
So wächst in Derben an der Elbe nun ein Schiff heran, dass weltweit seinesgleichen sucht: Vieles an Bord des Unikats hat es so noch nicht gegeben. „Das hat eben auch Nachteile: Wenn etwas fehlt, können wir nicht einfach im Baumarkt Ersatz beschaffen.“
Wie das alles im Betrieb funktioniert? Professor Holbach weiß es auch noch nicht mit Bestimmtheit: „Wir brauchen eben die praktische Erfahrung.“ Er wird nicht müde zu betonen, dass mit Theorie allein keine Entwicklung zu machen sei: „Wir brauchen was zum Anfassen, zum Draufsitzen – sonst kauft es keiner.“

Holbach kennt Praxis und Theorie
Dass Holbach etwas bauen kann, was im besten Fall den Auftakt zu marktfähigen Produkten bildet, begeistert den Ingenieur sichtlich. Es ist sein größtes Projekt, seit er Fachbereichsleiter an der Technischen Universität ist. Zuvor, als Schiffbauer in Flensburg, waren größere Schiffs-Konstruktionspläne auf seinem Reißbrett.
Er kennt also beide Seiten: Die des Praktikers, der den Termindruck des Kunden im Nacken hat, ebenso wie den des Visionärs im Elfenbeinturm. „Am Anfang hat uns die Branche ein bisschen belächelt, wie waren die Spinner in der Ecke.“
Doch seit die Elektra Gestalt annimmt, habe der Ton sich geändert: „Wir werden neuerdings eingeladen, man hört uns zu.“ Holbach ist überzeugt, dass die Sinnhaftigkeit von Umweltschutz und Nachhaltigkeit auch in der konservativen Transportbranche langsam durchdringen werde.
„Das Interesse wächst; es gibt bereits Firmen, die ihre Produkte ,grün‘ transportieren lassen möchten.“ Das kann die Elektra, wenngleich der Preis dafür noch relativ hoch ist.
Akkus so teuer wie ein Schubboot
Allein die 25 Tonnen schweren Lithium-Ionen-Akkus an Bord kosten aktuell etwa 2,5 Millionen Euro. „Dafür bekommen Sie heute ein ganzes Schubboot, aber in Super-de-Luxe-Ausführung.“ Allerdings wird später niemand die Elektra in dieser Ausführung benötigen: Sie ist ein Forschungsprojekt, ihre Kinder werden bereits ganz anders beschaffen sein.

Allein der gewaltige Batterieblock wird in der industriellen Nutzung nicht notwendig sein: „Es geht uns um Tests, für ein Schubboot muss eigentlich kein so großer Stromspeicher an Bord sein.“
Schaffung einer Infrastruktur
Der Speicher wird aufs Land verlegt: Ein weiterer Teil des Projekts sieht die Schaffung einer Infrastruktur vor, um Wasserstoff und Strom zu tanken. Auch hier geht es voran: Im Berliner Westhafen und in Lüneburg (Niedersachsen) sind bereits solche Zapfpunkte in Vorbereitung.
Auch dieses Vorhaben ist aufwändig, denn mit einfachem Landstrom kommt die Elektra nicht weiter. Sie benötigt 125 bis 400 Ampere Ladeleistung, um ihren Block in minimal acht Stunden wieder voll zu machen.
Ein Schubboot hält 30 Jahre und länger
Das ist vergleichbar mit der Schnellladetechnik für Elektroautos – auch die ist von einem flächendeckenden Netz noch weit entfernt. Holbach zu float: „Man braucht Geduld. Das wird nicht in ein paar Tagen entstehen, sondern erst nach und nach.“ Reeder schaffen ein Schubboot für 30 Jahre oder länger an.

So lange wird es auch dauern, bis die neue Technologie breite Anwendung findet. „Wenn der Staat jetzt noch vernünftige Spielregeln aufstellt, die eine Umstellung für die Reeder attraktiv machen, die sie fördern und fordern, dann muss sich das einfach durchsetzen.“