Schneegestöber über Neustadt. Am Ankunftstag zum Bavaria-Testevent ruht nicht nur der öffentliche Fernverkehr, auch der Frühling scheint plötzlich zum Stillstand gekommen zu sein. Die Seevögel kreisen nicht mehr. Diesig liegt die Lübecker Bucht vor uns und über der noch leeren Marina.
Dann sorgt der Wetterdienst für Entwarnung. Sonne soll es geben – und damit die passenden Bedingungen, um das neue, kleinste Familienboot von Bavaria Yachts im Ferienrevier Ostsee zu fahren.
Und so kommt es auch: Mit einem starken Gefühl von sehr früher Vorsaison gehen wir über den eisglatten Steg an Bord der neuen Bavaria SR 33.
Keine Zwillinge
Wie ähnlich sind sich die Bavaria SR 33 und die beim Best of Boats Award als bestes Familienboot des Jahres 2022 auf der Boot & Fun Berlin ausgezeichnete Bavaria SR 36? Die kenne ich doch, werden manche denken. Ja – und nein. Denn die kleinste der SR-Baureihe ist ihren beiden größeren Geschwistern verblüffend ähnlich.

Ein Blick in die technischen Daten verblüfft: Die einfache Rumpflänge der Bavaria SR 33 ist mit 10,89 Metern zwei Zentimeter größer als bei der Bavaria SR 36. Die kleinere ist die größere – kann das sein?
Marcus Schlichting lacht, er kennt als Bavaria-Pressemann die Lösung: „Die Badeplattform ist bei der SR 33 Teil der GFK-Form, während sie bei SR 36 und 41 später angebaut wird.“ Daher kommen bei der reinen Rumpflänge, die am Rohkasko gemessen wird, die scheinbar widersprüchlichen Maße zustande.
Tatsächlich ist die Bavaria SR 33 ganze 88 Zentimeter kürzer als die SR 36. Noch deutlicher wird der Größenunterschied in der Breite. Mit 3,46 Meter Bauchbreite ist die SR 33 gut 40 Zentimeter schmaler als die SR 36.
Reichlich Leistung
Wir sind mit der offiziellen Baunummer 1 der Bavaria SR 33 mit schwedischer Diesel-Motorisierung unterwegs. Zwei Volvo Penta D4-300 mit je 300 PS Leistung liegen unter dem Salon. Alternativ dazu kann das reine Innenborderboot mit Zwillings-Motoren von je 250 bis 350 PS von Mercruiser oder Volvo Penta ausgestattet werden. Viel Leistung also für ein Familienschiff.
Weniger als 300.000 Euro kostet das fahrende Ferienhaus bei Wahl von zwei Mercruiser-Benzinern von Mercury Marine als Motorisierung, die sich mit dem Axius-Joystick aufrüsten lassen. Das Pendant aus Schweden ist der Aquamatic-Joystick am Volvo-Benziner.
Auch eine 380 PS starke Solo-Maschine, ebenfalls von Volvo Penta, ist zu haben. Die ist für küstenferne Gewässer gedacht, nämlich inländig: „Die Ein-Motoren-Variante bieten wir für Binnenreviere und speziell die Berliner Gewässer an“, sagt Marcus Schlichting. Dort gibt es fast flächendeckend Tempolimits, was größere Maschinen wenig sinnvoll macht.
360-Grad-Sicht als Konstruktionselement
Mit vollen Tanks – 500 Liter Diesel hatte die Bavaria-Crew tags zuvor gebunkert – und fünf Personen an Bord geht es mit dem gut acht Tonnen leichten Boot hinaus in die Lübecker Bucht. Es ist trotz Sonnenscheins eiskalt. Bei fünf Grad Celsius über dem spiegelglatten Wasser sind wir am Fahrstand des hinten offenen Hardtop-Boots froh, dem Fahrtwind hinter der riesigen Frontscheibe zu entgehen.

Apropos riesig: Es scheint, als hätten Designer und Werft bei der Entwicklung der SR 33 die Aussicht voraus als wesentliches Element im Blick gehabt. Ein so guter Überblick vom Fahrstand aus und damit ein ergonomisch vorbildlicher Arbeitsbereich für den Skip ist selten zu erleben.
Mit zur schönen Aussicht – auch hinten hinaus – tragen die optisch schlanken hinteren C-Säulen bei, auf denen das mächtige Hardtop ruht. Sie sind aus Edelstahl und sind weniger raumfordernd als klassische GFK-Säulen. Obwohl für sich gesehen wuchtig, wirken die Säulen nicht aufdringlich.
Unter dem weit nach hinten ausgreifenden Dach erscheinen die Stelen fast grazil. Das Hardtop ist, wie bei Bavaria üblich, mit einem extrem breiten, elektrisch bedienbaren Schiebedach versehen.
Die neue C-Klasse
Mit C-Säule wird in der automobilen Welt die Verbindung zwischen Dach und der hinteren Seitenwand Richtung Heck bezeichnet. Dass Bavaria für das neue Hardtop-Boot diese Bezeichnung übernommen hat, erschließt sich allen Autofahrern, die sich schon einmal über spärliche Sicht nach hinten geärgert haben.

Beate Wirtky, als Projektmanagerin gemeinsam mit Norbert Leifeld verantwortlich für die Bavaria SR 33, erklärt es so: „Ziel bei der SR 33 wie auch bei der SR 36 war, die massiven C-Säulen hinten, die traditionell oft aus GFK-Blöcken bestehen, wegzubekommen.“ Das öffnete den Weg zu mehr Luftigkeit.
Der Designer legte die Scheiben größtmöglich an, um möglichst viel Licht ins Boot zu bekommen – unten und oben, wo es fast eine ununterbrochene 360-Grad-Sicht gibt. Bei der Bavaria SR 41, dem zuerst vorgestellten Modell der neuen Serie, sind die hinteren Säulen aus GFK.
Raum, Licht, Weite
Der Eindruck an Bord bei der kleineren SR-Variante ist Großzügigkeit und Luftigkeit – mit dem Gefühl, sich in einem komplett offenen Raum zu befinden. Der Raumeindruck ist der eines offenen Boots, obwohl wir ganz klar in einer halbgeschlossenen Motoryacht sind.
Im großen zentralen Bereich haben wir die klassische Anordnung: rechts der Fahrstand mit zwei großen Displays von Simrad – links Karte, rechts Motordaten – und üppiger Ausstattung an Hebeln und Knöpfen. Links vorm Niedergang ist die für Bavaria typische Ottomane.
Im offenen Salon ist die vollwertige Küche (die unter Deck rausgeflogen ist) Dinner-Tisch und Sitzgruppe ganz nah – und damit klassisch europäisch. Denn US-Amerikaner, so sagt man, essen nicht gerne an Bord. Familien, die auf Bavaria-Booten unterwegs sind, tun das sehr wohl. Wenn sie nicht auf den Sonnenplätzen sitzen oder liegen, die sich allerorten in der Plicht aufklappen und in alle Blickrichtungen ausrichten lassen.
Noch mehr Raum
Solidität bei der Raumaufteilung hatte ich erwartet unter Deck. Erlebt habe ich so viel lichte Höhe mit Kopffreiheit, wie sie bei 33 Fuß Rumpflänge nicht zu vermuten sind. Gut 1,90 Meter Raumhöhe erlauben es, dass auch große Menschen sich zwischen offener Captain’s Suite und Badezimmer tummeln können.
Und wieder: viel Licht. Die inzwischen wetterfeste Sonne kommt durch die Skylights und die seitlichen Fenster, die sehr weit nach hinten ausgeführt sind, ins Vorschiff. Es ähnelt dem Innenraum der Bavaria SR 36 und wirkt dabei nicht kleiner. Nur die Tür fehlt der Bugkajüte, sie wäre hier im Weg und daher fehl am Platz.
Auf der anderen Seite des Niedergangs geht es zur Mittschiffskajüte, deren Eingangsbereich einladende Stehhöhe bietet. Geschlafen werden kann hier in Richtung der Türe, sodass sich für Gäste keine Beklemmungen auf der breiten Liegefläche von rund 1,40 x 1,90 Metern ergeben.
Leichtfüßige Reichweite
Fein fahren lässt sich die Bavaria SR 33 übrigens auch. Die beiden Motoren stehen dem Elfmeterboot gut. Die Beschleunigung ist sehr gut, die Ansprache per elektrischem Doppelgashebel direkt, ohne dass wir „deutlich“ werden müssen. Kraftvoll und gut isoliert machen die Diesel ihren Job. In Kurvenfahrt ist das 33-Fuß-Boot sehr agil und sportlich. Beim Cruisen in flotter Marschfahrt durch die leere Bucht ist es ein ruhig und relaxt zu fahrendes Familienfahrtenboot. Mehr gibt es zu Fahreigenschaften und Performanz nicht sagen – und das sagt viel aus.

Für die Chronik: Acht Sekunden benötigt die Bavaria SR 33, um bei liegendem Boot von Null bis zur Gleitfahrt zu beschleunigen – mit dann 20 Knoten und entsprechenden 3.100 U/min. Bis zum Tempo-Maximum von 31,4 Knoten am Testtag lässt sich die kleinste Familienyacht der SR-Baureihe 34 Sekunden Zeit.
Zum Vergleich: Die Bavaria SR 36, die wir exakt ein Jahr zuvor an gleicher Stelle fuhren, erreichte bei identischer Motorisierung 30,5 Knoten – ist also annähernd gleich schnell. Die Werft-Crew, die einige Tage vor uns ihre Runden mit der SR 33 vor Lübeck drehte, notierte maximal 31,95 Knoten, bei 100 U/min mehr und beinahe gleichem Verbrauch.

Als optimale Marschfahrt – das ist der günstigste Verbrauch bei Gleitfahrt – notierten wir 21,6 Knoten bei 2.800 Motorumdrehungen pro Minute. Dann verbraucht das Boot 3,17 Liter Diesel pro Seemeile, kommt also auf eine Reichweite von 157 Seemeilen.
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Mit diesem Einsatzradius steht Küstentouren und Meeresquerungen nichts im Wege – egal ob in der Dänischen Südsee, um die Baleareninseln oder in der Adria. Für ausgiebige Törns ohne Hafenstopps wäre ein noch größerer Treibstofftank sinnvoll.
Technische Daten Bavaria SR 33
Länge: 11,40 m (über alles, mit Badeplattform)
Rumpflänge: 10,89 m
Breite: 3,46 m
Tiefgang: 0,86 m (mit Antrieb oben: 0,70 m)
Motorisierung: 2 x Volvo Penta D4-300 Diesel, je 300 PS (je 221 kW)
Gewicht: 7.639 kg
Schlafplätze: 4
Maximale Passagierzahl: 10 Personen
CE-Kategorie: B (küstenferne Gewässer)
Preis: ab 283.815 Euro (wie gefahren: 455.793 Euro)
Doch ein reines Langstreckenboot will die Bavaria SR 33 auch nicht sein mit ihrem Fokus auf Familien, Freunde und Ferienfahrt, den magischen drei F der fränkischen Werft.
Welche Größe die nächste Premiere der sicher noch nicht vollständigen SR-Serie haben wird, verrät Diplom-Ingenieurin Beate Wirtky nicht. Beliebig vergrößern oder schrumpfen lässt sich das SR-Konzept mit seinen Social Areas nicht. Ob 45 Fuß oder eher 28 Fuß Länge – beides würde gut ins Motorboot-Portfolio der erklärten Familienwerft passen.