Vom dänischen Sonderburg bis nach Stockholm dauert ein Törn vier Tage, wenn man westliche Winde und ein schnelles Boot hat. Ob es eine X-Yacht war? Jedenfalls ist Niels Jeppesen, langjähriger Chefdesigner der dänischen Werft, keine Minute zu spät in seiner neuen Funktion bei Arcona Yachts, der Werft im schwedischen Gustavsberg.
Manche setzen sich mit 65 zur Ruhe – nicht Jeppesen. Im Herbst hat er in England seine neue Firma Jeppesen & Pons Ltd. gegründet. Kurz darauf kam sein Wechsel von der legendären Marke für Performance Cruiser zu Arcona Yachts an den Tag. Und schon zeigt seine Präsenz dort Wirkung. Im März hat die schwedische Werft Jeppesens ersten Entwurf vorgestellt: die Arcona 50, die aktuell größte Segelyacht der Marke. Die Erwartungen an dieses Boot könnten kaum höher sein. Und das zu recht.

Denn ihr Schöpfer ist ein Popstar der Szene. Mehr als 6.000 Boote aus seiner Feder fahren über die Weltmeere. Und sein Umzug wurde in der Branche ähnlich frenetisch bejubelt wie unter Fußballfans der Wechsel Messis von Barça nach Paris. Warum Jeppesen schlussendlich mit X über Kreuz war, ist bisher nicht durchgesickert. Aber in Sonderburg werden sie mit Argusaugen beobachten, was ihr einstiger Mitgründer jenseits der Sunde entwickelt. So viel ist sicher: Es wird alles andere als x-beliebig, denn das kann der Däne einfach nicht.
Zwei, die gut zusammenpassen
In der Tat passen Jeppesen und Arcona gut zusammen. Die schwedische Marke, die kürzlich mit der renommierten Fahrtenyacht-Werft Najad unter ein gemeinsames Dach segelte, steht mit Typen wie der 385 und anderen für hochwertige, schnelle Yachten. Und Jeppesen hat X-Yachts berühmt gemacht für hochwertige, schnelle Yachten.
Viel mehr Marken kommen für einen Designer seiner Couleur auch nicht in Frage. Jeppesen macht im übrigen nicht einfach einen Job in Gustavsberg. Er verantwortet die gesamte Produktlinie, hat völlig freie Hand und steht der Firmenleitung darüber hinaus beratend zur Seite.

Beibehalten wird unter seiner Ägide die skandinavische Designphilosophie, die alle nordischen Bootsmanufakturen auszeichnen: elegant im Anblick, sauber gebaut und funktional ausgestattet. Sehr schnell, noch dazu einhand und zugleich mit allem Luxus der Gegenwart inklusive schwerer Geräte wie Kühlschrank, Klimaanlage etc. unterwegs sein, ohne dass die Festigkeit leidet, dafür steht Jeppesen. So wandelt sich zum ersten Mal ein traditioneller Cruiser-Racer zu einem modernen Performance-Cruiser.
Die Verwandtschaft ist nicht zu leugnen
Seine Abstammung sieht man dem 14,99 Meter langen Entwurf durchaus an. Eine gewisse Ähnlichkeit zur etwa gleich großen X4⁹, Jeppesens letztem Entwurf, ist nicht zu leugnen. Beim genaueren Hinsehen werden aber schnell Unterschiede deutlich. So zeigen die Renderings ein breiteres Boot, als wir das bisher von Arcona gewohnt waren. Es ist ähnlich breit wie die Rümpfe der X-Linie. Im Standard gibt es ein hohes, leistungsstarkes Rigg aus Aluminium mit drei Salingreihen und Rodwanten. Vor allem: endlich 50!

Wer will, kann sich an Bord gehörig unter die Arme greifen lassen. Gegen Aufpreis gibt es vier elektrische Winschen und eine elektrische Anlage zum Einrollen des Großsegels. Sogar der Großschot-Traveller lässt sich elektrisch fernbedienen. Für Langfahrt ist optional ein weiteres Stagsegel dabei, um zwei feste Vorsegel zu haben. Wobei das kleinere als Selbstwendefock, die Genua über einen Traveller gefahren wird. Ein Karbonmast und Großbaum aus dem gleichen Material sind ebenfalls als Upgrade erhältlich.
Erstmals eine Garage für Dinghis
Auffällig ist die serienmäßige Doppelruderanlage. Zu einem Gutteil fordert das sehr breite und flache Heck danach, das sehr leicht ins Gleiten kommt. Gerade bei einem Fahrtenboot sind zwei Ruder von Vorteil, das Boot reagiert einfach direkter auf Rudereingriffe, insbesondere bei Lage.
Außerdem: Verabschiedet sich zum Beispiel durch eine Kollision mit Treibgut ein Ruderblatt, steht noch das zweite als Notreserve zur Verfügung. Die Doppelruderanlage hat natürlich auch einen Nachteil. Beim Rangieren, z.B. in einer engen Marina, ist der Wendekreis größer. Aber ein Bugstrahlruder kompensiert dieses Handicap.
Weitere Arcona-Premiere: die Heckgarage. Sie bietet Platz für ein Schlauchboot mitsamt Motor. Neu sind auch die L-förmigen Cockpitbänke und die beiden Cockpittische, die es Gästen und Crew ermöglichen, sich unter Segeln freier im Cockpit zu bewegen. Doch so frei wie an Bord der früheren Arcona-Yachten wird man sich auf Deck der Arcona 50 leider nicht mehr fühlen. Bisher war es ein Markenzeichen der Werft, dass die Tische sich zusammenfalten und im Cockpitboden verstauen lassen. Bei dem neuen Boot ist das weggefallen.
Technische Daten Arcona 50
Länge: 14,99 m
Breite: 4,60 m
Tiefgang: 2,40 m (Standard, alternativ 2,20 m / 3,00 m)
Gewicht: 14.500 kg
Großsegel: 77,9 qm
Selbstwendefock: 56,9 qm
Genua (106 %): 63,1 qm
Spinnaker: 148 qm
Gennaker: 212 qm
Motor: Diesel-Innenborder mit 80 PS
CE-Kategorie: A (Hochsee)
„Skandinavische Eleganz unter Deck“
Unter Deck kündigt die Werft „minimalistische skandinavische Eleganz in jedem Detail“ an. Das ist vorläufig nur ein Lippenbekenntnis, da es noch keine Ansichten der Inneneinrichtung gibt. Arcona bietet aber bereits eine breite Palette von Innenausstattungsoptionen, mit denen die Eigner sich ihre Arcona individuell gestalten können.
In der Basis ist der Innenausbau aus Khaya-Mahagoni vorgesehen, helle „Skandinavische Eiche“ wird optional angeboten. Holzprofile im Innenbereich sind, so teilt es Arcona mit, systematisch in Furnierbauweise ausgeführt, unter dem leichtere Holzarten verwendet werden. Diese Technik hat die Werft vom Superyacht-Bau übernommen, um Gewicht zu sparen. Insgesamt reduziert sich dadurch das Gewicht innerbords um rund 800 Kilogramm, teilt Arcona mit.

Die Aufteilung unter Deck mit drei Doppelkabinen, zwei Nasszellen und diese mit jeweils abtrennbaren Duschabteilen ist in dieser Klasse üblich. Varianten werden für die achteren Kabinen angeboten. Die können entweder mit dem üblichen Doppelbett oder zwei getrennten Einzelkojen ausgebaut werden.
Ein variables Angebot gibt es auch für die Pantry. Die Werft montiert sie entweder in einer geschlossenen Einheit in U-Form oder offen mit einem Inselmodul mittschiffs, das den Zugang zum L-förmigen Salon erleichtert. Der Salontisch hat einen zusätzlichen Sitz an Steuerbord, der sich verschieben und arretieren lässt. Reichlich natürliches Licht aus den Rumpffenstern und Luken bringt das alles an den Tag.
Eine Preisangabe für die Arcona 50 liegt noch nicht vor. Der Bau der ersten Arcona 50 beginnt im September 2022, teilt die Werft mit. Die ersten Exemplare sollen dann im Jahr 2023 ausgeliefert werden. Dann wird Arcona endlich auch eine 50 haben.
Ein Kommentar
Schade, bisher hatte Arcona ihren eigenen Stil. Jetzt wird es schwer sich von X zu unterscheiden.