Mit Spannung erwartet: Elektrische Boote genießen überall höchste Aufmerksamkeit – auch in Finnland. Der Erstling mit E-Motor bei der Finnboat Floating Show war – weit vor den Pandemiejahren – das Loungeboot Q-Yachts Q30. Nun, da die Leistungsschau der finnischen Bootsbauer erstmals wieder stattfand, stellte sich die Frage: Wie elektrisch wird es rund um Nauvo zugehen?
Diese Frage beantwortete Axopar beim Event um Mittsommer solo: Denn die recht junge und sonst bei technischen Entwicklungen schnelle finnische Werft zeigte seinen elektrischen Erstling erstmals auf heimischen Gewässern und war damit allein unter Verbrennern. Den Prototyp der Axopar 25 Electric mit Evoy-Außenborder hatten wir bereits auf dem Cannes Yachting Festival kennengelernt, nun folgte die Nagelprobe: im direkten Vergleich mit den neuesten konventionell getriebenen Booten der finnischen Bootsbranche.
Es ging auf die Langstrecke durch die Inselwelt des sommerlichen Archipelagos im Süden Finnlands. Schon weil der elektrische Gleiter nach jedem zweiten Streckenabschnitt an die Steckdose ging und dann für drei Runden aussetzte, passt die Axopar 25 Electric nicht recht ins bisherige Setup des dreitägigen Probefahrt-Events für die internationale Bootspresse.
Andererseits: Das Dilemma-Duo aus geringer Reichweite und langer Ladezeit kennt man bereits von den Elektroautos. Damit wollen wir uns nicht aufhalten. Interessanter ist die Frage: Wie macht sich das E-Boot insgesamt?

Kurze Antwort: richtig gut. Das fängt mit dem fehlenden Stallgeruch an. Die anderen nagelneuen Finnboat-Flitzer mit Verbrenner produzieren die üblichen Auspuff-Düfte, doch die E-Axopar bleibt olfaktorisch so neutral wie ein frisch gewindeltes Baby. Einen Stromer kann man eben nicht riechen, das ist wirklich sehr angenehm.
Guttural statt brachial
Dafür riecht man in Fahrt umso mehr das aufstiebende Ostseewasser, die Algen darin, den nahen finnischen Kiefernwald und in Richtung Schlupfkabine dezent die Ausdünstungen von frisch gebackenem Laminat. Auch zu hören ist: nichts. Außer dem Rauschen der Wellen und sogar Vogelgesang.
Jedenfalls so lange, wie wir mit zwei Knoten Verdrängerfahrt und zwei Kilowattstunden Stromverbrauch pro Seemeile aus dem Hafen bummeln. Die Axopar verbraucht im Schleichgang also für knapp 18 Kilometer so viel Strom wie ein mittleres Elektroauto mit Tempo 100 auf 100 km Fahrtstrecke. Auch das kennen wir leidlich vom Verbrennungsmotor.
Schiebt man den Fahrhebel nach vorn, wird der nagelneue Evoy 300+ immer vernehmlicher. Bei Full Speed heult er durchdringend, kaum leiser als ein Verbrennungsmotor. Das Wasser unter unserem Kiel wird immer anhänglicher:
Bei 7 Knoten beginnt der besonders viel Energie fressende Übergang zur Gleitfahrt. Die Reichweite sinkt – vorausgesetzt, man würde immer so weiterfahren – auf 30 Seemeilen. Ab 25 Knoten ist der Scheitelpunkt der Kurve erreicht: Der Verbrauch steigt nur noch geringfügig, die Reichweite bleibt relativ konstant bei 25 Seemeilen.
„Alle fragen immer nur nach der Reichweite“, seufzt Antti Lipsanen, zuständiger Produktmanager von Axopar. Natürlich ist das nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist: Kein Auspuffmuff, und das bei brachialer Beschleunigung. Mit den Verbrennern kann die offene Axopar 25 Electric prima mithalten. Und wer Lust auf richtig Tempo hat, den schiebt der Elektro-Außenborder bis zu 51 Knoten schnell.
Der Evoy-Außenborder reagiert im Ansprechverhalten verblüffend dem eines vergleichbaren V6-Motors von Yamaha oder Mercury. Auch der Schlag ins Kreuz mit anschließendem Abheben fühlt sich ähnlich heftig an wie beim Verbrenner.
Nach zehn Minuten wird abgeregelt
Indes ist der Schnellflug nur von kurzer Dauer: „Höchstgeschwindigkeit wird nach spätestens zehn Minuten heruntergeregelt“, dämpft Antti Lipsanen die Erwartungen der Journalistencrew an Bord. Dieser Eingriff des elektronischen Motormanagements, den man von frühen Hochvolt-Installationen nicht nur von Torqeedo kennt, hat einen lebensverlängernden Zweck. Der Akku darf sich nicht zu stark erwärmen. Dieser Aspekt bremst auch den Elan von Elektroautofahrern. Nach einigen Kavalierstarts regelt das Akkumanagement sogar den Vorwärtsdrang eines Tesla S oder Porsche Taycan herunter. Schlicht deshalb, damit es der Besatzung nicht zu heiß unterm Hintern wird.

Vollstoff ist ja auch nicht vernünftig: Bei permanentem Fahren am Limit wäre der Akku nach 15 bis 20 Minuten leergesaugt. Das schnelle Glück währt eben kurz. Was in anderen Marktsegmenten – wie Fähren, langsamen Verdrängern, Foilern und Katamaranen – schon bestens funktioniert, ist bei wirklich schnellen Booten auf einem Rumpf systembedingt derzeit noch schwierig. Das haben float-Tests mit Elektrobooten wie der schwedischen Eelex 8000 und anderen bereits gezeigt.
Aber: Bei der Axopar 25 Electric haben wir es mit einem Prototypen zu tun, in dem noch viel Entwicklungspotenzial steckt. Seien es Akkutechnologie, Leichtbau, Motorenentwicklung. Auch wenn es bis zur Alltagsanwendung noch eine gute Kabellänge ist.
Axopar ist an Evoy beteiligt
Axopar meint es jedenfalls ernst. Die Werft hat sich den Zugang zur wichtigen Technik bereits gesichert. Kürzlich wurde bekannt, dass der skandinavische Bootsbauer über eine Finanzspritze von 6,4 Millionen Euro eine Zehn-Prozent-Beteiligung an Evoy erworben hat. „Wir sehen Elektrifizierung als Zukunftsaufgabe für die Branche, und Axopar ist hier an vorderster Front“, sagte Firmengründer Jan-Erik Viitala anlässlich der ersten Präsentation des Boots 2022 auf dem Cannes Yachting Festival.

Und das Boot gewordene Ergebnis, auf dem wir gerade unterwegs sind, passt gut zu diesem Anspruch. Es ist ein gewichtiger erster Schritt für Axopar. Und das im doppelten Wortsinn: Zwei Akkus der österreichischen Firma Kreisel mit zusammen 126 kWh Kapazität wiegen 800 Kilogramm.
Zugegeben eine schwere Hypothek für jeden Navaldesigner. Auf der anderen Seite konnte die Werft bei dem Prototypen 111 Kilogramm, also fast 20 Prozent des Netto-Bootsgewichts, durch Leichtbau sparen.
Was genau wurde eingespart? Tja, das ist top secret! Hier lässt sich Axopar nicht in die Karten schauen. Ein Teil aber, das darf Antti sagen, gelang durch die neue CE-Klassifizierung des Boots. Die Axopar 25 ist nur noch nach Kategorie C, also für küstennahe Gewässer, zertifiziert. Das sieht man ihr natürlich nicht an.
Wer von Bord eines anderen Bootes hinüberschaut zur Axopar 25 Electric, könnte die Stromerin für ein ganz normales Tagesboot halten. Die Silhouette wurde nicht verändert, die dicke Hutze des Evoy-Motors gleicht konventionellen Außenbordmotoren.