Ist der richtige Moment da, darf man ihn nicht verstreichen lassen. Die Organisation Sailcargo will zur Galionsfigur des Frachtsegelns werden – jetzt! Aber der Stapellauf ihres Eigenbaus Ceiba verschiebt sich immer mehr in nebulöse Ferne. Ursprünglich sollte ihr Holzdreimaster diesen Sommer schwimmen. Das ist jetzt für Ende 2023 anvisiert. Voraussichtlich. Was tun?
Aber die Nachfrage nach fair, ökologisch und emissionsfrei transportierten Waren nimmt nach der Lockdown-Phase enorm Fahrt auf. Firmen wie Timbercoast, Tres Hombres, Grain de Sail, Eco Clipper, New Dawn Traders oder Hawila schieben eine ordentliche Welle vor sich her. Sailcargo muss zeigen: Kollegen, wir surfen mit!
Also diversifizieren sie ihre Strategie und suchen nach einem bereits bestehenden Traditionssegler, um noch dieses Jahr mit dem Frachtsegeln beginnen zu können. Sailcargo sitzen mit ihrer Werft Astillero Verde in Costa Rica. Fündig werden sie in Schweden.

Der 1909 gebaute Holzdreimaster Vega wurde ihnen von der schwedischen Eignerfamilie Bergström schon vor Jahren angeboten. Im November letzten Jahres flog Bootsbauer Pablo Cruz aus der Karibik nach Gamleby, um der Vega aufs Kielschwein zu fühlen.
Von Gamleby nach Westen
Er morste an Sailcargo-Mitgründerin Danielle Doggett: Die Vega ist top in Schuss. Außerdem ist sie baulich eng mit der Ceiba verwandt. So wird das Segeln mit der Vega zur Generalprobe für die Ceiba. Investoren und zukünftige Handelspartner von Sailcargo ziehen bei dem Plan mit.

Im Mai 2022 geht die Crew aus Costa Rica in Schweden an Bord der 30 Meter langen Rahtopp-Schonerbark, vorneweg Danielle Doggett. Zusammen mit der schwedischen Stammcrew wollen sie die Vega durch den Nord-Ostsee-Kanal bis zu den Kanaren segeln und dann über den Atlantik in die Karibik setzen.
Für den schwedischen Kapitän lb Bergström ist die Vega seit Teenagertagen der Lebensmittelpunkt. Sein Vater Egil Bergström strahlte soviel visionäre Zuversicht aus, dass ihm der schwedische Staat das Wrack zur Restauration überließ.

Es war vollgelaufen und wurde nur noch von den Festmacherleinen gehalten. 16 Jahre lang, von 1993 bis 2008, zog sich der Wiederaufbau hin, inklusive Feuersbrunst – ein Bravourstück an Durchhaltevermögen und solidarischem Engagement. Selbst der schwedische König brachte sich finanziell ein.
Über ein Jahrzehnt bot die Vega jede Saison Törns für meeresromantische Erwachsene, vor allem aber benachteiligte Jugendliche an.
Das Geschäftsmodell dünnte jedoch immer mehr aus, Corona würgte es schließlich ab. Die Bergströms annoncierten: Holzdreimaster in gute Hände abzugeben!