Ende gut, alles gut? Der einstige Stolz der deutschen Marine, das Segelschulschiff Gorch Fock, soll demnächst wirklich fertig werden. Heute ging das teuer sanierte Schiff zu Wasser. Bei der Bremer Lürssen-Werft ist das Schiff seit Mai 2019 im zweiten Anlauf in der Sanierung. Im Mai 2021 soll es fertig sein – nach einer beispiellosen Geschichte mit Werftpleiten, Korruption und Pannen. Auch der Auftraggeber, der Bund, sieht das Projekt im Zeitplan, wie float erfahren hat.
Bis gestern lag das Schiff noch in der Lürssen-Werft in Berne an der Weser. In den letzten Wintertagen befreit von Gerüsten, Abdeckungen und der „Einhausung“, geht das Schiff weiter seiner Komplettierung entgegen. Masten aufstellen, Rumpf beschichten, Wellenanlage einbringen, Motor instandsetzen. Auch die Takelage wurde weiter aufgeriggt.

Gegenwärtig zeitlich im Soll
Heute gibt es mit der Wasserung des Schiffs in Berne den „kleinen Stapellauf“. Über den werfteigenen Synchrolift geht die Gorch Fock nun zum Lürssen-Standort Lemwerder. Dort wird dann in den kommenden Wochen die Endausrüstung erfolgen. Wenn dort alles fertig, geprüft und abgenommen ist, soll die Gorch Fock aus eigener Kraft ihren Heimathafen Kiel anlaufen.
Wie float auf Nachfrage von einem Sprecher des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) erfahren hat, ist jetzt der Innenausbau dran. „Dabei handelt es sich um das Einbringen von Isolierungen, den Einbau der Kabelanlage und der dazugehörenden Geräte sowie den Einbau weiterer Einrichtungen.“ erklärte der Sprecher.
In Berne haben mehr als 150 Werftarbeiter bei „Wind und Wetter“, so ein Lürssen-Sprecher, an der Fertigstellung gearbeitet. Bereits erledigte Arbeiten werden parallel dazu mit dem Auftraggeber geprüft und abgenommen. Durch den Bund erfolgt nach erfolgreichem Abschluss aller Erprobungen auch die endgültige Abnahme. Das umfasst – wie bei allen Reparaturen von Schiffen – auch eine Probefahrt.

Die Frage, ob es in der letzten Zeit noch Hindernisse oder Schwierigkeiten gegeben habe, die die geplante Fertigung hätten hinauszögern können, wurde ohne Wenn und Aber verneint. Im Gegenteil. „Selbst die Covid-19-Pandemie“, so der Behördensprecher, „hatte durch das umsichtige Handeln aller Beteiligten bis heute nur einen marginalen Einfluss auf die Arbeiten.“ Es ist der Schlusspunkt einer fast unendlichen Geschichte.
Ein Planungsdesaster
Hätte, hätte, Fahradkette – im Nachhinein ist es müßig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, ob es überhaupt so weit kommen musste. Als man der Sache erstmals intensiv und bis in die letzten Schiffstiefen auf den Grund ging, wurde schnell klar, in welch schlechtem Zustand sich die Gorch Fock tatsächlich befand.

Aus sechs Monaten wurden sechs Jahre, aus zehn Millionen durch ständige Nachforderungen der Werft mehr als 130 Millionen Euro. Wegen zunächst fehlender Kontrolle durch den Bund war dieser nicht ganz schuldlos.
Im Lauf der ersten Instandsetzung, insbesondere am Schiffsrumpf und der Takelage, wurden weitere Schäden festgestellt. Auch dieser Bereich verlangte nach umfänglicher Erneuerung. Die Wartung vorhandener Anlagen wie der Motoren, der Wellen- und Ruderanlage kam dazu.
Kriminelle Machenschaften
Es kam noch schlimmer: Zunächst ging die Werft in die Insolvenz, von der ein Teil durch die Lürssen-Werft übenommen wurde. Nach 102 Jahren gingen bei der Elsflether Werft im letzten Jahr dann die Lichter endgültig aus. Wie zu erfahren war, soll das Werftgelände verkauft werden, um den Schuldenberg der insolventen Elsflether Werft AG zu verringern.
Und dann das noch: Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts von Korruption, Betrug und Untreue sowie dubioser Millionengeschäfte. Es laufen Ermittlungen gegen zwei ehemalige Vorstände der Elsflether Werft und sogar zivile Mitarbeiter der Bundeswehr. Zwischenzeitlich hatten die Manager damit gedroht, das Segelschulschiff als Pfand zu nehmen für nicht gezahlte Sanierungsraten.

Die erste Ausbildungsfahrt
Nach der jetzt geplanten Fertigstellung in Lemwerder, die nur bis Mai 2021 dauern soll, ist geplant, dass die Gorch Fock wieder heimkehrt. Anfang Juni soll das Schiff wieder in Kiel liegen. Die augenblickliche Planung sieht sogar die Teilnahme an der Kieler Woche vor.
Auf unsere Frage, wohin die erste Ausbildungsfahrt gehen wird, hieß es wörtlich: „Die erste Ausbildungsreise soll von Kiel aus starten. Sie ist für Juli 2021 geplant und wird durch nordeuropäische Gewässer gehen. Dabei werden Offizieranwärter der Marine an Bord sein, die erst im Oktober 2020 an der Marineschule Mürwik ihren Dienst begonnen haben.“
Bleibt zu hoffen, dass das traurige Kapitel dann doch noch ein gutes, wenn auch sehr teures Ende nimmt. Und das Corona nicht doch noch einen Strich durch die Rechnung macht. Liegt doch der Inzidenz-Wert laut Robert-Koch-Institut im Landkreis Wesermarsch noch hoch.