„Augen zu und durch“ hieß es im spontanen Kommentar einer norddeutschen Tageszeitung, als zu befürchten stand, dass das Segelschulschiff der Bundesmarine, die Bark „Gorch Fock“, nicht mehr saniert, sondern durch einen Neubau ersetzt werden würde. Denn eine Überholung des Schiffs steht dringend an.
Desaster mit galoppierenden Kosten
Erste Kostenschätzungen beliefen sich auf 10 Millionen Euro, die schnell auf 35 Millionen korrigiert wurden. Nach der anschließend durchgeführten Generalinspektion geht man nun von 75 Millionen Euro als Kosten für die Reparatur und Grundsanierung aus. Nicht nur die Masten und das Deck sind marode und müssen ersetzt werden. Auch die Statik insgesamt hat sich verändert, da in den Zwischendecks Pfosten verstellt oder weggenommen wurden, was wiederum zu Verwerfungen im Stahl gesorgt hat.
Als klar wurde, wie groß das Desaster ist, forderte die zuständige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen eine genaue Kostenrechnung für ein Alternativszenario an. Als eine Möglichkeit gehandelt wurde, die laufende Reparatur zu stoppen und ein anderes Schiff zu chartern, bis ein neues gebaut ist. Das aber wird rund acht Jahre dauern – mit Gesamtkosten von mindestens 200 Millionen Euro.

Grünes Licht für eine langfristige Lösung
Nun gab die Ministerin gab grünes Licht dafür, die „Gorch Fock“ erst einmal für die veranschlagten 75 Millionen zu reparieren und das Schiff damit wieder in Fahrt zu bekommen. Das wird noch das laufende Jahr in Anspruch nehmen. Der nächste Ausbildungsjahrgang der Marineschule Mürwik in Flensburg wird deshalb von August an auf dem rumänischen Großsegler „Mircea“, der vorübergehend die „Gorch Fock“ ersetzt, Seemannschaft lernen. Bis September werden 110 Offiziersanwärter an Bord des Dreimasters sein, wird der Pressesprecher der Marine, Carsten Poll, im Norddeutschen Rundfunk zitiert.
Wenn die „Gorch Fock“ dann wieder fährt, will man sich ausreichend Zeit nehmen, in Ruhe ein neues Schiff zu konzipieren. Denn es ist auch die Rede davon, Marinekadetten anderer europäischer Länder auf deutschen Windjammern auszubilden. Der Bedarf für ein Nachfolgeschiff ist auf jeden Fall da, auch wenn nun für die Zeit nach 2030 geplant wird.

Das sechste Schwesterschiff
Die „Gorch Fock“ ist das älteste noch aktive Schiff der Deutschen Marine. Sie wurde 1958 auf der Hamburger Werft Blohm + Voss gebaut und ist in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel beheimatet. Die „Gorch Fock“ ist das zweite Schiff dieses Namens und das sechste ihrer Klasse. Fünf Schwesterschiffe wurden vor dem Zweiten Weltkrieg auf der gleichen Werft gebaut.