Der Betrugsverdacht gegen die beiden ehemaligen Vorstände der Elsflether Werft, Klaus Wiechmann und Marcus Reinberg, scheint sich weiter zu erhärten. Die Sanierung des Segelschulschiffs „Gorch Fock“ war zuvor kostenseitig total aus dem Ruder gelaufen.
Aus inzwischen gelöschten, aber wieder rekonstruierten Mails zwischen den entlassenen ehemaligen Chefs sowie aus internen Dateien der Bredo Dockgesellschaft mbH in Bremerhaven, wo das Segelschulschiff zurzeit liegt, ergibt sich Belastendes. Demnach gingen Gutschriften – anders als vereinbart – wohl nicht als Rückzahlung an die Marine. Das berichten die Kieler Nachrichten in ihrer Samstagsausgabe. Sie zitieren Erkenntnisse des Redaktions-Netzwerks Deutschland des Madsack-Mediengruppe.
Bredo-Werft jetzt auch im Fokus
Aus den rekonstruierten Dateien gehe hervor, dass schon im Juli 2017 Gutschriften der Bredo-Werft von rund 15 Prozent auf Rechnungen der Elsflether Werft ausgewiesen wurden. Nun kommt’s: Elsfleth-Vorstand Klaus Wiechmann soll seinem Vorstandskollegen Reinberg vorgeschlagen haben, die 15 Prozent gegenüber der Bundesmarine in einer Art Rahmenvertrag als weitere Ausgaben auszuweisen – beispielsweise für den Sicherheitsdienst, die Nutzung der Werftanlage und Aufenthaltsräume und so fort.

Damit kommt auch die Bredo-Werft in den Fokus der Ermittlungen. Denn von dem Unternehmen, wo heute der zurzeit nicht schwimmfähige Rumpf der „Gorch Fock“ liegt, sollen zu hohe Angebote erstellt worden sein. Diese wurden der Marine durch die Elsflether Werft unterbreitet, um anschließend in einer um 15 Prozent reduzierten Rechnung von der Werft eingereicht zu werden.
Noch ist nicht klar, ob und wie genau Gelder zwischen dem Subunternehmer Bredo und der Werft im niedersächsischen Elsfleth verbucht worden sind. So rückt auch die Drohung der Bredo-Werft in Bremerhaven, wegen unbezahlter Rechnungen das Schiff als Pfand zu behalten und nicht wie geplant im Juni auszuliefern, in ein schiefes Licht.
Denn gerade auf der Bredo-Werft sind wohl zahlreiche Rechnungen um die besagten 15 Prozent nach unten korrigiert worden. Das I-Tüpfelchen bei dieser Betrugsaffäre wäre es, wenn weitere Dokumente auftauchen sollten, die belegen, dass die Differenzbeträge zwischen Subunternehmen und der Elsflether Werft hin und her überwiesen wurden.
Bredo verfügt in Cuxhaven und Bremerhaven über bis zu zehn Schwimm- und Trockendocks. Die drei Werften haben seit 2016 mit den Familien Rönner und Petram die gleichen Gesellschafter, die seit Jahren vor allem die Werftenszene in Bremerhaven maßgeblich prägen. Anfang 2019 waren etwa 250 Mitarbeiter bei Bredo Dry Docks beschäftigt.
Die Bundesmarine hofft noch
Bei der Deutschen Marine ist das Prinzip Hoffnung noch nicht aufgegeben worden. Noch immer steht der Plan, das Schiff am 21. Juni auszudocken. Spätestens dann soll sich entscheiden, wie es weitergeht – und ob die „Gorch Fock“ nicht doch, wie vom Verteidigungsministerium angedroht, bei weiterer Kostensteigerung zum Museumsschiff degradiert wird.
Wie frei das Ministerium bei seinem Votum ist, dürfte auch davon abhängen, wie die „Gorch Fock“ in der Öffentlichkeit gesehen wird. Ist es ein wichtiges Stück maritimer Tradition, für die jeder Preis zur Erhaltung recht ist? Oder ist es ein schlecht instand gehaltenes Schulschiff ohne praktischen Wert für die Ausbildung junger Matrosen bei der Marine?

Die Weiterführung der immer teurer werdenden Sanierung war mehrmals durch ranghohe Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums genehmigt worden. Von Beginn an habe „die Basis für die Planung“ gefehlt, zitierte der Spiegel im Januar 2019 einen Bericht behördlichen Prüfer. Bereits im April 2018 hatte das zuständige Bundeswehramt gegenüber float fehlenden Überblick bei der Sanierung des Großseglers eingeräumt.