Was wiederum kein Wunder ist. Denn Meister Friedrich kniet sich persönlich in und auf jede „Green Bente“ und benötigt für den Bau des Bootes mindestens doppelt so lange wie die Bootsbauer für den Aufbau einer klassischen Bente. Entsprechend kann es schon mal dauern, bis in der wie erwähnt florierenden Bente-Produktionskette einmal ein Slot für die Green-Version frei wird.

Im Einzelnen haben vor allem die fast schon klassisch anmutende Pinne, die pfiffig gelöste und gefällig verarbeitete Fußstütze fürs „Ausreiten“ auf der hohen Kante, die Gennakerbaum-Aufnahme, der sauber gearbeitete Ankerkasten-Deckel und sowieso das gesamte Korkdeck gefallen. Lediglich die nicht im Deck versenkte Rollfockanlage lässt ein bisschen stutzen: So ein Boot mit gesamt-edlen Ambitionen „verschenkt“ einen derart offensichtlichen Performance-Aspekt?
Unter Deck ist dann wieder alles Geschmackssache. Von der unbestritten weiterhin hervorragenden Verarbeitungsqualität mal abgesehen, hat natürlich jeder Skipper freie Gestaltungshand. Den Besitzern der grünen Probesegel-Bente gefiel ganz offensichtlich der raumgewinnende Zen-Stil: kein Schnickschnack, kein Luxus, kein Gedöns. Dem Autor dieser Zeilen gefällt’s ebenfalls; oder wann hat man schon mal das Gefühl, dass man unter Deck eines 7,50 Meter kurzen Bootes durchaus die paar Wochen für eine Atlantiküberquerung alleine oder zu Zweit ohne Klaustrophobie-Koller überleben könnte?


Geht gut ab
Bevor wir endlich zur eigentlichen Bestimmung dieses 7,50 Meter langen, bootsbauerischen Meisterwerks kommen – nämlich dem Skipper und der Crew Freude spenden bei der Fortbewegung unter Segeln – noch schnell ein Blick in die Runde: Totenflaute!
Was auf dem Bodensee nun wirklich nicht gerade eine Besonderheit, aber immer wieder ärgerlich ist, tut Friedrich mit einem Achselzucken ab. Der neue Besitzer dieser Green Bente sei eben Binnensegler und habe deshalb sein Boot mit einem Selden-Binnenrigg ausgestattet. Soll heißen: Der Mast ist 1,5 Meter länger als bei der Normalo-Küstenversion, damit zwei Quadratmeter mehr Segelfläche gefahren werden können. Also machen wir es wie (fast) alle Binnensegler und fahren erstmal dem Wind entgegen. Ein leiser Hauch kräuselt die Wasseroberfläche kurz nach der Hafenausfahrt Friedrichshafen und Friedrich holt schon selbstsicher den Torqeedo ein. Ob 0,5 Beaufort reichen werden, um uns ohne Motor bis zu dem Windstrich in einer (Boden)Seemeile Entfernung zu bringen?
Die Antwort gibt Green Bente gleich selbst: Das Groß lässt sich leichtgängig setzen, die Fock sowieso, dann kommt der Hauch logischerweise aus der Richtung, in die wir ja wollen. Also Segel gefühlvoll dicht geholt, etwas abgefallen und… man fühle, sehe und staune: die Bente geht los wie ein, ja wie eigentlich? Binnenracer wäre nun wirklich etwas übertrieben, Fahrtenschiff deutlich untertrieben. Also Cruiser Racer oder Perfomance Cruiser?
„Kommt wohl auf den Eigner an, wie er sein Boot sehen und segeln will,“ macht Friedrich deutlich. Was dem Probesegler im gleichen Moment, da die Frage auftaucht, auch schon wieder egal ist. Denn sobald der Wind in Groß und Vorsegel drückt, macht das Ganze hier nur noch das Eine: Spaß!
Leichte Damenbrise

Wir kommen locker zum angepeilten Windstrich, segeln bei 2-3 Beaufort entlang der schönen Bodenseeufer und machen drei Stunden lang mit der Green Bente so ziemlich alles, was man bei einer leichten Damenbrise eben so machen kann. Lange und kurze Schläge, bedächtige und hektische Manöver, wir setzen und bergen den Gennaker mehrmals, wir fahren raume, platte und hohe Kurse und freuen uns unseres Daseins.
Dabei zeigt sich die Bente als gelassen reagierender und dennoch sportlich-agiler Kleinkreuzer, mit dem man einerseits „Pferde stehlen kann“, weil er alles mitmacht und andererseits keine Scheu haben muss, gegen andere moderne Risse, die auf dem Bodensee oder anderswo den gleichen Weg haben, anzutreten. Wohlgemerkt: Testbedingungen drei Beaufort.
Vor allem unter Gennaker gefiel das rasche „Anspringen“, kaum nachdem die Blase stand und das schon bei den geringen Windstärken spürbare „Segeln wie auf Schienen“. Am Wind fuhren wir gefühlt exzellente Höhe, es wäre erneut hilfreich gewesen, Sparringspartner zu haben … aber irgendwie flüchteten die paar Segler, die mitten in der Woche den Bodensee bevölkerten, sobald wir in ihre Nähe steuerten.
Lediglich eine Situation muss als befremdlich beurteilt werden: Die „Green Bente“ schoss bei lächerlichen Drei-Beaufort-„Drückern“ hoch am Wind nach einer keineswegs abnormen Krängung von ca. 60 Grad (bei weiterhin dicht gehaltenem Groß) trotz „Gegenruder“ gnadenlos in den Wind. Ob dies nun an einem „suboptimalen Riggtrimm und dem zu langen Vorstag“ lag (wie Bente-Vordenker Stephan Boden meint) oder an einer in Bezug auf die Rigghöhe, Heckbreite und Segelfläche nicht optimal dimensionierten Ruderfläche, sei dahingestellt. Auch auf Friedrichs Stirn waren nachdenkliche Falten auszumachen – man versprach Abhilfe.

Bente gut, alles gut
Es liegt nach Lektüre der obigen Zeilen nahe, dass an dieser Stelle nur Positives über die Green Bente zu lesen sein wird. Die unkonventionellen und durchaus zukunftsweisenden Baumaterialien, der sowieso schon gefeierte und erprobte Riss, die guten Segeleigenschaften (selbst erprobt bei leichten Winden, von anderen Seglern bei stärkeren Winden bestätigt) machen aus der Green Bente den Primus unter… allen Bentes. Oder anders formuliert: alle Normalo-Bente-Segler müssen jetzt ganz tapfer sein, aber bei der „Spieglein, Spieglein“-Frage wird die Antwort lauten „die Green Bente ist die schönste, schärfste und coolste im ganzen Land!“
Preis
Basis-Version: 68.000 Euro, wie gesegelt mit allen Extras: 132.000 Euro.
Details
Länge | 7,55 m | |
Breite | 2,75 m | |
Tiefgang: | 1,8-1 m oder 1,45-0,65 m | |
Masthöhe: | 12 m | |
Segelfläche: | Groß 27qm | |
Fock: | 14 qm | |
Gennaker: | 65 qm | |
Baumaterial: | Flachs, Kork, Green Epoxidharz | |
Bauweise: | Vakuuminfusion |
Die Green Bente wird auf Wunsch mit einem hervorragend funktionierenden Hubkiel ausgestattet.
www.bente24.com
www.green-boats.de
3 Kommentare
Ich würde mir wünschen,dass bei Euren Berichten der Basis- und Testbootpreis genannt werden.
Erst dies erlaubt dem interessierten Leser oder künftigen Käufer eine objektive Beurteilung der z.B. beschriebenen Segelleistung.
Danke für den Hinweis. Üblicherweise nennen wir immer beide Zahlen, den Basispreis und den des gefahrenen Bootes. Den Preis der gesegelten Bente reichen wir nach.
Wir haben die Green Bente am Wochenende auf der Messe gesehen. Das Konzept ist lobenswert, die Optik herausragend aber der Preis schon heftig. Man sagte mir auf am Stand, es sei wie ein Bio Huhn im Supermarkt. Bestimmt findet es Käufer und das ausgestellte Boot ist ja schon verkauft.