Die Funboot-Serie NEO von Greenline Yachts ist ein Novum im Portfolio der Werft, die bisher nur Boote mit Verdrängerrümpfen gebaut hat. Sie kommt damit dem Wunsch einer jungen Käuferschaft nach, die schnelle, offene Boote für Tagestrips bevorzugt. Greenline bietet den Rumpf mit drei unterschiedlichen Deckslayouts an, als Open, Coupe und Hardtop. Die erste ist offen, die zweite halboffen mit Dach und die dritte geschlossen.
Die Sonne scheint schon etwas zaghafter am Morgen dieses 2. Novembers. Es ist kühler geworden, nur noch 15° Grad zeigt das Thermometer hier in der Marina Zernsee an. Das Restaurant ist bereits geschlossen, fast alle Boote sind aus dem Wasser. Nur eines wurde gerade für uns ins Wasser gelassen, und zwar zum allerersten Mal in dieser Modellvariante. Es ist die Greenline Neo Open, und ich bin die erste, die sie zusammen mit Marcel Ranke von Allert Marin und Matic Klemenc von Greenline heute fährt. Aufregend!
Vor mir schaukelt die 10 Meter lange Neo Open sanft im Wasser. Es ist noch niemand am Steg, und so habe ich Zeit, das Boot in Ruhe kennenzulernen. Der flache Riss wird betont durch die niedrige Windschutzscheibe, die langsam zum Heck abfallend ausläuft. Das Design im Glas lässt sie sportlicher wirken. Im Bug befindet sich eine fast umlaufende Sitzecke, die sich bei abgesenktem Tisch in eine Sonnenliegewiese verwandelt.


Am Heck hängen zwei 200 PS starke Mercury-V8-Motoren der neuesten Generation, anstelle der beiden Torqeedo Deep Blue der elektrischen Version. Schade, dass die von Greenline neu entwickelte Badeplattform bei diesem Boot noch nicht angebaut ist. Auf der elektrischen Greenline NEO Open, die als Weltpremiere in Monaco präsentiert wurde, war sie schon montiert. Das Besondere an dieser wirklich großen Badeplattform ist, dass sie hinter den Außenbordmotoren geschlossen ist. Und damit eine echte Plattform ist, die darüber hinaus noch mehr Sicherheit bietet.
Eine ganz besondere Badeplattform
Durch zwei seitlich angebrachte hydraulische Stützen ist das Badedeck bis unter die Wasserline absenkbar und ersetzt dabei auch die Badeleiter. Im Hafen lässt sie sich so weit hochfahren, dass man bequem auf den höher liegenden Steg übersteigen kann. Und optisch wird sie abends nach Sonnenuntergang zum Hingucker, wenn das blaue Licht eingeschaltet ist und das Boot von unten beleuchtet. Das hätte ich gerne ausprobiert.

Also steige ich auf die klassische Weise über eine zweigeteilte Badeplattform an Bord, vorbei am Achtersofa, das sich in Windeseile zu einer Sonnenliege umbauen und nach vorne verschieben lässt, wenn man die Motoren hochfährt. Dann öffnet sich vor mir ein riesiger Raum an Deck. Man hat auf der Greenline Neo Open die Bordwände etwas höher gezogen und vollständig auf Gangborde verzichtet. Stattdessen hat die Werft die Breite auf dem Deck vollständig ausgenutzt. Erst neben dem Niedergang gibt es einen Durchgang zum Bug, abgeteilt durch die Windschutzscheibe.
So entsteht auf einer Breite von 3,50 m ausreichend Platz für einen großen, hydraulisch absenkbaren Tisch auf zwei kräftigen Stahlfüßen, ein großes L-Sofa für sechs Personen und eine freistehende Pantry mit Grill, Waschbecken und Kühleinheiten. Hier kann man für bis zu 15 Personen Schaugrillen. Und Freunde und Familie können von den vielen Plätzen an Bord dabei zuschauen, wie der Fisch zubereitet wird. Greenline verfolgt auch auf der Neo ihr sogenanntes „One level living concept“. Der Verzicht auf Stufen sorgt für sichere Beweglichkeit an Bord, vor allem für ganz junge und ältere Menschen. Und von dort kommt ja das ursprüngliche Greenline-Konzept.
Vom Wanderboot zum Boot des Wandels
Die erste Greenline 33 war ein Wanderboot, für Familien und Menschen entwickelt, die mit ihrem Boot reisen wollen. Leise und verbrauchsarm sein war schon damals die Devise. 2008 war die Greenline 33 ein Erfolgsschlager, aber die hybrid motorisierte Version war der Zeit noch weit voraus. Als die Hybridmotorisierung damals vorgestellt wurde, galt dieses Prinzip als zu teuer, man bevorzugte Diesel.
Heute sind alle Boote, die Greenline in die USA verkauft, hybrid motorisiert. Und auch in Europa steigt der Anteil der Käuferschaft für diese kraftstoffsparende Antriebsform. Ab 2019 will Werftchef Vladimir Zinchenko seine ganze Flotte optional mit einem Elektroantrieb anbieten.
Als Vladimir Zinchenko 2015 die slowenische Werft aus der Insolvenz übernahm, hatte er in sieben Jahren 250.000 Meilen, sechs Atlantiküberquerungen und fast 60 Ländern auf seiner Segeluhr. Heute leitet er Sloweniens größten Yachthersteller, SVP Yachts, die Muttergesellschaft hinter Greenline Yachts. Seit dem Kauf hat er stark in das Geschäft investiert und die Produktion und das Sortiment erweitert.
Jetzt ist seine Mission, das Image der Marke Greenline von einem Hersteller populärer Hybridfahrzeuge zu einem Hersteller hochwertiger und benutzerfreundlicher Motoryachten zu transformieren. Optional werden alle Boote auch mit Hybridantrieb oder rein elektrischen Antrieben angeboten.
Greenline wird schneller und sportlicher
Mit der Neo-Serie aus dem Designstudio J&J kommt die Werft jetzt dem Wunsch der jüngeren Generation nach schnelleren und sportlicheren Booten nach. Der Markt habe es gefordert, sagt Matic Klemenc. Und das Konzept kommt ganz offensichtlich gut an: 21 Boote haben sich allein nur anhand der Zeichnungen verkauft.
Das Besondere an dem Neo-Trio ist die Vielzahl an Ausstattungsoptionen, die diese Semi-Custom-Modelle bieten. Sehr kundenfreundlich: 24 unterschiedliche Versionen stehen, die Motorisierungsoptionen noch nicht mitgerechnet, zur Verfügung. Die Neo Open ist für das Mittelmeer konzipiert. Als Neo Hardtop mit offenen oder ganz geschlossen Seiten eignet sich das Boot für die kühleren Regionen an den Küsten. Die Neo Coupe mit Schiebetür ist für den Binnenbereich wie hier in Werder gemacht. Marcel Ranke, der gerade mit Matic Klemenc an Bord kommt, hat bereits zwei bestellt.

Marcel wirft zum ersten Mal die Motoren an, wir machen die Leinen los und verlassen den Hafen. Ich bin überrascht, wie leise 400 PS der beiden Mercury-V8-Motoren am Heck klingen. Ein fast sanfter Ton kommt da von hinten. Und auch, als wir Gas geben, kann man sich auch bei höheren Geschwindigkeiten noch gut unterhalten. Das ist eine völlig neue Qualität verglichen mit dem, was man sonst oft hört.
Stufenlos gleiten mit automatischem Trimm
Der stufenlose Rumpf liegt sehr gut im Wasser und führt jede Kursänderung gerne, leicht und sicher aus. Die Greenline Neo Open kommt rasch ins Gleiten, und die Sicht durch und über die Windschutzscheibe ist dabei durchweg gut. Sitzen kann man in Einzelsitzen zu dritt nebeneinander. Beim unserem Prototypen fehlt noch die Fußstütze, und die Sitze sind etwas nach vorne geneigt. Die Sitzposition ist dafür sehr gut, man kann auch als Frau mit 1,70 m gut steuern, ohne auf dem Sitz herumrutschen zu müssen.
Das Cockpit aus Silvertex ist sehr übersichtlich angelegt und bietet Platz für einen großen Kartenplotter. Während der Fahrt unterstützt ein automatisches Trimm-System die richtige Ausrichtung der Motoren. Ein schönes Detail ist auch die App namens Pico, mit der sich die gesamte Elektrik nebst Verbrauch und Motordaten auslesen lässt.
Die beiden Motoren bringen das Boot gelassen auf eine Höchstgeschwindigkeit von 68 km/h auf dem Zernsee, sprich fast 37 Knoten. Mit den größeren 300-PS-Twins bringt es die Neo Open sogar auf berauschende 47 Knoten, sagt der Hersteller. Muss aber nicht, denn der Spaß fängt weit früher an. Das Boot liegt mit seinen fast fünf Tonnen dabei spurtreu im Wasser und zieht auch bei Vollgas seine Kurven ganz sicher. Es lehnt sich dabei ordentlich rein, was weder Sicherheit noch Fahrspaß mindert.
Auf Wunsch: BMWi inside
In der elektrischen Version wird die Neo Open von zwei 80 PS Torqeedo Deep Blue Elektro-Außenbordern angetrieben. Zwei 40 kWh (insgesamt 80 kWh) leistenden BMW i3-Lithium-Batterien ermöglichen eine maximale Reichweite von 40 nautischen Meilen bei 6 Knoten, was eine wirtschaftliche Geschwindigkeit ist. Bei Vollgas erreicht die Greenline Neo eDrive eine Höchstgeschwindigkeit von 16 Knoten (die vollausgestattetete Coupe kommt auf 10 Knoten) mit einer Reichweite von 20 nautischen Meilen.
Wir drehen einige Testrunden auf der Wasserskistrecke, beschleunigen auf Vollgas aus dem Stand, um zu sehen, wie schnell das Boot in Gleitfahrt kommt. Wir fahren enge Kreise bei Vollgas und manvörieren rückwärts um zu schauen, wie viel Wasser überkommt. Die Greenline Neo besteht den Praxistest mit Bravour. In ruhigem Tempo fährt uns Marcel zurück zum Steg, während Matic mir die Kajüte zeigt.
Zwei Stufen geht es hinunter, rechts liegt ein recht großzügiges Bad mit Dusche und Stehhöhe. Hier kann man bequem zu zweit nächtigen, wenn man denn möchte, oder nur ein Nachmittagsnickerchen nach dem üppigen Essen nehmen. Die NEO Open ist ein erfolgsversprechendes Konzept, das bei seiner Zielgruppe bestimmt viel Zuspruch bekommen wird. Das neue Layout, die Ausstattung und die Fahreigenschaften haben uns bereits überzeugt.
direkt zum VideoGreenline-Vertreter Marcel Ranke im float-Interview
Technische Daten Greenline Neo Open
Länge: 9,99 m (10,99 m mit Badeplattform)
Breite: 3,49 m
Tiefgang: 0,59 m
Gewicht: 4.850 kg
Maximale Passagierzahl: 16 Personen
Kabinen: 1 (2 Schlafplätze), Bad mit Dusche
Benzintank: 2x 350 l
Wassertank: 2x 200 l
Motorisierung: 2 x 150 bis 2 x 300 PS (Mercury-V8-Außenborder)
Preis: 142.000 Euro (netto, mit 2x Mercury-Außenbordern mit je 150 PS)
Auf der Boot & Fun Berlin ist die Greenline Neo Open bei Allert Marin live zu sehen. Auf der boot Düsseldorf 2019 stellt die Werft alle drei Versionen aus.
Mehr Informationen
auf der Werft-Website
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