Erstmals drei Motoren
So viel Agilität habe ich bei 45 Fuß Rumpflänge nicht erwartet. Dabei verhält sich das – ohne Motoren – sieben Tonnen schwere Boot wie ein Sportboot. Darin ähnelt die Axopar 45 einem gänzlich anderen Boot: Wie die Tecnorib Pirelli 50, die ich wenige Wochen zuvor an der ligurischen Küste kennenlernte, ist die neue Axopar ein sanfter Riese.

Zu keiner Zeit kavitiert dabei einer der drei Außenbordmotoren von Mercury Marine, kein Propeller „zieht“ Luft. Das vielblättrige Trio des Typs Mercury Enertia Eco mit 19 Zoll Durchmesser bleibt stets im Kontakt mit dem feuchten Element, um die Kraft der V8-Motoren ins Wasser zu übersetzen.
Es ist das erste Mal, dass Axopar eine Motorisierung mit drei Außenbordern anbietet. Für den US-amerikanischen Markt, den die finnische Werft mit großem Schwung für sich erobert, bringt viel PS-Power auch viel Aufmerksamkeit. Das sind eindeutig Pluspunkte auf einem Markt, wo Hersteller mit bis zu sieben großen Außenbordern am Heck die Grenzen der technischen Machbarkeit ausloten. Und die Egos der Eigner.
Flott, ohne zu eilen
Nein, für Werft-Mitgründer Jan-Erik Viitala ist das Dreigestirn am Heck keine Protzhuberei. Er steigt, weil das bisher größte Axopar-Modell es erlaubt, wie selbstverständlich in die Liga der Big Bold Boats auf. Sein Argument ist interessanterweise die verbesserte Manövrierfähigkeit bei Hafenmanövern, wenn der Joystick drei statt zwei Motoren ansteuert.
Mit drei Motoren ist für absolute Spurtreue auf dem 15,5 Grad Celsius kühlen Mittelmeer vor der Marina Calanova gesorgt. Zwei Motoren hätten vermutlich ähnlich positiv abgeschnitten. Bei Geradeausfahrt zieht unsere Axopar bis auf maximal 46,6 Knoten an – eine beeindruckende Zahl für ein so großes Boot. Umgekehrt ist das hohe Tempo wegen des dankbaren Rumpfs kaum zu spüren. Wir fahren gefühlt flott, aber nicht schnell.
Diesen Effekt erinnere ich von einer früheren Fahrt. Im Jahr 2015 war ich mit einer Axopar 28 in der Cabin-Version gemeinsam mit Patric Polch auf dem Rhein bei Mainz unterwegs – zügig und entspannt. Als ich fragte, wann denn der zehn Kilometer vorm Startpunkt entfernte Weinbauort rheinabwärts rechts in Sicht komme, erwiderte mein Gastgeber nur: „Der liegt schon eine Weile hinter uns.“
Wer soll das bezahlen?
Will man mit so vielen Pferdestärken unterwegs sein? Passen 900 PS noch in unsere Zeit? Für ein Boot dieser Länge bietet die Werft die Axopar 45 XC Cross Cabin vergleichsweise – nicht in absoluten Zahlen – preisgünstig an. 514.900 Euro plus Steuern und Lieferung sind ab Werft für das Modelljahr 2023 zu zahlen. Die drei V8 von der Tankstelle sind im Preis inbegriffen.

Besonders durstig zeigen sich die V8-Motoren von Mercury Marine nicht. Viitala rechnet vor: Bei Cruiser-Fahrt zwischen 2.500 und 4.500 Motorumdrehungen pro Minute verbraucht das Gespann weniger als fünf Liter Sprit je nautischer Meile. Erst oberhalb von 35 Knoten und 5.000 U/min geht der Verbrauch deutlich hoch. Bei V/max von 5.760 U/min und 46,6 Knoten notieren wir 5,43 Liter pro Seemeile. Merke: Wir sprechen von einem Fahrtenboot, keinem Racer.
Für Propeller-Experten: Mit den alternativ aufgezogenen Propellern Mercury Revolution 4 20″ liegen die Tempowerte geringfügig niedriger, der Verbrauch bei unserer Axopar 45 XC höher. Grund für 6,2 Liter Benzin pro Seemeile sind die höheren Drehzahlen von 6.050 U/min. Dennoch bleibt unser Boot in dieser Konfiguration rund 2,5 Knoten langsamer.
Erstaunen innen und außen
Eine Frage stand als Elefant im Raum respektive auf der Pier: Sind 45 Fuß für ein Familien- und Sportschiff nicht ein bisschen groß? Axopar-Mitgründer Jan-Erik Viitala beantwortete es direkt vor Ort.