

Auch Andreas Schöchl, der neue Werftchef von Sunbeam Yachts, hat diese Vorstellungen hinterfragt. Er hat sich umgeschaut in seiner Altersgruppe um die 40 Jahre, mit Segelfreunden gesprochen, Segler bei der Nutzung ihrer Boote beobachtet, Fragen gestellt. Heraus kam ein etwas anderes Bild: Segeln ja, aber nicht den ganzen Tag. Lieber zusammen mit Freunden ein paar Stunden und dann mit der Familie auf dem See ankern, lesen, schwimmen, essen und trinken.
Zeit und Spaß auf dem Wasser haben, ausruhen – entspannt und fernab vom Trubel nach einer stressigen Arbeitswoche. „Was entspannt mehr, als auf dem Wasser zu sein?“, fragt Dirk Weißenborn, der selbst regelmäßig mit Familie auf dem Bodensee segelt. Das sieht auch Yachtdesigner Kiska so. Er fährt selbst zwar Motorboot, macht damit aber Urlaub auf dem Wasser und kann so die typische Nutzung von Booten durchaus beurteilen.

Käufer einer Sunbeam 32.1 sind meist Unternehmer – sie verdienen gut, sind aber nicht reich an Zeit. Um die wenige Freizeit mit der Familie auf dem Wasser zu verbringen, braucht es also ein Segelboot, das beides kann: gut Segeln und Spaß machen, damit alle mitkommen. Denn eine Segelyacht kauft man nicht allein, die Entscheidung treffen immer Mann und Frau gemeinsam, und die Kinder sollen es ja auch wollen.
Vater und Sohn – nebeneinander am ersten Doppelruder
Diese unterschiedlichen Interessen wollte Andreas Schöchl auf einem Boot zusammenbringen. Passend zur Werftübernahme der 70 Jahre alten Familienwerft am Mattsee im österreichischen Salzkammergut hat der studierte Produktmanager der Traditionswerft mit der Sunbeam 32.1 eine neue, seine Handschrift gegeben. Die dafür 2021 gegründete Firma heißt Sunbeam Watersports GmbH. Nur die erfolgreichsten drei Modelle hat er für die Zukunft der Marke mitgenommen: die Sunbeam 22.1, 28.1 und die neue 32.1. Und natürlich seinen Vater Manfred Schöchl mit dessen langjähriger Expertise als Chef der Schöchl-Werft. Er ist im neuen Unternehmen der Technikchef.

Zur Werftübergabe machen Vater und Sohn bei der Entwicklung der Sunbeam 32.1 gemeinsame Sache. Für Manfred Schöchl ist dies nach mehr als 30 eigenen Entwicklungen sein letzter großer Paukenschlag. Im Januar 2021 hat er das Ruder an Sohn Andreas übergeben.
Viel Mut für den radikalen Entwurf
Zusammen gehen die beiden zu Gerald Kiska, dem österreichischen Industrial-Designer in Salzburg. Kiska hat schon mit anderen österreichischen Familienwerften, wie Frauscher und Marian, eine eigene Designsprache entwickelt. Der Designer fragt die Schöchls, wieviel Mut sie aufbringen wollen. Viel sollte es sein, antworten sie und die Entscheidung fällt auf den radikaleren Entwurf. „Wir trauen uns etwas, weil das immer funktioniert hat“, sagt Bootsentwickler Manfred Schöchl. „Es muss ja auch ein bisschen halten“, ergänzt Andreas Schöchl. „In der Not ist der Mittelweg der Tod“, schließt Kiska. Und meint damit, dass eine mittelständische Familienwerft sich abheben muss aus der Masse, um Bestand zu haben.

Am Telefon erklärt Gerald Kiska gegenüber float: „Heute wird ein Segelboot zu einem Viertel gesegelt, und dann wird etwas anderes gemacht. Man muss dem anderen also genauso viel Aufmerksamkeit bei der Entwicklung des Boots schenken wie dem Segeln selber. Wenn man diese unterschiedlichen Bedürfnisse gleich wertet, muss man nicht nur ganz neu denken, man muss auch Kompromisse schließen.“
Aber Kompromisse sind kaum spürbar, das Boot segelt ausgezeichnet. „Die Sunbeam 32.1 ist leicht, weil wir den Innenraum ausgeräumt haben“, sagt Gerald Kiska. Und deshalb springt sie auch bei wenig Wind schnell an. Das erfahren wir am Sonntag auf dem Bodensee, als wir ähnlich großen Booten einfach davonsegeln.
Loftiges Innendesign
Als nächstes fragten sich Werft und Designer bei der Entwicklung des Innenraums: Wie oft wird denn heute noch an Bord übernachtet? Auf österreichischen Seen ist Schlafen auf dem Boot zum Beispiel nicht erlaubt. Auf Binnenseen, und dafür ist dieses Boot im wesentlichen konzipiert, ist man meist nur übers Wochenende unterwegs. Da reicht ein Weekender mit vier Schlafplätzen für Eltern mit Kindern oder für zwei befreundete Paare.
Man braucht also viel Platz zum Leben und weniger Kajüten. Das gab dem Designer ganz neue Möglichkeiten, den Raum zu öffnen. Besonders stolz ist er auf die Verlegung des Motors Richtung Heck. „Solange die Maschine unter dem Niedergang thront, ist innen der Platz versperrt. Mit dem Verschieben des Motors konnten wir den Salon von diesem Klotz befreien, ihn öffnen und neu gestalten“, erinnert sich Kiska. Es war die Befreiung, um ein loftartiges Raumkonzept zu entwickeln.