Vom Neusiedler See in Österreich bis zum Plöner See in Norddeutschland ist . Ende der 1950er Jahre eingeführt, sind heute noch mehr als 450 Boote registriert. Einer, der diese Boote liebt, ist Reiner Herget. Der langjährige Jollenkreuzer-Spezialist bietet mit seiner Firma CNC-Herget nach Kundenwunsch gefertigte Ruder und Schwerter für diese Klasse an.
Und er hat den großen Wurf gewagt: Zusammen mit Yachtkonstrukteurin Juliane Hempel hat er einen neuen 16er-Jollenkreuzer entworfen. Er stellt die Kaskos bereit, die Kunden vervollständigen sie nach ihren Vorstellungen. Einer dieser Kunden ist Sven Düsener. Der Vorsitzende der 16er-Jollenkreuzer-Vereinigung ist mit seinem Neubau bei der Klassenregatta gleich auf Platz zwei gerauscht. Ein wichtiger Innovationsimpuls für die Konstruktionsklasse.
Die Vorgeschichte
Dem Ehepaar Beate und Reiner Herget aus Vöhringen war das Jollensegeln vor allem bei mehr Wind „zu sportlich“ geworden. Das Segeln wollte man aber keinesfalls aufgeben. Also schaute man sich nach einer Alternative um. Die bot sich in Form eines 16er-Jollenkreuzers. Der konnte bequem zu zweit gesegelt werden. Er hatte eine kleinere Genua und kleineren Spinnaker als ein 15er- oder 20er-Jollenkreuzer und war somit auch bei mehr Wind von Beate Herget noch gut zu handeln.
Ihr erster gebrauchter Jollenkreuzer war zwar günstig, aber wahrlich keine Schönheit. Der optische Mangel galt allgemein für die Knickspantbauweise, wenn Selbstbauer lediglich aus drei geschäfteten Sperrholzplatten einen Rumpf zusammensetzten. Im Gegensatz zu den aufwändiger herzustellenden Rundspantbooten waren die 16er ursprünglich als preiswertere Knickspant-Holzboote zum Selbstbauen gedacht.
Ihrem Ideal kam das Ehepaar Herget mit ihrem zweiten Jollenkreuzer näher. Diplom-Ingenieur Reiner Herget konnte Negativformen nach einem Nissen-Riss von der Firma Hoffmann am Dümmer kaufen. Er übergab sie einem Bootsbauer in Plön. Der stellte für Herget einen Kasko her, den dieser selbst ausbaute.
Dieses Boot segelte Herget mit seiner Frau von 2013 bis 2017. Der Nissen-Riss wies allerdings aus seiner Sicht ein paar Mängel auf. Unter anderem schwamm der Jollenkreuzer zu hoch auf und kam erst bei sehr viel Wind ins Gleiten. So kam der Wunsch nach einem neuen Riss auf.
Juliane Hempel kommt ins Spiel
Reiner Herget fragte 2017 bei Juliane Hempel an, Yachtkonstrukteurin aus Radolfzell am Bodensee mit einem weiteren Büro in Kiel. Selbst Besitzerin eines von ihr gezeichneten 20er-Jollenkreuzers, war sie sofort begeistert von der Aufgabe. Man traf sich zu einer Besichtigung des alten Bootes und traf Absprachen bezüglich der Änderungen.
So weist der Neue einen geringeren Kielsprung auf, ferner sind die Knicke im Unterwasserschiff breiter. Im Hinblick auf die Bauvorschrift wurde auch die Option R 5000 realisiert. Das bedeutet, dass die Flächen des Querschiffs nicht gerade sein müssen, sondern einen gewissen Radius aufweisen dürfen, also gewölbt sind.
Wobei die Krümmung der Spantquerschnitte über die ganze Außenhaut, vom Spiegel bis 5,60 Meter (Spant 7) gleich oder größer als R = 5,000 m sein kann. Man könnte Sperrholz eventuell ja biegen, aber Reiner Herget wollte nicht in Holz bauen.
Wenige Millimeter, große Auswirkungen
Also galt es, die erlaubten Toleranzen auszunutzen. Es gibt Millimeter-Toleranzen in den Knicken – ganz kleine Radien, die einzuhalten sind. Die Flächen brauchten nicht wie bei einem Holzboot „abwickelbar“ zu sein. Juliane Hempel: „Wir konnten die Platten also noch ein bisschen dreidimensional biegen im Rahmen der Toleranzen. Das macht den Spielraum etwas größer und das Boot vorne auch ein bisschen gefälliger. So gibt es nicht überall so hohle Wasserlinien.“

Die Rundungen dürfen nicht größer sein, da man sich im Millimeterbereich bewegt, damit es passt. Der Nissenrumpf – so um die 20 Jahre alt – war aus Sicht Hempels eigentlich ein schönes Boot, aber eher ein Leichtwindboot. Der Rumpf war hinten etwas schmaler. Der neue Riss ist vorne etwas schlanker, hinten etwas breiter und mehr fürs Gleiten ausgelegt.
Anspruchsvolle Konstruktion
15er- und 20er-Jollenkreuzer sind im Vergleich zum 16er ganz andere Boote. Der 16er war schon anspruchsvoll in den Vorgaben, verriet uns Hempel. Viele Zeichnungen wurden gemacht, verschiedene Varianten probiert, wie sieht das alles bei Krängung aus? Sie musste auf verschiedene Maße achtgeben. Bei einem Knickspanter mit Kunststoffrumpf musste in den Millimeter rein konstruiert werden, was nicht so einfach schien. „Das haut man nicht einfach mal so raus!“
Der Mast wurde weiter nach hinten gestellt, weil das Boot vorne sehr schlank ist. Dadurch liegt es, so Hempel, besser auf dem Ruder, die Lateralflächen sind ausgewogener mit der neuen Maststellung, der Ruder- und Schwertposition. Das Ergebnis kann sich jedenfalls sehen lassen und soll der Klasse neuen Aufschwung verleihen.
Die ersten Rümpfe entstehen
Nachdem die Konstrukteurin die 3D-Konstruktion abgeliefert hat, baute Reiner Herget zunächst ein 1:1-Modell. Hierfür wurden Spanten mit einem Untermaß von 20 Millimeter gefräst, das Ganze zunächst in Holz und dann mit PU-Hartschaum beplankt und mit einer 5-Achs-Fräse überarbeitet.

Nach Schleifen und Lackieren wurde hiervon eine Negativform abgenommen. „Ein paar Freunde haben mir dabei geholfen. Wir haben zu viert zehn Stunden laminiert, dann war es endlich soweit.“
Den ersten Rumpf hat Reiner Herget als Massivlaminat im Vakuum-Infusionsverfahren für sich selbst gebaut. Der zweite Rumpf ging an den langjährigen 16er-Segler Wilhelm Beckmann, der den Rumpf in der Bootswerft von Jens Dannhus hat ausbauen lassen. Wilhelm Beckmann war vor allem von der Geschwindigkeit raumschots begeistert.