Eine Merry Fisher mit Flybridge? Was die französische Werft Jeanneau dazu veranlasst hat, die eigentlich kompakten Familienbooten vorbehaltene Modellreihe in Länge und Höhe auszubauen, ist klar: Länge läuft. Wir haben kürzlich nun das größte – und höchste – Modell an der französischen Mittelmeerküste kennengelernt, die Jeanneau Merry Fisher 1095 Fly.
Dass Länge läuft, gilt nicht nur für die Rumpfgeschwindigkeit, sondern im übertragenen Sinne auch für die sich wandelnden Wünsche von Menschen, die aktuell über den Kauf eines Bootes nachdenken. Acht Meter sind heute das, was vor zehn Jahren noch sechs Meter waren: die Einstiegsgröße.
Entsprechend hat auch die Mittelklasse heute Abmaße oberhalb der Zehnmetergrenze. Auch bei Merry Fisher – der Lieblings-Serie der Deutschen, wenn es um Jeanneau-Motorboote geht – wird alles größer. Es geht hin zum waschechten Reiseboot. Aus der so charmanten wie treffenden Beschreibung für diese Boote, „pêche-promenade“ (französisch für Fischen und Promenieren), können wir das Wörtchen „pêche“ getrost streichen.
Länge läuft, und Höhe auch
Nun kommt also die MF 1095 mit Oberdeck, genannt Merry Fisher 1095 Fly. Auf dem Zehn-Meter-Boot geht es zu wie an Bord einer „richtigen“ Flybridge-Yacht. Das Boot kommt zwar aus der Tradition der Tagesboote, ist aber in seiner aktuellen Form ein richtiges Schiff für den Familienurlaub.

Was die Fly-Version gegenüber der 2018 vorgestellten Merry Fisher 1095 – ohne Dachgeschoss, nennen wir sie einfach Coupé – unterscheidet, ist das Mehr an Platz. Eine ganze Etage kommt hinzu. Mit den spektakulär geräumigen Privaträumen ganz unten und den ordentlich dimensionierten Bereichen auf dem Hauptdeck hat sie drei Ebenen, auf denen es sich vortrefflich reisen lässt.
Oben ist alles auf Funktionalität getrimmt
Alles ist zwar eine Nummer kleiner als bei der Schwestermarke Prestige, die für ihre Flybridgemodelle bekannt ist. Aber alles ist da, was man sich wünscht, wenn man auf dem Wasser in der Ober(deck)klasse unterwegs ist. Auf dem Dach der Merry Fisher gibt es von dem einfachen, aber vollständig ausgestatteten Fahrstand den direkten Blick auf das Geschehen im Bugbereich.
Zur Orientierung und Kontrolle dient das Multifunktionsdisplay von Garmin, fürs Vorankommen der Doppelgashebel von Yamaha. Von Yamaha stammt auch das Motorendisplay, das am Außenfahrstand – wie unten beim Hauptfahrstand – als weitere Anzeige verbaut ist.
Oben hat Jeanneau bei der Merry Fisher 1095 Fly alles auf Funktionalität getrimmt. Ein Tisch lässt sich hier, neben der breiten Luke, einsetzen. Eine große Liegewiese zum Sonnenbaden für zwei Personen ist auch da. Alle in allem ist das Dachgeschoss der ideale Ort, um beim Blick übers Meer den Apérol, Sundowner oder Schlürschluck zu genießen.
Die Kinder würde ich bei Sturm nicht oben aufs Dach lassen.
Bei dem Nach-Sturm-Wetter, dass wir am Testtag haben, würde ich allerdings nicht die Kinder oben aufs Dach lassen. Denn bei starkem Wellengang rollt das Boot doch merklich – also anders als üblicherweise bei glatter See oder auf Binnengewässern.

Drum geht’s wieder hinunter, über die breite Bordleiter ins Achtercockpit. Wenn das gute Stück nicht benötigt wird, lässt sich die ausgestellte Leiter flach machen und an der hinteren Wand des Deckshauses Platz sparend verstauen.
Ist die Leiter somit aus dem Blick, wird die Größe des Heckbereichs offenbar. Hier, am zentralen Tummelplatz, steht auch die große Sitzbank in L-Form. Sie bietet Platz für fünf Personen, wenn der Tisch montiert ist. Anders als bei der Cap Camarat 12,5 WA und anderen Tagesbooten ist jedoch die Bordbar – mit Kühlschrank, Grill und Eiswürfel-Maschine – nicht unter freiem Himmel platziert.
Inside Merry Fisher
Die Bordküche der Merry Fisher 1095 Fly hat Jeanneau im Salon untergebracht, hinter der dreigeteilten Schiebetür. Hier ist auch ein ordentlich dimensionierter Esstisch untergebracht, um den herum zwei einander gegenüberliegende gepolsterte Bänke stehen. Das Kaffeeplätzchen. Davor ist rechts, ganz klassisch, der Steuerstand.


Das Boot besitzt, wie die von uns direkt nach der Premiere getestete Merry Fisher 895, eine Seitentür direkt neben dem Steuerstand. Damit hat der Steuermensch optimale Bewegungsfreiheit, um über das tiefe Gangbord auch solo anzulegen.
Immer wieder schön zu sehen ist, wie das Bett für unerwartete Gäste in den Salon integriert ist. Bei der Jeanneau Merry Fisher 1095 läuft der Aufbau schneller als beim Bedienen eines Klappsofas.