Und Friedrich Deimann ist der Einzige, der sie professionell verarbeiten kann. Weil er sich schon lange damit auseinandersetzt.

Naturfaser statt Glasfaser
In Bremen holt uns der Bootsbauer persönlich vom Bahnhof ab. Die Partner begrüßen sich auf Augenhöhe – übrigens nicht nur als Partner: Sie sind mit zwei Metern Körperlänge auch nahezu gleich groß. Wir fahren in den Europahafen, wo die Flax 27 auf uns wartet. Im Sonnenlicht erscheint der braune Flachsfaser-Rumpf wie in 3D.
Flachsfaserverbundstoff besteht aus Flachsfasern. Viele kennen sie, weil daraus der altbewährte Bekleidungsstoff Leinen hergestellt wird. Flachs hat den Vorteil, dass bei der Herstellung deutlich weniger CO2 entsteht. Während des Wachstums wird – so wie bei jeder Pflanze – sogar CO2 gebunden. Die technologisch hochwertigen Gelege kommen aus Schweiz. Dort ist man in der Entwicklung neuer Flachsgelege am weitesten.

Flachsfasergelege sind Hightech
Friedrich Deimann experimentiert bereits seit 2009 mit nachhaltigen Materialien aus Flachsfasern. Dabei hat er auch mit dem Bionik-Innovationszentrum der Hochschule Bremen zusammengearbeitet. Hier wurde – float hat darüber berichtet – sein Flachsfaserverbundmaterial auf Stabilität und Haltbarkeit getestet.
Im verwendeten Green-Epoxidharz werden die auf Mineralöl basierenden Ausgangsstoffe durch Leinöl ersetzt, das spart mehr als 80 % Energie bei der Herstellung. Die Flachsfasern haben außerdem den Vorteil, dass sie das Epoxidharz vollständig aufsaugen. Die geringere Zugfestigkeit des Materials wird durch das deutlich geringere Gewicht der Flachsfaser ausgeglichen. Das Harz hat überdies eine deutlich bessere Anhaftung an der Faser durch die rauere oder größere Oberfläche.

150 Kilogramm unter Plan
Der Rumpf der Flax 27 hat einen Sandwichkern aus recyceltem PET mit Plastikflaschen als Schaum-Kern, der im Vakuuminfusionsverfahren hergestellt wird. Deimanns Anspruch ist es, durch diese Methodik das optimale Verhältnis zwischen Harz und Fasern zu erzielen. Die neuen, optimierten Fasertypen – biaxiale und undirektionale Gelege – können die einwirkenden Kräfte hervorragend verteilen. Durch die exakte Berechnung der Laminat-Auslegung von judel/vrolijk & co ließ sich die Trag- und Zugfähigkeit sehr genau berechnen. Das führte zu einer geringen Streuung, und Deimann konnte dadurch materialsparender arbeiten.
Denn es geht dem Bremer Bootsbauer auch darum, so wenig Epoxy wie möglich zu verwenden. Nicht nur aus Umweltgründen, sondern auch um möglichst viel Gewicht einzusparen und so die Segelleistung zu optimieren. Bei der Flax 27 ist das gelungen: Das Boot wurde noch leichter als zuvor berechnet, bei gleicher Stabilität ist es 150 kg leichter.

Material- und Designsprache aus einem Guss
Friedrich Deimanns Ziel war es immer, eine Kombination aus klassischer Form und innovativen nachhaltigen Materialien zu kreieren. Durch die organische Faser entsteht die natürliche Optik, das passt hervorragend zum klassischen Rumpf. Gerade weil die Naturfaser ein technisches Highend-Material ist, entsteht eine Lebendigkeit im Material, die es mit Holz gemeinsam hat. Das macht es edel und harmonisch.
Für das Deck verwendet er recycelten Korkverschnitt. Der ist nachhaltig und besonders widerstandsfähig, hat Deimann herausgefunden. Neben der Expertise, die er als umweltbewusster Bootsbauer inzwischen hat, betrachtet er sich auch als Handwerker, der größten Wert auf saubere Verarbeitung und kluge, sinnvolle Lösungen legt.

So funktioniert Sponsoring
Das war es auch, was Michael Ernst überzeugte, um als Eigner und Teilhaber der Flax-27-Serie in das Projekt einzusteigen. Um den Formbau der Flax zu finanzieren und damit das Boot in Serie produzieren zu können, brauchte es seine finanzielle Unterstützung. Vereinbart ist, dass er seine Investition bei jedem weiteren Bootsverkauf anteilsmäßig zurück erhält.
Eine Kleinserie von zehn Booten will Friedrich Deimann bauen – zwei Boote pro Jahr Jahr. So funktioniert modernes Sponsoring. Auch die schwedische Foil-Motoryacht Candela konnte nur mit der finanziellen Unterstützung eines Privatsponsors gebaut werden, der an das Projekt glaubt und so die Entwicklung ermöglicht.

Für beide Beteiligten des Flax-Projekts ist die Zusammenarbeit bereichernd: Bootsbauer Friedrich Deimann könnte ohne die finanzielle Unterstützung keine neuen Modelle entwickeln, Michael Ernst wiederum hat gemeinsam mit dem Greenboats-Werftchef sein Traumboot bauen können.
Man möchte die Flax fühlen
Es geht allen so, die das Boot zum ersten Mal sehen: Man möchte es anfassen und fühlen. Die Haptik der Flax 27 ist Teil des Segelgenusses. Das Korkdeck ist weich, warm und rutschfest. Es ist pflegeleicht und eine schöne und nachhaltige Alternative zum Teakdeck. Die Oberfläche ist so glatt wie bei einem Holzboot.