Kreuzfahrt kann auch anders gehen. Für sechs Passagierschiffe der norwegischen Reederei Hurtigruten wird es biogasfähige Kraftstofflösungen geben. Die Linie ist für ihre Routen entlang der norwegischen Küstenlinie bekannt. Ungewöhnlich ist das Ausgangsmaterial für den Brennstoff, mit dem das System für nachhaltige Kreuzschifffahrt betrieben werden soll: Lebensmittelabfälle, und zwar besondere.
Maßanzug für jedes Schiff
Die biogasfähigen Brennstoff-Gas-Versorgungssysteme (FGSS) werden in die schon existierenden Hurtigruten-Fahrgastschiffe eingebaut. Der Aufwand ist beträchtlich: Für jedes Schiff entwickelt und konstruiert der Marineausrüster Høglund ein maßgeschneidertes Tank- und FGSS-System. Die Herausforderung: Die Anlage soll sowohl für den Betrieb mit flüssigem Erdgas (LNG) als auch mit verflüssigtem Biogas (LBG) optimiert sein.

Hurtigruten, die auch so genannte Expeditionskreuzfahrten in die Arktis und Antarktis anbieten, will die neuen Gas-Systeme in Verbindung mit großen Batteriepacks an Bord seiner Schiffe einsetzen. Sie sollen die älteren Motoren ersetzen, die bisher mit konventionellem Schiffsdiesel (MGO) betrieben werden. Das übliche Schweröl setzt Hurtigruten nach Angaben eines Sprechers gegenüber float seit Jahren nicht mehr ein. Schweröl gilt als eine der Hauptgründe für die starke Umweltverschmutzung durch Kreuzfahrtschiffe.
Leistung durch Lebensmittelabfälle
Umgesetzt wird das Projekt für Hurtigruten von Hamburg aus. Federführend ist die in der Hansestadt ansässige Firmentochter Høglund Gas Solutions. Mit dem Projekt werden erstmals große Passagierschiffe auf LBG umgerüstet, heißt es von Høglund. Bis 2021 sollen die sechs Hurtigruten-Schiffe bereit für den Betrieb mit Biogas sein. Als Treibstoff für Verkehrsmittel wird Biogas bisher in kleinem Umfang bei Bussen eingesetzt.
Das Gas wird ohne den Einsatz von fossilen Brennstoffen gewonnen – aus organischen Abfällen – konkret aus Lebensmittelabfällen. Kein Scherz: Insbesondere verrottender Fisch soll für die nachhaltige Kreuzschifffahrt sorgen. Norwegen, so die Argumentation der Reederei, verfüge über eine große Fischereiwirtschaft, die eine konstante Menge organischer Abfälle produziert. Ob das in Zeiten der weltweiten Überfischung wirklich nachhaltig ist, ist zumindest fraglich. Immerhin: Auch andere Lebensmittelabfälle sollen für das Hurtigruten-Projekt zum Einsatz kommen.
Branche im Wandel
2018 hatte Hurtigruten als erste Kreuzfahrtgesellschaft der Welt alle „unnötigen“ Einweg-Kunststoffe in der Flotte von Expeditionsschiffen verboten. Vom Strohhalm über Trinkbecher bis hin zu Plastiktüten wird seitdem alles durch Papier, biologisch abbaubare Materialien und andere nachhaltige Alternativen ersetzt.
Zurzeit lässt die norwegische Reederei drei Hybrid-Expeditionskreuzfahrtschiffe mit Elektroantrieb bauen. Den Anfang macht die Roald Amundsen. Ab diesem Jahr wird jedes Jahr eines davon in Dienst gestellt. Inzwischen gibt es auch richtig dicke Pötte, die ausschließlich elektrisch angetrieben werden. So hat die schwedische HH Ferries Group zwei ihrer 238 Meter langen Autofähren zu E-Schiffen umbauen lassen.
Fähren mit Brennstoffzellen gibt es schon: Die Fähre „HySeas III“ soll ausschließlich mit Wasserstoff aus ökologisch erzeugtem Strom angetrieben werden und ab 2021 den Verkehr zwischen den schottischen Orkney-Inseln aufnehmen. Die „Tycho Brahe“ und „Aurora“ fahren schon jetzt elektrisch zwischen Helsingborg (Schweden) und Helsingör (Dänemark).
