Der Wecker schnarrt, es ist fünf Uhr am Morgen. Was für ein Job. Gestern Abend fragten mich meine Kinder, was ich heute machen werde. „Ein Tag auf dem See“, sagte ich, erntete neidische Blicke – und verschwieg: nicht auf dem Wann- oder Müggelsee – nein, auf dem Genfer See. Lustig, dachte ich da noch. Gruselig, denke ich jetzt. Um 6.30 Uhr wanke ich auf dem Flughafen Berlin durch die Kontrolle. Und starre auf eine Anzeige: „Flug 45 Minuten verspätet.“ Oh, Boy!
Keine drei Stunden später stehe ich auf dem Gelände der Blanchard Marina am Ufer des Lac Léman. Und starre aufs französische Ufer gegenüber. Dazwischen: blau überall, der Himmel, die Berge am Horizont, die glucksenden Wellen. Was für ein Bühnenbild für die neue Bayliner M19, die sich da blendend weiß auf dem Wasser wiegt. Davor Bayliner-Manager Sylvain Perret. Er versucht die Sonne zu überstrahlen. Gelingt ihm auch fast.
Die Bayliner M19 ist erst einmal einfach ein kleines Motorboot. Sie ist aber auch ein kleines Wunder. Nicht vergleichbar mit dem Lac Léman, den Berggipfeln, der Herrlichkeit der Natur, gewiss, aber für sich erstaunlich. Das fängt an mit der Größe: 5,79 Meter lang, ist sie ein Einsteiger-Boot, in das aber bis zu neun Personen (US-Norm) passen. Für acht Passagiere bietet der Bowrider – traditioneller Name für Motorboote, bei denen man auch im Bug „reiten“, also mitfahren kann – in Europa Sitzplätze.
„Bei Presseveranstaltungen müssen wir uns immer zurückhalten, keine Konkurrenzprodukte zu nennen. Hier ist es einfach: Die M19 hat einfach keine Konkurrenz!“, sagt Sylvain strahlend. Bayliner, so erklärt er, geht damit zurück zu den Ursprüngen. Das Boot richtet sich an Einsteiger. „Viele Bootswerften wachsen und wachsen, bieten Kunden mit zunehmenden Ansprüchen immer größere Boote an – wir konzentrieren uns hier auf die Erstkäufer.“ Nach dem Motto: „Bring’ die Leute aufs Wasser.“
Familien sind die Zielgruppe
Bayliner könne in diesem Zusammenhang auf unzählige Kundenberichte verweisen: Menschen, die mit einem kleinen Boot einstiegen und sich nach und nach zu größeren Modellen steigern. Und dann hoffentlich bei Bayliner bleiben. So definiert die US-Werft die Zielkundschaft für die Bayliner M19 auch als „junge Leute, Paare, Familien mit Kindern“. Denn das zweite kleine Wunder ist die perfekte Lage im Wasser. „Es liegt flach wie ein Brett, wie ein Katamaran“, beschreibt es Sylvain Perret.
Krängung sei damit kein Thema mehr: „Sie müssen nicht das Bier festhalten, wenn drei Passagiere spontan zu Ihnen auf die Backbordseite laufen, um eine Ente zu füttern.“ Das macht die spezielle V-Form des Unterwasserschiffs, die fast schon eine W-Form ist. Der Rumpf, erklärt der Brunswick-Mann, sei in Grundzügen von der kleineren Bayliner M17 übernommen und optimiert worden. „Ideal für Binnengewässer.“
Von vorn sieht das so aus, also ob am eigentlichen Rumpf noch rechts und links zwei kleinere dranhängen, wie die Schläuche bei einem RIB. Und wie beim RIB bringen sie Komfort und Sicherheit. Überhaupt ist Sicherheit der zugrundeliegende Gedanke: „Noch vor dem Rumpfdesign wurde an maximale Sicherheit gedacht.“

Picknicktisch fürs Vorschiff
Dazu gehört neben der Lage im Wasser auch die Höhe der Bordwand: Um die 60 Zentimeter beträgt sie vorn wie hinten und ebenso an den Seiten. „Gut für Familien mit kleinen Kindern.“ Ebenso wie der üppige Stauraum: vorn unter den Sitzplätzen im Bug, hinten unter den achteren Plätzen, mittig in der Steuerkonsole. In der Bugsektion kann ein – optionaler – Tisch eingebaut werden, dann wird die Bayliner M19 zum schwimmenden Picknick-Platz.
Es gibt aber auch eine gepolsterte Mittelsektion, die den gesamten Bug in eine Liegewiese verwandelt. Sogar ein kleiner Hohlraum unter der Liegefläche entsteht, in dessen Schatten die Kleinsten eine Ruhepause machen könnten. Im Heck sind die Rücklehnen der Sitze verschiebbar. Daran gelehnt, können drei Passagiere beim Baden die Beine ausstrecken oder unterwegs in Fahrtrichtung schauen. Und das ist empfehlenswert: Die Bayliner M19 wiegt inklusive 115-PS-Außenborder von Mercury nur 1.088 kg – gibt der Skipper dem kleinen Boot die Sporen, zischt es ab wie gekniffen.
Das probieren wir auch gleich aus. Die Bayliner M19 ist bereit zum Ablegen: Sylvain startet den Motor, brummelnd entfernen wir uns vom Steg. Bei der Konzeption wurde – anfängergerecht – auch an einfaches Handling gedacht. Daher gibt es in der Grundausstattung mechanische Steuerung von Smart Craft. Die lässt nichts zu wünschen übrig, die Bayliner M19 reagiert prompt auf Rudereingriffe. Im nahen City-Sportboothafen holen wir einen Kollegen ab. Vorbei geht es am Boot der Seenotrettung, „Odyssee II“ genannt. Sylvain weiß auch nicht, was mit dem Vorgänger passiert ist …