Der Große Goitzschesee. Nichts erinnert mehr daran, dass hier einst Braunkohle abgebaut wurde. Heute ist es der größte See eines Seengebiets, das aus dem ehemaligen Braunkohlentagebau Goitzsche in Sachsen-Anhalt hervorgegangen ist.
Der See vor den Toren der Stadt Bitterfeld ist zu einem landschaftlichen Juwel geworden und ein Paradies für Wassersportler. Dass auf dem Grund des Sees noch nach Bernstein geschürft wird, der dann in den Ostseebädern als lokaler Fund verkauft wird, sei nur am Rande erwähnt.
Wir wollen die Gruben 17 segeln. Gebaut von BTM Marine Wassersport in Bitterfeld, nachdem ihr Chef Helmar Becker vor drei Jahren die Formen und Rechte von der ehemaligen Bootswerft Gruben aus Markdorf am Bodensee gekauft hat. Die hatte zum Ende 2022 nach über 53 Jahren den aktiven Betrieb eingestellt.
Problemlos ist das Stichwort
Als „Freizeit und Familienjolle“ wird sie beworben. Das klingt zunächst nicht sehr aufregend. Und soll es auch gar nicht sein. Kentersicher und unsinkbar sind die Attribute, mit denen der Fokus auf eine bestimmte Klientel gelenkt wird: Familien, die auf dem Wasser hauptsächlich eines im Sinn haben: ein bisschen segeln, Freizeit genießen, Entspannung suchen.
Da zählt vorrangig zunächst ein problemloses Aufriggen. Becker: „Wenn ich ohne Quatschen alleine arbeite, habe ich das Ding nach zehn Minuten im Wasser segelfertig.“ Das ist ein Wort – und nach zehn Minuten bestätigt.

Becker rüstet die Gruben 17 wie bei seiner von ihm gebauten Ixylon mit dem leichten Proctor-Seldén-Mast aus. Also auch hier: Mast tragen, stellen und legen klappt mit nur einer Person, selbst wenn die nicht besonders kräftig oder sportlich ist. Das Boot auftakeln ebenfalls und alles ohne Werkzeug und Hilfe. Auch das Slippen, Einsteigen und Ablegen machen kein Problem.
Keine Übertreibung! Angst zu haben braucht niemand, der die Jolle besteigt. Trotz Wellenschlag schaukelt sie kaum am Steg, krängt kaum, selbst wenn man seitlich aufsteigt. Originalton Becker: „Selbst wenn die Oma dabei ist, die 85 ist, fällt die dann nicht vom Boot runter.“
Ein 40-Kilogramm-Edelstahlschwert als Ballast sorgt dafür. Früher aus normalem Stahl hergestellt und lackiert. Heute aus V4A-Stahl gefertigt, rostfrei und Salzwasser-beständig. So wäre auch ein Urlaubstrip auf dem Meer problemlos. Das Ballastschwert lässt sich mittels sechsfach geschorenem Flaschenzug leicht aufholen. Aus Edelstahl ist ebenfalls die montierte vierstufige Badeleiter, die Motorhalterung ist schwenkbar. Trotz bester Badebedingungen werden wir aber beides nicht gebrauchen. Wir wollen nur segeln.
Segelgedöns ist Standard
Helmar Beckers Ansatz ist der, „das ganze Segelgedöns, was ein Segler braucht“, also vom Verklicker über den Niederholer, Windbändseln in den Segeln, Rollfock, Vorliekstrecker, Unterlieksrecker, serienmäßig anzubieten. Ebenfalls die Badeleiter und klappbare Motorhalterung.

Serienmäßig sind auch die zwei Reffreihen im Groß, falls man mal bei mehr Wind los will. Nachdem die Fock und das Groß gesetzt sind, verschwinden die Fallen in einer Fallentasche und halten das Cockpit frei. Und wenn man unterwegs mal Hilfe braucht: Auch an eine Schleppöse am Bug ist gedacht. Wir brauchten sie nicht!
Besonderen Wert legt Becker auch darauf, dass ebenfalls ein Pinnenausleger Teil des Serienumfanges ist. Auf den Hinweis, dass das ja nicht bei jedem Anbieter so sei, kommt mit der Entgegnung der engagierte Segler durch und nicht nur der Verkäufer: „Naja, also selbst in der Gruben würde ich ja nie nur mit der Pinne steuern, sondern immer mit dem Ausleger.
Und: „Es gibt genügend Leute, die auf dem Achterdeck sitzen und nur die Pinne in der Hand haben. Aber das könnte ich mit meiner Seglerehre nicht vereinbaren, so ein Boot ohne Pinnenausleger auszuliefern. Das würde bei mir nie in der Aufpreisliste stehen. Das muss einfach dabei sein!“
Handzahme Bedingungen
Die Windverhältnisse am Testtag sind mäßig und pendeln sich zwischen 6 und in Böen 12 Knoten (3 bis 4 Bft.) ein. Ein kurzer Zug an der Fockschot und das nur 4,3 Quadratmeter große Vorsegel ist ausgerollt. Die Größe lässt sich auch bei mehr Wind ohne große Anstrengungen von meinem jungen Mitsegler leicht bedienen. Außerdem ist der Schwertkasten niedrig genug, sodass man bei Wenden leicht auf die andere Seite steigen kann.