Vor einem halben Jahr haben wir auf float das Projekt Elektra vorgestellt, ein hybrides Kanal-Schubboot, das mit einer Kombination aus Brennstoffzellen, Akkumulatoren und einem elektrischen Antrieb läuft. Die technologische Weltpremiere geht im Oktober in Bau. Entwickelt wurde das Boot an der Technischen Universität Berlin unter Leitung von Professor Gerd Holbach am Fachgebiet „Entwurf und Betrieb Maritimer Systeme“. float traf den Professor und Dr.-Ing., einer der führenden Forscher auf dem Gebiet nachhaltiger maritimer Antriebssysteme, zum Gespräch.
Ein Konzept auch für Fähren und Freizeitboote
Angetrieben wird das Schubboot Elektra ausschließlich durch Energie aus Brennstoffzellen und Akkumulatoren. Dieses vollelektrische, hybride Energiekonzept ist seiner Art und Anwendung nach bisher einzigartig. Und es ist durchaus übertragbar auf Behördenboote, die Fahrgast- und auch die Freizeitschifffahrt.
Wenn das Schubboot Ende 2020 ins Wasser geht, wird es zunächst in Berlin – und ab 2022 auch zwischen Berlin und Hamburg – in die Erprobung gehen. Ab 2025 soll das Schiff im kommerziellen Betrieb zwischen Berlin und Hamburg pendeln. Unter anderem wird die Elektra Gasturbinen für Siemens transportieren. Das Besondere: Elektra fährt ab dem ersten Erprobungstag in Berlin komplett emissionsfrei. Spätestens ab 2025 soll sie auch global emissionsfrei fahren.

Bei der Elektra wird die Brennstoffzellen-Technologie für die Basis-Energieversorgung des Antriebsstrangs und für das Bordnetz genutzt. Bei Spitzenlasten wird zusätzliche Energie durch die Akkumulatoren bereitgestellt. Der Wasserstoff, der die Brennstoffzelle versorgt, wird dabei mittels Elektrolyse aus grünem Strom erzeugt, der aus Windkraft stammt. Das ist die zurzeit sauberste und emissionsärmste Energieversorgung, die wir kennen und nutzen können.
Beginnt ein neues Zeitalter emissionsarmer Bootsfahrt?
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, haben wir Professor Gerd Holbach an der Technischen Universität Berlin getroffen und uns mit ihm über alternative Energiesysteme und ihre praktische Umsetzbarkeit gesprochen.
float: Herr Holbach, welche Energiekonzepte sind heute interessant? In welche Richtung geht die Forschung?
Prof. Gerd Holbach: Da gibt es nicht nur einen Weg, sondern verschiedene, die alle ihre Berechtigung haben. Ein erster Schritt wird sein, den Diesel sauberer zu machen. Es wäre naiv, ihn jetzt sofort abzuschreiben. Nicht dass ich am Diesel hänge, aber so schnell umzurüsten ist illusorisch. Viele der neuen Techniken sind für den Markt noch nicht einsatzfähig verfügbar oder nicht bezahlbar. Für den Freizeitschiffer muss das Energie- und Antriebssystem bezahlbar bleiben. Und für Binnenschiffer in der Personen- und Frachtschifffahrt sowieso.

Als Alternative haben wir Liquefied Natural Gas, kurz LNG, also Flüssig-Erdgas. Es ist gerade in der Fracht- und Kreuzschifffahrt sehr angesagt. In der Freizeitschifffahrt sehe ich es überhaupt nicht. Denn die Peripherie, die man braucht, um LNG zu betreiben – mit Tanklastzügen und Sicherheitsmaßnahmen –, ist viel zu groß. Und die Mengen, die in der Freizeitschifffahrt benötigt werden, sind viel zu gering, um diesen Aufwand zu rechtfertigen. LNG ist auch nicht die sauberste Lösung.
Vor kurzem hat eine Forschungsgruppe der Universität Karlsruhe eine Studie zum Methanschlupf veröffentlicht. So nennt man das Gas, das in die Umwelt entweicht – bei unvollständiger Verbrennung, bei der Förderung und beim Transport von Erdgas. Messungen ergaben, dass sich die Methan-Konzentration auf der Zugspitze wegen dieses Methanschlupfs drastisch erhöht hat. Methan gilt als Klimakiller.