Wer sich in den sozialen Netzwerken in Gruppen herumtreibt, kennt die große Zahl der Fotos, die Eigner von ihren Refit-Projekten einstellen. Es vergeht, vor allem in der Winterzeit, kaum ein Tag, an dem man nicht an irgendeiner Bootsrestauration teilhaben kann. Manche kleistern einfach ein paar Macken mit Epoxidharz zu, andere stecken unzählige Stunden in ihre Schätze, und jeder noch so kleine Schönheitsfehler wird wegpoliert und geschliffen.
Es gibt gewissenhafte, schlampige, schöne, hässliche, 08/15- und 4.000-Stunden-Refits. Und es gibt Jessica Junge aus Reinbek. Bei Jessica ging es nie um technische Diskussionen, um Härter oder Lackschichten, hier ging es um etwas anderes: Mut zur Farbe. Aber der Reihe nach.
Es beginnt normal
Jessica postet im November 2016 in der Facebook-Motorboote-Gruppe die ersten Bilder ihres neu erworbenen Boots, einer 47 Jahre alten Ancas Queen, die beim Betrachter einen etwas pflegebedürftigen Eindruck hinterlässt.

Kurze Zeit später tauchen die ersten Refit-Bilder auf. Jessicas Mann, ein Kfz- Meister, hat die räumlichen und technischen Voraussetzungen, damit es ein gelungenes und fachgerechtes Sanierungsprojekt wird. Jessica hat die Idee – und was für eine! Zu diesem frühen Zeitpunkt deutet nichts darauf hin, dass das Endprodukt äußerst bemerkenswert wird.



Es folgt, was bei fotografisch dokumentierten Refits auf Facebook immer folgt: Das Boot steht in einer Halle, Einzelteile werden ausgebaut, der alte Motor fliegt raus etc. Kurze Zeit später postet Jessica Fotos von den lackierten Einzelteilen des Motors und an diesem Punkt stellen sich zwangsläufig erste Fragen. Denn Motordeckel, Schwungscheibe und anderes Metallwerk erstrahlt in leuchtendem Pink. Das ist schon mal ungewöhnlich, zumal man Motorteile in der Regel im Betrieb nie zu Gesicht bekommt. Frisch zusammengebaut bekommt man eine erste Vorahnung, wohin die Refit-Reise gehen soll.

Telemagenta
Die Bestätigung kommt ein paar Tage später, nachdem Jessica die gleiche Farbe (RAL 4010, genannt „Telemagenta“) auf den Rumpf streicht. Spätestens zu diesem Zeitpunkt öffnen sich virtuell die Münder, und sie sollen sich in den folgenden Wochen nicht mehr schließen. Fast täglich scrollt man durch die Facebook-Gruppe, um mehr Pink zu sehen. Man wird nie enttäuscht, im Gegenteil: Die Hamburgerin veröffentlicht regelmäßig Bilder, mit denen man nicht rechnet.
Natürlich war Jessica bewusst, dass ihr Projekt Aufmerksamkeit erregt und anfangs auch negative Kommentare zur Folge hat. So ein Farbkonzept setzt jedoch von vornherein ein großes Selbstbewusstsein voraus. „Sollen sich die Leute doch das Maul zerreißen. Warum immer nur weiß-blau? Das kann ja schließlich jeder ;)“
Nach und nach verstummen selbst die ärgsten Kritiker. Die Konsequenz, mit der Jessica und ihr Mann das Projekt „Pink Lady“ durchziehen, ist beeindruckend, und die handwerkliche Qualität des Refits lässt sich kaum kritisieren. „Sowohl die Innenausstattung und auch die Arbeiten am Außenschiff haben wir zusammen in Eigenregie ohne Hilfe durchgeführt. Schwierig dabei war vor allem, Stoffe und Materialien in der Farbe zu besorgen.“ Innen und außen gedeiht das Farbkonzept – vom Steuerrad bis zur LED-Beleuchtung wird das gesamte Schiff durchmagentaisiert. Sogar der Werkzeugkoffer ist pink und seit kurzem gibt es eine Magenta-LED-Lichtleiste außen am Rumpf. Die „Pink Lady“ knallt.


Als sich bei den ersten Facebook-Followern bereits Anzeichen von Gewöhnung breit machen, öffnet Jessica das nächste Fass: Sie postet ein Bild ihres Zugfahrzeugs. Der 450 PS starke AMG-Mercedes wurde bereits vor vier Jahren in RAL 4010 foliert und ist kein ganz unbekannter Wagen. Schließlich hat er es bereits auf die Seite Mercedes-Fans.de geschafft. Der natürlich mit pinkfarbenen Benz-Radkappen ausgestattete Trailer dürfte die 290 km/h Höchstgeschwindigkeit des Schwabenpfeils nicht ganz mitmachen. Optisch harmoniert das Gespann jedoch fabelhaft. Der Taufname des Benz lautet übrigens – keine Überraschung – „Pink Lady“.

Das Projekt ist mittlerweile sehr weit fortgeschritten und das knallige Schiff wird rechtzeitig zum Saisonbeginn fertig. Jessica hat auch bereits ein Ziel: „Auf dem Hafengeburtstag stehle ich der Queen Mary II die Schau!“ Dieses Konzept wird zweifelsohne aufgehen.


5 Kommentare
Liebe Kollegen,herzlichen Dank für die Erwähnung unseres Magazins in Eurem Artikel. Das ist ein tolles Projekt, was Jessica da macht und wer weiß, vielleicht zeigt sie es ja beim großen Mercedes-Treffen SCHÖNE STERNE in Hattingen. Wasser gibt es da ja auch in der Nähe. 🙂
So gut! Man muss diese Farbe nicht mögen. Aber das Konzept sehr.
Super gemacht!!! Like!
Mit dem Boot stielt Sie der Queen Mary 2 sicher die Show. Daumen Hoch
Super toll.. Weiter so.
Macht blind! Ist aber in seiner Konsequenz schon wieder geil!