Der „Weiße Schwan“ macht sich rar in diesem Jahr: Heute legt die Gorch Fock, das Segelschulschiff der Deutschen Marine, zu ihrem 175. Auslandsausbildungstörn ab. Die Fahrt endet erst im Juli, so dass der Liegeplatz im Kieler Hafen bis dahin leer bleiben wird. Also auch keine Eskorte der traditionellen Windjammerparade zur Kieler Woche vom 17. bis 25. Juni 2023.

Zu ihrem 65. Geburtstag anlässlich der Indienststellung Ende Dezember 1958 kann sie also aller Voraussicht nach im Heimathafen sein, um sich feiern zu lassen. Davor wird das runderneuerte Segelschulschiff mit 250 Offiziersanwärterinnen und -anwärtern vor Europas Atlantikküsten kreuzen. Der Törn führt erst nach Spanien und Portugal, anschließend über Irland zurück in die Nordsee.
Das Kommando auf dieser Reise hat der neue Kapitän Andreas-Peter von Kielmannsegg. „Wenn alle gesund nach Hause zurückkommen, dann wird es eine glückliche Seefahrt gewesen sein“, ist sein Motto. Und natürlich geht es um das Lehrziel, für das die Gorch Fock überhaupt gebaut wurde: Vermittlung von Teamgeist und Freude an der Seefahrt. Das hat sein Vorgänger Nils Brandt im Podcast sehr eingängig beschrieben.

Mit Nils Brandt auf der Gorch Fock
Die Gorch Fock segelt nach sechs Jahren Restauration wieder. Mit Kerstin Zillmer spricht Brandt über seine Zeit als Kapitän in den float Originals.
Brandt musste als Kommandant abwettern, was der Gorch Fock durch die kostenintensive Restaurierung an Kritik entgegenbrandete, und war der Erste, der das überholte Segelschulschiff kommandieren durfte. Es war gleichzeitig seine letzte Fahrt auf der Gorch Fock, bevor er das Schiff am 31. März 2022 an seinen Nachfolger übergab.
In drei Törns nacheinander sammeln die Kadetten im Rahmen ihrer Seemännischen Basisausbildung erste Erfahrungen an Bord des Großseglers. Darunter sind auch Kadetten aus Korea, Kolumbien, Malaysia, Frankreich, Togo, Kamerun, Benin und Senegal. An Bord des Segelschulschiffes erlernen die Lehrgangsteilnehmenden das grundlegende seemännische Handwerk. Sie erfahren in der Praxis die Bedeutung von Teamwork und Seemannschaft, bevor es für sie an die Universitäten der Bundeswehr in Hamburg und München in den akademischen Teil ihrer Ausbildung geht.
Gorch Fock erst seit kurzem wieder in Fahrt
Im vergangenen Jahr endete die vielleicht schwerste Reise der Gorch Fock – an Land: Das Schiff hatte mehrere Jahre im Dock verbracht, weil die Instandsetzung sich zu einer aufwändigen Rekonstruktion entwickelte. Am Ende war eine Werft pleite, mehrere zivile Auftragnehmer wegen mutmaßlicher Betrügereien vor Gericht und die Marine in einen Skandal verwickelt, der weite Kreise zog.
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Spinnennetz: Ein endloses Geflecht von Tauen stützt die Masten des 89 Meter langen Schulschiffs © Michael Krieg
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Pickel im Po: Genau 11.372 Nieten wurden auf den Schiffsrumpf geschweißt © Michael Krieg
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Rückwärts parkt die Gorch Fock ein, zwei Schlepper stehen zur Hilfestellung bereit © Bundeswehr / Kröncke
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Zivilisten an der Mole: Angehörige der Stammcrew warten ungeduldig auf das Anlegemanöver © Bundeswehr / Kröncke
Bis in die Politik, denn am Ende kostete die Restaurierung des Segel-Oldtimers eine so hohe Summe, dass selbst auf Regierungsebene die Argumente ausgingen. Ein Neubau hätte wohl nur ein Viertel gekostet. Das – sinngemäße – Fazit der damaligen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer bei der Einweihung: Schwamm drüber, wir können uns das leisten.

Kramp-Karrenbauer ist Geschichte, ebenso wie Kapitän Nils Brandt. So kommen und gehen die Menschen an und von Bord des inzwischen 65 Jahre alten Schiffs. Die Gorch Fock bleibt, zumindest die nächsten 20 Jahre das Segelschulschiff der Bundeswehr. Zurückerwartet wird die weiße Bark in Kiel am 7. Juli 2023.