Die drei Tanks sind von Schutzatmosphäre umgeben
Auch ansonsten gelten rigide Sicherheitsvorschriften: Maschinisten müssen antistatische Anzüge tragen, die Tanks sind von Schutzatmosphäre umgeben, in der Außenwand befindet sich Stickstoff und die Abteilung ist mit elektronischen Gasschnüfflern ausgestattet, die bei Alarm sofort die gesamte Anlage lahmlegen. Zugang hat nur eine handverlesene Gruppe von Fachleuten.
Blohm fährt mit uns eine Etage tiefer und legt den Finger auf ein eigentümliches Gerät: Per Fingerabdruck-Scan wird der Chefingenieur identifiziert, eine Schiebetür öffnet sich und gibt den Blick auf den hell erleuchteten Maschinenraum frei. Klinisch sauber, nicht ein Ölfleckchen ist wahrnehmbar. Und selbst hier hält sich der Lärm in Grenzen. „Läuft ja nur auf 30 Prozent.“
Alle zwei Wochen wird vom Tankschiff Gas gebunkert
Die AidaNova liegt aktuell im Hafen, einer der 16-Zylinder ist lediglich für die Stromerzeugung zuständig. Auch in Fahrt laufen nur höchstens zwei Maschinen. Die gesamte Anlage mit insgesamt 83.970 PS – entspricht der Power von vier ICE 4 – ist redundant ausgelegt. 800 Tonnen LNG – das Volumen von etwa 1.600 Kubikmetern – verbraucht das Schiff in zwei Wochen, dann muss wieder Gas gebunkert werden.
„Wir wären froh, wenn andere mitziehen.“
Aida vermarktet die Nova offensiv unter dem Stichwort „Green Cruising“ – will aber beileibe nicht allein der gute Umweltengel der Branche bleiben. „Wir wären froh, wenn andere mitziehen. Das würde helfen, die Kosten für die Infrastruktur schneller zu senken“, sagt Felix Eichhorn, Präsident der Reederei.
Andere Anbieter wie Hurtigruten setzen bei ihren Neubauten auf eine Kombination. Sechs schon existierende Schiffe der Norweger werden umgebaut: Sie sollen sowohl für den Betrieb mit flüssigem Erdgas (LNG) als auch mit verflüssigtem Biogas aus Fischabfällen (LBG) optimiert sein.
Gleichwohl bedeutet das Bekenntnis zum Gasantrieb einen Wandel vom Saulus zum Paulus: Noch 2011 als „dreckige Rußschleudern“ (Nabu) beschimpft, fahren die Kussmund-Schiffe in Zukunft dem Rest der Kreuzfahrtwelt voran. Eichhorn: „Es war schon immer Teil unserer DNA, Sachen anders zu machen.“
Ab 2020 gelten schärfere Schwefel-Grenzwerte
Im übrigen bemüht sich die Urlaubsmarine, die Attacken von Umweltschützern zu parieren: „Kreuzfahrtschiffe machen gerade einmal 1 Prozent der weltweiten Schifffahrt aus“, gibt Eichhorn zu bedenken. Und ganzheitlich betrachtet, sei Urlaub in dem schwimmenden Hotel bereits heute relativ nachhaltig. So verbrauche ein Gast an Bord weniger als ein Drittel der Wassermenge, die an Land durch die Leitung rauscht.
Mit dem Gasantrieb suchen Aida und der dahinter stehende Carnival-Konzern – einer der drei globalen Kreuzfahrt-Riesen – eine Möglichkeit, sich von der Konkurrenz positiv abzuheben. Eichhorn: „Darum warten wir nicht die gesetzlichen Zwänge ab.“ Die sind am Horizont durchaus in Sicht. Ab 2020 gelten weltweit schärfere Grenzwerte für Schwefel und andere Schadstoffe aus Schiffsmaschinen. Bis 2050 sollen die Emissionen der weltweiten Schifffahrt um die Hälfte sinken.
LNG ist derzeit die einzige Alternative in Reichweite – allerdings mit einem Haken: Methan ist extrem flüchtig, selbst im flüssigen Zustand diffundieren größere Mengen durch die Tankwände. Und werden zu Klimagas. Allerdings: Rund 40 Prozent der Methan-Emissionen weltweit resultieren aus der Rinderzucht. So gesehen ist der Schiffsantrieb ein relativ kleines Übel.
Seit 2014 produziert die „Hummel“ in Hamburg Strom
Die Erfahrungen mit dem Brennstoff sind noch jung: 2014 wurde im Hamburger Hafen die „Hummel“ in Dienst gestellt. Regulär zu brummen begann sie ein Jahr später: Die „LNG-Barge“ von Becker Marine Systems dient als Tank- und Generatorschiff, um Strom für festgemachte Kreuzfahrtschiffe zu liefern. Im nächsten Schritt will Aida Tankschiffe stationieren lassen, um auch deutsche Häfen mit LNG-Schiffen ansteuern zu können.