Ein weiterer Meilenstein in einem bemerkenswerten Projekt ist erreicht: Das erste emissionsfrei fahrende Schubschiff der Welt schwimmt – noch allerdings ohne vollständigen innovativen Brennstoffzellen-Antrieb. Der wird demnächst an Bord vervollständigt. Nach eineinhalb Jahren Bauzeit wurde die „Elektra“ erfolgreich in Derben (Sachsen-Anhalt) zu Wasser gelassen. Der Stapellauf geschah zwar knapp ein Jahr später als vorgesehen. „Doch wenn ich an Großflughäfen und Philharmonien denke, ist das noch vertretbar“, sagt Projektleiter Professor Gerd Holbach von der Technischen Universität Berlin gegenüber float in Anspielung auf große öffentliche Bauprojekte.
Zahllose Stapelläufe hat der gelernte Schiffbauer bereits erlebt – bleibt da noch ein Moment Ungewissheit? „Aber ja“, so Gerd Holbach zu float. Bis zuletzt könne man nicht abschließend sicher sein, ob alle Schweißnähte und Ventile dicht sind. Doch sie waren es: „Sie schwimmt sogar, wie wir es wollen.“ Damit ist gemeint, dass die 20 Meter lange Elektra ausgewogen im Wasser liegt, dass der Tiefgang insgesamt stimmt und dass weder Heck noch Bug zu tief liegen.

Schubschiff mit Hubhaus – für niedrige Brücken
Auch die Kosten blieben bisher im Lot: „Wir sind Budget-neutral, und ich bin guter Hoffnung, dass das auch so bleiben wird“, sagt der Projektleiter Gerd Holbach. 13 Millionen Euro schwer ist das Projekt insgesamt. Davon stammen acht Millionen Euro vom Bundesverkehrsministerium. Die Verzögerungen, auch entstanden durch sich während der Bauzeit überraschend geänderte behördliche Vorschriften und Corona bedingt gestörte Lieferketten verursacht, haben der Elektra sogar genützt: Holbach und sein Team entwickelten in dieser Zeit das im Bau befindliche Schiff weiter.
So gibt es nun ein kombiniertem Stülp- und Hubhaus. Die Kommandobrücke lässt sich per Hydraulik komplett hochfahren um über hohe Ladungen (Sichtstrahl des Schiffsführers) sehen zu können und absenken, um zum Beispiel besonders niedrige Brückenpassagen zu ermöglichen. Das Schiff hat jetzt auch eine größere Ankeranlage als ursprünglich vorgesehen. „Damit ist die Elektra wettbewerbsfähiger geworden“, sagt Holbach. Das emissionsfreie Schubschiff könne so deutlich größere Verbände vorkoppeln als ursprünglich geplant. Bis zu 1.400 Tonnen kann sie bewegen. Auch die Heizungsanlage wurde mit Wasser-Wärmepumpen statt Luft-Lärmepumpen deutlich innovativer und effizienter ausgeführt als ursprünglich geplant.

Doch bis dahin werden noch ein paar Monate vergehen. Nach dem Stapellauf startet jetzt der Innenausbau und die Inbetriebnahme des Schiffs. Insbesondere das Wasserstofftanksystem fehlt noch. Die Klimatechnik mit den zugehörigen Wärmepumpen dagegen hat die Werft bereits installiert. Zwei Kilometer Kabel sind inzwischen an Bord verlegt. Die Brennstoffzellen stehen schon an Deck, der Akkumulatorraum ist eingerichtet und der Batterieraum ist mit rund 250 Modulen bestückt.