Wie im Vorjahr waren weit über drei Dutzend Segelboot-Premieren aller Größen und Arten bei der weltgrößten Bootsmesse zu sehen – so als hätte es eine Krise im Yachtbau nie gegeben. So ziemlich alles, was im internationalen Luxussegment Rang und Namen hat, war am Rhein vertreten: groß, ganz groß und entsprechend teuer.
Drei, vier oder Kabinen auf 57 Fuß Rumpflänge
Bavaria Yachtbau aus Giebelstadt stellte seine Produktpalette auf einem 4.000 m² großen Stand, der Bavaria World, vor und präsentierte gleichzeitig das neue Flaggschiff, die Bavaria C57. Gezeichnet vom Italiener Maurizio Cossutti, soll die 16,73 Meter lange und mehr als fünf Meter breite Neuentwicklung nicht nur optisch den Auftakt einer neuen Linie markieren.

Beim Decklayout stehen der Crew und seinen Gästen drei Zonen zum Entspannen und Sonnenbaden zur Verfügung: direkt auf dem Vorschiff vor dem Mast, mit einer Fläche auf dem Aufbau und schließlich – für die Badebucht – auf der großen Badeplattform, die sich am Heck herunterklappen lässt und gleichzeitig eine Heckgarage für ein großes Dinghi freigibt. Wer es geschützter mag, kann es sich bei abgesenktem Tisch auch im Cockpit auf einer der zwei großen Liegeflächen gemütlich machen.


Ein Blick unter Deck zeigt, welche Optionen der Eigner hat, den Wohnraum nach eigenem Gusto zu gestalten. Eine klassische Drei-Kabinen-Version mit Eignerkabine im Vorschiff und zwei Gästekabinen achtern sowie zwei Varianten der Vier-Kabinen-Version wahlweise mit Doppelstockkabine oder zusätzlicher Nasszelle respektive einem Wirtschaftsraum mittschiffs stehen als Basisvarianten zur Auswahl.
Als weitere Alternative bietet Bavaria auch zwei getrennte Kabinen im Vorschiff an. Dabei ist es sogar denkbar, eine Fünf-Kabinen-Version zu konfigurieren. Zusätzlich lässt sich im Bug eine Crewkabine einrichten. Planen zukünftige Eigner eher eine Komfortausstattung, kann eine der Doppelkabinen achtern auch als Wirtschaftsraum mit Waschmaschine und Trockner eingerichtet werden.
Die Größte aus heimischer Produktion
Bleiben wir bei Segelyachten aus heimischer Produktion. Gleich mit zwei Deutschlandpremieren wartete Hanse Yachts aus Greifswald auf. Zu sehen gab es mit der Hanse 675 die größte je dort gebaute (und überhaupt in Deutschland konzipierte) Segelyacht, und dazu die kleinere, aber sicher nicht kleine Hanse 588. Beide Schiffe stammen aus der Feder von Judel, Vrolijk & Co. Für High-Tech und Luxus stehen beide, wobei der Anbieter seine Große als „unsere neue Königin der Meere“ anpreist. Dem kann man durchaus zustimmen. Die Formen beider Yachten sind klar, die Flächen glatt, das Deckslayout ist aufgeräumt.

Bei einer schieren Größe von 21,10 Metern kann man sich auf der Hanse 675 an zahlreichen Orten in der Sonne räkeln, beispielsweise auf dem mit Teakholz belegten Vorschiff. Wer es schattiger mag, bestellt sich ein optionales Hardtop im Cockpit dazu und kann sich und seine Gäste am Abend mit integrierten Spotlichtern beleuchten und per Soundsystem beschallen lassen. Beim Segeln lässt sich das Hardtop auch öffnen. Beide Hanse-Neuheiten haben im Heck eine große Dinghi-Garage.
Licht, Luft, Weite – die Attribute, die Hanse Yachts für seine Premieren auf Deck reklamiert, sind auch unter Deck zu finden. Dafür sorgen große Rumpffenster sowie ein langes, elektrisch zu öffnendes Panoramadach an Deck. Das Herzstück der Yacht ist die luxuriös ausgestattete und wohnlich eingerichtete Eignerkabine mit vielen Ablagen und Sideboards. Runde und so platzsparende Duschkabinen schaffen zusätzlichen Komfort, die Badflächen bestehen aus echtem Stein. Wer auch unterwegs gelegentlich arbeiten möchte oder muss, kann den Kartentisch mit dem stattlichen Bildschirm auch als Büro auf See nutzen.
Ruhe jetzt
Für Ruhe und Entspannung soll die neuste Entwicklung in der Hanse 588 sorgen, die sogenannte „Silent Master Cabin“. Um die Geräuschkulisse nicht nur in der Yacht, sondern auch von draußen zu minimieren, ist die Eignerkabine mit einer speziellen Dämmung versehen. Potenzielle Geräuschemacher haben einen Platzverweis erhalten: Bis auf die speziell abgeschirmte Klimaanlage sind alle technischen Geräte und Einbauten der Kabine in andere Yachtbereichen untergekommen.

Der Segelplan verspricht großen Segelspaß auf dem offenen Wasser: Zur Selbstwendefock gibt es – speziell fürs Langfahrtsegeln – ein geriggtes zweites Vorstag. Das schnelle Fahrtensegeln befördern soll auch das „Easy Sailing Concept“. Dabei kann der Eigner die Vorsegel mit den hydraulisch betriebenen Furling-Systemen bedienen. Natürlich bietet die Werft auch für diese Yacht ein optionales T-Top als Sonnenschutz an – mit Platz für Unterhaltungselektronik, auf die viele in dieser Preisregion nicht verzichten mögen.

Sechs Rumpffenster, ein fast 3 m² großes Panorama-Skylight und die modern und hell gehaltene Einrichtung sorgen für ein lichtes Ambiente unter Deck. Wer die Wahl hat, hat hoffentlich nicht auch die Qual: 72 Kombinationsmöglichkeiten für die Ausgestaltung des Interieurs sind im Angebot.
An der Grenze zur Semi-Custom-Yacht
Spannende Welt- und Deutschlandpremieren kamen aus dem Ausland: Die französische Werft Dufour präsentierte mit der Dufour Exclusive 63 in Düsseldorf ihr neues Flaggschiff. Wie bei fast allen Mitbewerbern in diesem Größen- und Preissegment orientiert sich die Werft in jeder Hinsicht an den individuellen Vorstellungen der künftigen Eigner.



Seglerisch konnten bisher fast alle Dufour-Yachten begeistern, und der Zusatz „Exclusive“ im Namen deutet darauf hin, was man dem Kunden anbieten möchte: Privatheit, Luxus und gleichzeitig viel Licht und Sonne unter Deck durch ein Panoramadach, dazu eine bequeme und vielseitig nutzbare Wohnlandschaft mit Regalen, Schreibtischen und reichlich Ablageflächen, nicht zu sprechen von großen Doppelbetten und der überkomplett ausgestatteten Pantry in klassischer L-Form.
Das fünf Meter lange Cockpit ist klar gegliedert, sodass sich Crew und Skipper nicht in die Quere kommen. Dank Targabügel kann die Großschotführung aus dem Cockpitbereich komplett herausgehalten werden.

Große One-Off-Konstruktionen als Vorbild
Auch die Solaris 55 wurde als Weltneuheit vorgeführt. Ziel dieses Projekts: Man will bei Yachten im 16-Meter-Bereich, was Funktionalität und Ästhetik angeht, wieder Maßstäbe setzen. Edel sehen die mit vielen Preisen ausgezeichneten Segelyachten dieser Werft alle aus. Und da Solaris von sich behauptet, die einzige Werft zu sein, die sich an der Performance und Bauqualität großer One-Off-Konstruktionen orientiert, kann man davon ausgehen, welches Potential im Einsatz unterwegs auch in der Solaris 55 mit seinem Ballastanteil von 40 Prozent stecken wird. Mit Selbstwendefock und der bequemen Erreichbarkeit der Winschen für das laufende Gut und die Trimmleinen bietet die 55er auch einer kleinen Besatzung sicheres und einfaches Handling.


Große Varianz auf 58 Fuß
Ebenso edel zeigte sich die neue Grand Soleil 58 Performance der italienischen Werft Cantiere del Pardo. Auch hier gilt wieder: große Varianz bei der Gestaltung des Layouts unter Deck. Entworfen wurde das Schiff von den Designern von Nauta Design und dem Konstrukteur Umberto Felci: So bleiben in Sachen Komfort und Luxus keine Wünsche offen. Zukünftige Eigner können wählen zwischen einer Drei-Kabinen-Version mit jeweils eigenem Bad und einer Vier-Kabinen-Version, die interessanterweise eher für den Regattaeinsatz gedacht ist, da nur zwei gewichtssparende Toiletten an Bord vorgesehen sind.
Ungewöhnlich die als Option verfügbare Variante bei der Einrichtungsmöglichkeit im Salon- und Küchenbereich: Im Standard gruppieren sich um den Esstisch zwei große Sitzecken vor der Eignersuite. Hier befindet sich die voll ausgestattete und hochwertige Küche heckwärts an Backbord. In der alternativen Version erstreckt sich die Küchenzeile bugseitig über die volle Breite der Yacht – mit dem Effekt, dass dieser Bereich optisch erheblich größer wirkt.
Auch das Deckslayout kann variantenreich gestaltet werden: entweder ausgerichtet einen komfortablen Urlaubstörn oder für den Regattaeinsatz mit speziellen Winschen, dann aber ohne Dinghi-Garage. Ein besonderes Highlight an Deck ist die Sprayhood, die sich auf Wunsch automatisch versenken lässt.

Finnisch fein
Zuletzt vorstellen aus dem Reigen internationaler Luxusyachten möchte ich die Neuen aus dem finnischen Hause Nautor. Die Werft bot den Messebesuchern eine Doppelpremiere: die Swan 54 als edle Fahrtenyacht – und aus Anlass der 50-jährigen Geschichte der Werft im Bau von Performance-Yachten die Club Swan 50. Schnell soll sie sein, aber auch für die kleine Crew einfach zu handhaben. So entstand aus der Feder des argentinischen Designers Juan Kouyoumdjian, der auch die erfolgreichen Volvo-70-Renner „Groupama 4“ und „Ericsson 4“ gezeichnet hat, ein außergewöhnlicher leichter Hochseerenner aus Kohlefaser/Schaum-Sandwich mit Carbon-Schwertkiel und Bleibombe.
Für die angesprochene kleine Crew kann man die Yacht mit wenigen Handgriffen in einen perfekt ausgebauten Familienkreuzer verwandeln. Bei moderaten Bedingungen können die laufenden Backstagen am Mast verstaut werden. Brist es auf, besteht die Möglichkeit, das doppelt gereffte Groß leicht vor den feststellbaren Backstagen zu bewegen. Dank des großen J-Maßes lässt sich auch ein bequemes Stagsegel setzen.

Klassisch, zeitlos, exzellent zu segeln
Im edlen Luxussegment angesiedelt ist die Swan 54. Im Vergleich zu ihrer kleineren schnellen Schwester kommt sie mit klassisch-zeitlosen gestreckten Linien daher. Unverwechselbar und so wie seit Jahrzehnten. Dass auch diese Yacht exzellent segeln wird, muss nicht besonders erwähnt werden.
Aber auf ihr nicht nur unterwegs zu sein, sondern auch zu wohnen, soll schon besondere Erwähnung finden. Das Ambiente unter Deck ist, was Ausbau, Qualität und Klasse angeht, über jeden Zweifel erhaben. Es ist modern, hell und mit viel Holz gestaltet. Die Grundausstattung ist umfangreich, alle Komponenten sind hochwertig. Mit im Preis enthalten sind auch das bei Nautor unverzichtbare Teakdeck, aber beispielsweise auch elektrische Winschen.
Um Mehrrumpfer und andere Exoten auf dem Wasser geht im dritten und letzten Teil der Segelneuheiten 2017 – in Kürze zu lesen auf float.