Das Heißen der tonnenschweren Stahlrahen oder des Ankers, das Setzen der Segel, die Ausrichtung der Rahen auf den Einfallswinkel des Windes, Brassen genannt, das muss die Besatzung wie Anno dazumal im Schweiße ihres Angesichts hinkriegen. Zu jeder Tages- und Nachtzeit, wenn „Alles an Deck!“ ertönt. „Brassen werd’n se hassen“, mit solchen Sprüchen empfangen die Ausbilder die neuen Mariner an Bord. Und das erfahren die schnell am eigenen Leibe.

Kommentar der Marine gegenüber float: „Das bleibt, wie es immer war, weil es zur Philosophie eines Ausbildungsschiffs gehört.“ Die Verteidigungsministerin in ihrer Rede: Es gehe um die Fähigkeit jeder und jedes Einzelnen, aber vor allem um die Fähigkeit zur Gemeinschaft. Unter diese Kategorie fallen auch die Hängematten, in denen die Kadetten traditionell ihre Ruhezeit unter Deck in der Massenunterkunft verbringen. Die Stammcrew hat Kojen. So dürfte der Dreimaster sicher auch seinen inoffiziellen Spottnamen bei den Kadettinnen und Kadetten behalten: „die Galeere“.
Bald geht es wieder in den Süden
Was ist dagegen anders am Segelschulschiff 2.0? „Äußerlich ist sie das alte Schiff“, so Fregattenkapitän Achim Winkler zu float. An der Spitze vom hinteren Mast sitzt nun eine Satelliten-Antenne, das sei die augenfälligste Neuerung. Die Änderungen sind unter der Oberfläche. Kabel und Rohrleitungen wurden zu 100 Prozent erneuert, die Stahldecks überwiegend auch. „Es gab großflächige Rostlöcher unter dem Teakdeck“, sagt Winkler.

Beim Alten geblieben ist hingegen der enge Dienstplan. Die Stammcrew wird bereits in den nächsten Tagen auf Ausbildungsfahrt in die Ostsee gehen. Vier Wochen lang üben 83 Seeleute den Umgang mit dem neuen alten Schiff, bevor die Marine die GoFo erstmals offiziell für „seeklar“ erklären wird. Und danach legt sie schon wieder ab: Ziel sind Lissabon und später die Kanaren. Dort geht dann auch im neuen Jahr die erste neue Ausbildungscrew an Bord.

Die wichtige Nebenrolle als „Botschafter in Weiß“, als friedlicher Repräsentant Deutschlands, beginnt damit auch wieder. In 58 aktiven Jahren hat die Gorch Fock auf ihren Ausbildungsreisen 180 Häfen in 60 Ländern weltweit besucht und dabei mehr als 750.000 Seemeilen zurückgelegt – das entspricht fünfmal der Distanz zwischen Erde und Mond.
Vier bis fünf neue Segelschiffe
Ihr neues Leben ist auf eine Haltbarkeit von 20 Jahren angelegt. Alle zweieinhalb Jahre muss das Schiff zur Inspektion in die Werft. Auch die Präsenz auf der Kieler Woche will Kapitän Brandt unbedingt wieder aufnehmen: „Das ist der ganz, ganz feste Plan, ja!“
Bei aller ehrlichen Begeisterung und Wiedersehensfreude: Die schlussendlichen Kosten bleiben eine schwere Hypothek. Ein Vergleich: 2011 ließ die Deutsche Stiftung Sail Training ihr neues Ausbildungsschiff „Alexander von Humboldt II“ bauen – für damals 15 Millionen Euro. Während der Werftzeit der Gorch Fock hat die Marine sie übrigens für Ausbildungstörns gechartert.
Die Alex II ist zwar rund ein Viertel kleiner, orientiert sich in Rumpfform und Takelung aber am Gorch-Fock-Typ. Inflation und Material einkalkuliert, kommt man um die Einsicht nicht herum: Für die Reparaturkosten der Gorch Fock hätte man vier bis fünf neue Segelschulschiffe bauen können.