Reiseboote sind so unterschiedlich wie die Familien, die sie fahren. Individuell passgenau, so wie die niederländischen Bootsbauer Bastiaan und Louis Jousma, fertigen nur wenige. Mit ihrem neuen Stahlschiff Super Lauwersmeer 47 OC fuhren wir aufs Bergumer Meer in Friesland und staunten darüber, auf einem wirklich kindgerechten Schiff zu sein. Als wir den Eigner nach dem Anlegen am Steg trafen, wussten wir warum.
„Wir müssen reden“
Der Startpunkt, wie bei Super Lauwersmeer Stahlschiffe entstehen, ist ganz einfach: „Wir müssen reden.“ Viele Faktoren entscheiden, wann ein Boot wie genau für wen passt: Materialien, Raumaufteilung auf und unter Deck, Motorisierung. Sobald die Interessenten wissen, was sie wollen und das passende Modell als Basis ausgewählt ist, beginnt die Planung.

So war es auch bei Familie Van der Veen: Die künftigen Custom-Bootseigner kamen regelmäßig mit ihren Ideen zur Werft. Ein Entwurf des Details wurde gemacht, die künftigen Eigner sagten: Das gefällt uns gut. Und dann wurde es realisiert – inhouse, denn die vor 51 Jahren gegründete Werft hat alle Gewerke vor Ort.
Rauchmetallic und kreideweiß
Üblich bei diesem Boot sind zwei, bei unserem Schiff sind es drei Kabinen. Denn die Eignerfamilie hat drei Kinder – sechs, vier und anderthalb Jahre alt. Und das hatte Folgen: „80 Prozent des Bootes sind Sonderanfertigung“, sagt Bastiaan Jousma.
Es sind Kleinigkeiten, die ein Boot besonders machen: beispielsweise die massiven Relingstangen, die in einem speziellen Verfahren abgedunkelt wurden. Auch bei der Rumpffarbe gab es einen Kundenwunsch: ein Porschegrau, das mit der dunklen Reling korrespondiert. Der Name der nicht gelisteten Farbe: kreideweiß.
Alles an diesem Schiff ist stark, groß und praktisch – und schön ist es dabei auch noch. Das Dach aus Stahl ist mattschwarz, das lässt es wie Carbon wirken. Bastian Jousma rollt noch heute mit den Augen, als er von den aufwändigen Lackierarbeiten spricht.
Über dem Batmobil-schwarzen Dach thront der Geräteträger der Super Lauwersmeer 47 OC mit Raymarine-Radar und Antennen. Verdeckt ist die Aussparung für das Webasto-Schiebedach, und unsichtbar ist auch, dass das cool wirkende Dach mit einer Extralage Schaum nach innen isoliert wird.
Customizing für Kinder
Über die seitliche Eingangstür (gibt’s auf beiden Seiten) geht es für uns an Bord. Damit die Kleinen nicht unbeabsichtigt auf demselben Weg von Bord gehen – egal ob unbeaufsichtigt oder unfreiwillig – hat Designchef Louis Jousma auf einen Griff oder Drehknauf verzichtet. Stattdessen wurde ein kleiner, mit Feder versehener Haken eingefügt, dessen Federkraft so stark ist, dass kleine Kinder den Verschluss nicht lösen können.


Auch zur fast zwei Meter langen Badeplattform hin gibt es eine große massive Tür. Hier ist Platz für das kleine Tender-Motorboot für sechs Personen. Ist die Fläche leer, wird hier wassernah die Kaffeetafel aufgebaut oder die Liegewiese mit Badetüchern abgezirkelt. Hier ist es, wo die Kinder sich aufhalten, wenn die Großen dabei sind – immer nah am Wasser.
Und darum ist das Fach für alle kleineren Watertoys vom SUP bis zum Gummitier wie eine kleine Tendergarage von der Badeplattform aus zugänglich. Es sei denn, Papa grillt: Dann warten die hungrigen Trabanten am Dinnertisch in der Plicht der Super Lauwersmeer 47 OC.

Die großen, vor Ort angefertigten Sitzkissen des riesigen Plichtsofas sind mit Magneten versehen, damit sie nicht wegfliegen. Ein Sonnensegel mit Gestänge wollte Familie Van der Veen nicht, es hätte die optische Linie verändert. Jetzt tut im Cockpit ein Sonnenschirm von Solero Parasols seinen Dienst, der bis zu 4 bis 5 Windstärken aushält. Seitlich angebracht kann der Schattenspender sowohl über den Badeplattform als auch übers Cockpit geschwenkt werden.
Nichts vibriert, und als wir den Schallpegel im Salon testen, sind wir auch bei voller Fahrt mit 60 dB noch auf dem erfreulichen Niveau eines Gesprächs.
Stärker möbliert als gedacht
Der ebenerdige Innenraum des 14-Meter-Schiffs ist deutlich kompakter und „möblierter“, als ich es erwartet habe. Bis auf den Steuerstand, der steht klassisch an Steuerbord vorm Niedergang, platzieren die Gestalter alle Elemente nach Wunsch. In unserem Fall liegt die Küchenzeile hinten links, mit Steinplatten, Ofen und direktem Durchgang zum Cockpit. Rechts erscheint auf Wunsch ein großer Fernseher mit Soundbar aus der Versenkung.

Daneben steht, gegenüber der Küche, ein relativ üppiges Möbel: breit, hoch, ziemlich wuchtig. Warum bloß tut man sich das an? Die Lösung folgt auf dem Fuße, als ich die Türen des Zweiteilers öffne: links ist ein großer Kühlschrank untergebracht, rechts die Spülmaschine. Ja, das meint Familie Van der Veen mit Reiseboot!
Das Boot ist auf Langfristigkeit ausgelegt: Noch sind die Kinder klein, wenn sie größer sind, soll es mit dem 47-Fuß-Boot über die nahe Nordsee nach Norwegen gehen.

Mit Garage, wie in Friesland üblich
Wir legen ab, unser Schiff liegt in der Garage im Wasser, wie es in Friesland üblich ist. Mit der kleinen Fernbedienung geht es hinaus auf das Wasser – zuerst auf den Kanal, dann weiter hinaus auf den See. Statt eines Außensteuerstands stehen wir mit der Fernbedienung auf dem Achterdeck. Der Controller aus niederländischer Fertigung steuert Bug- und Heckstrahler und navigiert uns präzise aus dem Bootshaus.
Als die unterm Cockpit platzierte Hauptmaschine läuft, wird es ganz leise. Der eigentliche Motorraum ist durch eine stabile Stahltür vom begehbaren Keller mit Weinkühler und Waschmaschine getrennt. Was man eben an Bord so braucht, wenn man es sich leisten kann.


Hier werkelt, unfasslich gut isoliert, freistehend der recht kleine Dieselmotor von Volvo Penta, und hier steht auch der leise Einzylinder-Generator von Fischer Panda, der für genug Strom sorgt. Kein Geräusch dringt nach außen. Kaum eine Vibration ist spürbar, wenn der Schapp geschlossen ist, und nur das Flexiteek lässt ahnen, dass es noch einen Funktionsraum unter der Plicht gibt.
Ein Joystick für die Strahlmotoren
Das 21 Tonnen schwere 14-Meter-Schiff ist üppige 4,36 m breit. Motorisiert ist das Boot von Porschefreund Van der Veen mit einem Volvo Penta D3-150. Bei 2.944 U/min ist Schluss, dann ist der Motor auch zu hören. Die Marschgeschwindigkeit liegt bei 1.500 Umdrehungen und etwa 10 km/h.

Das Ergebnis ist eine Fahrt, bei dem es keinerlei Wellenschlag gibt. Die „Pursuit of Happiness“ liegt wie ein Brett auf dem Wasser. Dann beginnt es merklich zu wehen.
Als seitlicher Wind die kleinen Wellen des ungeschützten Binnenmeers mit Schaumkrönchen bedeckt, flattert die Fahne am Bug im 90-Grad-Winkel. Das für küstenferne Gewässer zertifizierte Stahlschiff und uns kümmert das nicht.

Bei Fahrt mit der Hauptmaschine dreht das große, präzise steuerbare Boot fast ohne Wendekreis. Eng gekurvt wird mit dem neuen Vetus-Joystick, der Bug- und Heckstrahlruder koppelt und die Kraft auch proportional zum Hebeldruck verstärkt. Damit bewegen wir das Boot in Position für die Fotoaufnahmen. Bisher waren dafür zwei Hebel notwendig.
Lieber ein kleiner Generator
Je mehr Strom an Bord gebraucht wird, desto größer muss der Generator dimensioniert sein. Um einen größeren und damit lauteren Stromerzeuger zu vermeiden, wurden die größten Verbraucher an Bord unserer Super Lauwersmeer Discovery 47 OC – die Klimaanlage und der Vierplatten-Elektroherd – so ausgelegt, dass sie keine hohen Leistungsspitzen verlangen.
Die Herdplatten wechseln bei der Stromaufnahme blitzschnell reihum im Kreis, so dass Bulgur, Gemüse und das Hähnchen-Curry abwechselnd im Zehntelsekundentakt garen.
Im Salon ohne Klimaanlage
Das Boot kommt ohne Klimaanlage im Salon aus. Die Klimaanlage der Vorschiffskajüte – das Elternschlafzimmer – versorgt auch die anderen beiden Kinderkajüten mit, die hinter dem Bad beziehungsweise dem WC-Raum liegen. Kaum den Niedergang hinunter, stehe ich vor fünf Türen: Helle Hölzer und dunkle Türeinfassungen zeigen Solidität, nicht so sehr Eleganz. Die Türgriffe, sehr groß und stark ausgeführt, hätte ich etwas graziler gewählt.

Der Clou im Kajütenbereich: Die Tür zur rechten Mittschiffskajüte lässt sich auch nach außen hin so weit öffnen, dass sie den gesamten Niedergang verdeckt. So können Eltern und Kinder unter Deck ungestört zwischen Kabinen und Bädern stromern.


Viele angenehme Details zeigen sich auf den zweiten Blick: Mit dem integrierten Staubsauger lassen sich Sand, von Kinderfüßen reingetragen, und die ein oder andere Spinnwebe effektiv beseitigen. Die Jalousien auf der dreiteiligen Frontscheibe lassen sich elektrisch herunterlassen. Im Ruhezustand sieht man sie nicht, denn sie hängen nicht ins Sichtfeld, und sind hinter Blenden effektiv versteckt.

Warum Stahl?
Holland ist anders, was die Boote betrifft, denen man auf Binnenrevieren begegnet. Was den Deutschen ihr GFK-Weekender, ist für Niederländer das Fahrtenschiff. Und das ist meistens aus Stahl. Heute gerne mit Ein-Ebenen-Konzept und viel Licht, so wie bei modernen GFK-Yachten üblich.

Custom-Bauweise ist auch, so Bastiaan, ein Argument für den Werkstoff Stahl. Die meisten Elemente können, anders als bei GFK, direkt gestaltet und gebaut werden. „Bei Glasfiber und Polyester ist immer erst eine Form notwendig, bevor das Element gefertigt wird“, sagt er. „Wir machen das direkt.“
Viele Ideen steuern die Angestellten selbst bei. So war es auch bei den rauchfarbenen Stahlteilen, die einer der Bootsbauer anderenorts gesehen und nach dem geeigneten Verfahren gefragt hatte.
Fünf Schiffe pro Jahr reichen
Fünf Boote pro Jahr werden auf der Werft hergestellt, nicht zu vergleichen mit Serienwerften. Und so erlaubt sich Super Lauwersmeer auch ein anderes Marketing-Konzept: ein durch Deutschland fahrendes Botschafter-Boot.

Der Eigner der 45-Fuß-Stahlyacht bietet an, Interessenten im eigenen Fahrrevier zusteigen zu lassen, um das Boot individuell passgenau auszuprobieren. So muss man nicht einmal chartern, um in den Genuss zu kommen, ein Stahlschiff der niederländischen Werft zu fahren.
Der Basispreis für die Super Lauwersmer 47 OC liegt bei etwa 548.000 Euro. So ausgestattet wie unser Testboot liegt der Preis bei etwas über 700.000 Euro. Unser Boot ist bereits für Rotoswing-Stabilisatoren vorgerüstet. Die Stabilizer selbst können später angebracht werden – für Norwegen, wenn die Kinder größer sind.
Technische Daten Super Lauwersmeer Discovery 47 OC
Länge | 14,30 m | |
Breite | 4,36 m | |
Tiefgang | 1,20 m | |
Gewicht | 21 t | |
Motorisierung | Volvo Penta D3 mit 150 PS | |
Baumaterial | Stahl | |
CE-Kategorie | B (küstenferne Gewässer) |
Messwerte
Drehzahl (U/min) | Tempo (km/h) | Geräusch (dB) |
700 | 4,0 | 42 |
1.000 | 5,8 | 46 |
1.500 | 9,2 | 50 |
2.000 | 11,4 | 56 |
2.500 | 13,5 | 59 |
2.930 | 15,3 | 62 |