Im Nordosten von Mallorca habe ich Segeln gelernt, und hier erfuhr ich auch, was Geduld heißt in Bezug auf den Wassersport: Warten können auf den richtigen Augenblick, bis die Dinge (so wie durch den thermischen Wind) in Bewegung kommen. So wie bei der Sterk 31 RC, die wir vier Monate nach der Weltpremiere in ihrem Element kennenlernen.
Carlos Vidal, der uns beim Praxistest des allerersten Exemplars der Sterk 31 RC in der Bucht von Alcúdia begleitet, kennt das. Der spanische Konstrukteur, der für das Design der neuen Bootslinie verantwortlich zeichnet, ist genau hier, an der mallorquinischen Nordostküste aufgewachsen.

Bevor es zur Premiere kommt, wird die eigene Produktionsstätte in der Ukraine durch Raketenbeschuss zerstört. Aus den Ruinen von Mykolaiv wandert der Bootsbau über Italien und Polen bis zur Endfertigung des Prototyps – mit Rumpfdesigner Sasha Vlad – nach Postbauer-Heng in Franken. Hier, nahe Nürnberg, ist die Zentrale von MS Marine samt Fertigung der Sterk.
Es gebe ja viele Geschichten über die abenteuerliche Entwicklung von Bootsprojekten, meint Vidal dazu lakonisch, „aber nichts kommt der Erfahrung gleich, von zwei russischen Raketen getroffen zu werden, während man den Prototyp für eine neue Bootsreihe baut.“
Mit dem Mindset eines Rennfahrers
Geduldig sein bis zum richtigen Moment und dann durchstarten – dieses Mindset eines Rennfahrers hat der Designer von Ricardo Masabeu übernommen. Der langjährige RIB-Racer und Bootsjournalist war während der Entstehung des Boots mehr als einmal Sparringspartner für das Sterk-Team. „Sein Feedback war uns extrem wichtig“, sagt Vidal später, „besonders bei der Perfomance.“
Von Bayern über die boot Düsseldorf 2023 ging das Boot Nummer 1 zur finalen Abstimmung der Motoren mit den Yamaha-Technikern an die Nordsee. Nun also zurück vom Sterk-Händler Buy-a-Boat zur Badia d’Alcúdia. Am Morgen des ersten Testtags ist Ricardo Masabeu, zusammen mit den Juroren des Best of Boats Awards, wieder vor Ort, um das fertige Boot in Augenschein zu nehmen.
float gebührt die Ehre, zum ersten Testteam überhaupt zu gehören, die an Bord der schnittigen Sterk 31 RC gehen. Die Frühlingsluft scheint zu perlen, das Meer liegt still vor uns in der langsam aufsteigenden Sonne – ideale Bedingungen also für eine Ausfahrt mit der Sterk 31 RC.
Badeboot oder Bolide?
Der Phönix aus der Asche des Ukraine-Kriegs mit negativem Steven und flacher Silhouette ist eine strahlend weiße Augenweide. Ohne das für später im Jahr 2023 angekündigte T-Top-Dach wirkt der Daycruiser mit 0,73 Meter hohem Freibord, umlaufendem Gangbord und mehr als 8 Quadratmetern Lauf- und Liegeflächen wie ein Mix aus geräumigem Badeboot und einem schnellen Boliden.


Interessanter Eindruck direkt nach dem Start: Steuerstand mit Fahrer und Beifahrersitz wirken fast grazil, anstatt den Bereich für Fahrer und Beifahrer extrem breit auszuführen. Denn so entsteht viel Raum beidseitig vom Fahrstand, um Personen nach rechts und links durchzulassen.
Den Überblick über das, was vor (Revier) und hinter (Motoren) uns liegt, geben die großen Displays am Konsolen-Fahrstand – links die Motordaten, rechts die Seekarte. Den Namen eines der großen Plotteranbieter – Garmin, Raymarine oder Simrad – suchen wir vergeblich.