Der Wind kommt zwar von vorne, aber das Ziel können wir trotzdem beim Kreuzen in den Augenwinkeln behalten. Die Tide 25 segelt einen sensationell guten Kreuzungswinkel von 50 Grad. Mit weniger Segelfläche am Wind wären wir sogar noch höher an den Wind gekommen.
Bei unserem Testtörn in der Neustädter Bucht Ende Juni ist es böig mit teilweise sehr drehenden Windrichtungen. So lassen sich verlässliche Werte nur schwer ermitteln. Trotzdem: Bei den vorherrschenden Windstärken von 8 bis 14 Knoten stehen am Wind immer 5, gelegentlich sogar Werte um 6 Knoten auf der Uhr. Ein ordentlicher Wert für ein 25-Fuß-Schiff.
Bei halbem Wind knacken wir auch die 7-Knoten-Marke. Raumschots und unter Einsatz des Gennakers klettert die Logge sogar nahe an den zweistelligen Bereich.
Doppelruder und Backstage
Die beachtlichen Am-Wind-Werte der Tide 25 sind auch auf die guten Trimmmöglichkeiten der Segel zurückzuführen. Der optionale breite Harken-Traveller am Heck verlangt nach aktivem Trimmen in Böen, um diese in ihrer Wirkung zu entschärfen.

In der Basis gibt es dagegen nur einen Fixpunkt der Großschot auf dem Cockpitboden. Wer vor allem bei mehr Druck sportlich unterwegs ist, sollte auch trotz stark gepfeilter Salinge Backstage nutzen, vor allem dann, wenn es unter Gennaker zur Sache geht.
Dank Doppelruder bleibt das Schiff selbst bei größter Schräglage stets beherrschbar und liegt ausgesprochen neutral auf dem Ruder. Auf den etwas nach außen geneigten Decksbuchten sitzt man bequem und findet guten Halt an den in den Duchten eingelassenen Kehlen. Sehr große Segler werden sich allerdings etwas schräger auf die Kante setzen müssen, um sich bequem abstemmen zu können.
Speed und Quality
Die Geschichte der heutigen Tide 25 fängt schon vor zehn Jahren an. Als SQ 25 war sie das 7,50 Meter lange Ergebnis eines Konstruktionswettbewerbs, ein kleiner Küstenkreuzer der Pleite gegangenen Werft „SQ Freienohl“. Der Konstrukteur Marc-Oliver von Ahlen aus Kappeln an der Schlei hatte sie gezeichnet und ermutigte den Emder Unternehmer Uwe Regensdorf, die Formen und Rechte des Bootes aus Freienohl zu kaufen. Der schlug zu und nahm gleich noch ein Kasko mit. Fertig ausgebaut wurde sie die Bau-Nr. 1.

SQ stand seinerzeit für Speed und Quality. Die inzwischen als Tide 25 fertig ausgebaute Bau-Nr. 1 erweckt bei mir schon beim ersten Anblick eine durchaus berechtigte Vorfreude auf den bevorstehenden Test. Aber auch die Frage, warum das damals nicht geklappt hat mit der SQ 25.
<!–nextpage–>
Denn selbst jetzt nach zehn Jahren ist der Von-Ahlen-Entwurf von seinen Linien immer noch attraktiv anzusehen. Der Bug ist leicht negativ geneigt, die Silhouette flach, das Heck offen und breit, die Doppelruderanlage und die Kimmkanten sorgen schon optisch für einen sehr sportlichen Auftritt. Eine zeitlose Erscheinung!
Optimal mit E-Motor
Wer häufiger mal auf Reisen gehen möchte, wird sich immer für einen Motor als Zusatz-Antrieb entscheiden. Bei der Tide 25 kämen Benzin-Außenborder (eher laut und hässlich) und Einbaudiesel (schwerer) infrage. Wird auf einen Einbaumotor verzichtet, bietet der dafür vorgesehene Raum Platz, zum Beispiel für eine Rettungsinsel. Ein angehängter Elektro-Außenborder ist zumindest leiser und auch kleiner und täte es auch.

Der auf unserer Testyacht eingebaute Elektromotor ist die optimale Option, vor allem, wenn die E-Pods, die uns aus dem Hafen schieben, auf dem Testschiff doppelt ausgeführt sind. Vorteil: Da beide Ruderblätter einzeln angeströmt werden können, ist die Manövrierfähigkeit beim Ein- und Ausparken äußerst problemlos. Vor allem auch in engeren Häfen, als es in Neustadt der Fall ist.
Variantenreich
Individualität, Variantenreichtum und Wandelbarkeit – das sind die Schlagworte, aus denen der Kunde sich seine Tide 25 aus- und aufrüsten lassen kann. Wir segeln die Basisversion, bestückt allerdings mit dem vergrößerten Sportrigg (Alu) und dem im Kopfbereich ausgestellten Großsegel. Hier hat man also schon tief in die Sport-Varianten-Kiste gegriffen. Wer es noch mehr auf die Spitze treiben möchte, könnte auch ein Carbonrigg ordern.

Das aufgrund des lediglich rudimentären Ausbaus geringe Gewicht der kleinen Yacht kommt eindeutig der Performance zugute, wie wir unterwegs erleben können. Die Fock ist wie in der Basisversion überlappend geschnitten.
Unter Deck
Spartanisch geht es unter Deck zu. Allerdings bietet die in der Basisvariante ausgebaute Testyacht einer Crew schon alles, was für ein paar Stunden oder auch über ein Wochenende unterwegs Segelspaß generieren könnte: mit Hundekoje drei, unter Einbeziehung der Backbord-Sitzbank auch vier Schlafplätze. Dazu eine gemütliche Leseecke. Die Vorschiffskoje ist knapp über 2 Meter lang und 1,50 Meter breit. Das Flair unter Deck ist hell und luftig.
Um der Yacht im Gegensatz zu manch anderen Kleinkreuzern ein gefälliges Äußeres zu geben, ist auf Stehhöhe unter Deck verzichtet worden. Ohne Schränke, aber mit offenen Ablagen wirkt der Salon nicht beengt. Stauraum für das nötigste Equipment unterwegs befindet sich unter den Kojen.

Auch die zwei Backskisten im offenen Cockpit sollten für die notwendige Wochenend-Ausrüstung reichen. Empfehlenswert wäre auf alle Fälle der optionale Salontisch, der an der Maststütze dreh- und in der Höhe verstellbar befestigt ist.
Solide gebaut
Die Boote werden in Vinylester laminiert. Schaum wird unter Vakuum mit möglichst geringen Klebeschichtstärken eingeklebt. Das ergibt bei den Booten ein gutes Gewichts-Festigkeitsverhältnis.
Der Ausbau ist tadellos. Die Emder verstehen ihr Geschäft. Nicht umsonst wird MFH mit dem Ausbau von Schiffsrümpfen der Emder Yachtwerft Benjamins beauftragt, die dem gleichen Gesellschafter gehört. Zur Zeit arbeiten sie an einer 15,98 Meter großen BM 53, ein Berckemeyer-Entwurf. „Wir haben uns mit einer Tischlerei und einem Elektriker zusammengetan. Wenn das funktioniert, ist das sicher auch ein bisschen Werbung für uns“, blickt Regensdorf optimistisch in die Zukunft.
Komfortabel reisen
Anstatt eines leistungsstarken Sportgerätes kann aus der von uns gesegelten Tide unter Einsatz diverser Module eine kleine, komfortabel ausgerüstete Yacht werden.

Eine Komfortversion mit Schwenkkiel und in Deluxe-Ausführung mit abgeschlossener Nasszelle mit WC – ein Porta Potti unter der Vorschiffskoje täte es auch –, Pantry etc. ist gerade im Bau. Die Hundekoje böte sogar Platz für eine Kühlbox mit und ohne Kompressor.
Der Sicherheit, vor allem wenn man mit Kindern auf Tour geht, dient bei dieser Variante dann ein geschlossenes Heck. Die Selbstwendefock erleichtert vor allem im Einhandbetrieb die Segelmanöver.
Da im Cockpit im Gegensatz zur Basisvariante die Sitzduchten bis ans Heck durchgehen, kann diese, lang ausgestreckt, bspw. für ein Sonnenbad genutzt werden. Und statt der Doppelruderanlage erleichtert ein tiefes Mittelruder Manöver im Hafen vor allem dann, wenn es von der optionalen Einbaumaschine direkt angeströmt wird.
Technische Daten Tide 25
Rumpflänge: 7,50 m
Breite: 2,49 m
Gewicht: um 1.850 kg
Tiefgang: 1,60 m (Standard), 1,10 m (Komfort), 1,80 m (Sport), 0,75 bis 1,80 m (Schwenkkiel)
Besegelung: Groß 20 qm (oder als Fathead 25,4 qm), Fock 15 qm, Selbstwendefock 12,9 qm (Segelfläche am Wind: Standard 35 qm, Komfort 32,9 qm, Sport 40,6 qm)
Motorisierung: Pod-Elektromotor oder Innenborder-Diesel
CE-Kategorie: C (küstennahe Gewässer)
Preis: 77.350 Euro
Uwe Regensdorf sieht bei unserem Schlussgespräch sehr zuversichtlich auf die gesamte Tide-Familie, die auch noch aus einer Tide 34 und 36 besteht. Dem kann ich zustimmen! Die 25er segelt gut, ist sauber gebaut, trailerbar, vor allem in der Schwenkkiel-Variante, und zeitlos im Aussehen.

In ihrem Segment ist die Segelyacht aus Emden nicht unbedingt ein Schnäppchen. 77.350 Euro für ein 25-Fuß-Boot sind schon ein selbstbewusst kalkulierter Preis. Aber derart solide gebaute Boote, zumal made in Germany, sollten leicht interessierte Eigner finden.
Dieser Text erschien am 6. Juli 2023 erstmals auf float. Aktualisiert am 23. September 2023.