Das sind keine guten Aussichten für die gebeutelte Branche, die sich gerade erst von einer aufreibenden Auseinandersetzung um ministeriell geforderte Modernisierungen erholt.
Hoffnung und Hygienekonzepte
Und der Nicht-Betrieb der Klassiker zieht wirtschaftliche größere Kreise: Es ist ähnlich wie in der Event-Branche: Betroffen davon, dass der Saisonstart wegen der Corona-Eindämmungsmaßnahmen ausfiel, sind auch auf die Vermittlung der Schiffe spezialisierten Buchungsbüros.
Beatrice Weber vom Hamburger Buchungsbüro Sailing and More sagte float auf Nachfrage, dass die nähere Zukunft für die Traditionsschiffe noch komplett unklar sei. Einige Eigner arbeiten an Hygienekonzepten entsprechend den jeweiligen Landesverordnungen. Die Hoffnung ist, dass so ein eingeschränkter Betrieb mit geringeren Fahrgastzahlen starten kann.

Doch ob etwas genehmigt wird und diese Genehmigungen auch auf andere Schiffe übertragbar sind, sei bisher unklar, so Beatrice Weber. Einige seiner Kollegen, so weiß es Gerhard Bialek, werden dieses Jahr wohl gar nicht mehr in Fahrt gehen. Verständlich ist auch für ihn die Furcht mancher Gäste vor einer Infektion an Bord.
Selbst wenn diese in den nächsten Wochen noch Törns mit reduzierter Gästezahl anbieten könnten, werden diese Einnahmen für viele nicht ausreichen, um ihr Schiff bis zum Beginn der Saison 2021 weiterhin zu unterhalten.
Soli-Ticket für virtuelle Windjammerparade
Unter dem Motto „Windjammerparade am 27. Juni 2020 – Niemand darf an Bord“ haben sich nun 14 Eigner, Vereine und Buchungsbüros zusammengeschlossen, um eine besondere Solidaritäts-Aktion durchzuführen. Gemeinsam stehen die Organisatoren für mehr als 40 Schiffe. Die Idee: Mit einem virtuellen Ticket für die Windjammerparade, die am 27. Juni 2020 nicht stattfinden darf, sollen die Traditionsschiffe unterstützt werden.

Der Termin für die virtuelle Windjammerparade ist sehr bewusst gewählt. Es ist der Tag, an dem eigentlich – hätte es Corona nicht gegeben – die traditionelle Windjammerparade der Kieler Woche 2020 geplant war. Die 15 Euro sollen ein bisschen helfen, um die Schiffe zu unterstützen – vor allem aber, um auf deren missliche Situation aufmerksam zu machen. Jedes online angebotene Soli-Ticket nimmt an einer per Lifestream übertragenen Verlosung am 27. Juni teil, bei der es Mitsegeltörns, Reise- und Theatergutscheine und Crewkleidung zu gewinnen gibt.
Die diesjährige Kieler Woche findet zwar statt, und auch die Buchung der Tradis ist schon jetzt möglich. Aber im September ist die Kieler Woche nicht mehr die gleiche sein, erklärt Oberbürgermeister Ulf Kämpfer: „Das Infektionsrisiko ist bei einem so ausgelassenen Fest auch im September noch zu hoch.“
Deshalb gehe man „back to the basics“ und werde den Sport wieder in den Fokus rücken: eine Wende zurück zum Ursprung. Kämpfer: „Wir machen Segeln plus X.“ Mit anderen Worten: Ein Rahmenprogramm könnte stattfinden, aber vorläufig lässt man sich alle Optionen offen. Ob dann, voraussichtlich ohne Parade, die Fahrten der Tradis im Umfang wie bisher angeboten werden können, ist nicht absehbar.
Gutscheine als Zwischenlösung
Wer schon letztes Jahr oder im Frühjahr Fahrten gebucht hat, kann – wie in der Reisebranche – umbuchen auf den Spätsommer oder alternativ auf den Sommer 2021. Darauf hofft auch Gerhard Bialek. Werden Gutscheine vom Kunden nicht akzeptiert, sollen die Vorauszahlungen selbstverständlich erstattet werden, sagt der Skipper.

Er wiederholt seinen Appell noch einmal mit Nachdruck: „Wenn spätestens im Herbst nichts Wesentliches an Buchungen mit den entsprechenden Vorauszahlungen geschieht, dann sieht es insgesamt für die Branche sehr schlecht aus.“ Viele, so sagt er, überstehen das nicht und werden aufgeben müssen.
Die Soli-Tickets für die virtuelle Windjammerparade gibt es hier.