Wird die Zukunft der Schifffahrt auf Foils oder auf Kufen stehen? Als vor kurzem die Candela-Werft ihre foilende Fähre Candela P-30 vorstellte, schien der Fall klar. Jetzt schlägt die Katamaran-Fraktion zurück: Die französische Schnellfähre Monaco One rauscht neuerdings mit bis zu 45 Knoten (rund 83 km/h) über das Mittelmeer – und verbraucht dabei nur halb so viel Treibstoff wie ein konventionelles Schnellboot dieser Größe.


Nachdem der Prototyp „Évian One“ bereits seit 2018 auf dem Genfer See Gästen des Luxushotels Évian Resort als Shuttle dient, ist das zweite Modell nun für das Meer bestimmt: Die monegassische Hafenbehörde (SMIP) hat es für 1,2 Millionen Euro angeschafft, um schnelle Transfers zum benachbarten Hafen Cala del Forte in Ventimiglia möglich zu machen, der ebenfalls zum Fürstentum Monaco gehört.
Die rund 17 Kilometer lange Strecke bewältigt das Ufo auf Kufen in rund zehn Minuten. Auf der Straße dauert der Trip etwa 30 Minuten. Der neue Katamaran-Shuttle ist mit dem Genfer Prototypen nicht komplett identisch. Insbesondere beim Schallschutz erhielt das Mittelmeer-Modell noch zusätzliche Dämmung, so dass es in der Passagierkabine erheblich leiser ist.
Wie eine Flugzeug-Tragfläche
Wie die foilende Fähre nutzt der futuristisch anmutende Katamaran seinerseits ein ausgeklügeltes Dynamik-Konzept. Nur ist es nicht hydro-, sondern aerodynamisch: Sein gesamter Schiffskörper, der auf den beiden Rümpfen ruht, ist in Form einer Tragfläche gestaltet. Das führt zu Eigenschaften, die von Flugzeugtragflächen bekannt sind: Bei schnellerer Fahrt entsteht oberhalb von Monaco One ein Unterdruck, darunter ein Überdruck. Der Druckausgleich führt dazu, dass sich das Fahrzeug aus dem Wasser hebt. Der Widerstand durch das nasse Element lässt folglich nach.
Bei der Werft Advanced Aerodynamic Vessels (A2V) in La Rochelle hat ein kleines Team aus Schiffsbauern und Spezialisten für Strömungsdynamik seit längerer Zeit an diesem Konzept getüftelt. Über mehrere Jahre wurden Prototypen gebaut und bei Auslandserprobungen in Meeresgebieten bei starkem Wind getestet. Mit der Auslieferung des zweiten Katamarans meldet die Werft nun stolz den „Durchbruch“ in dieser Technologie.
Die Fahreigenschaften beschreiben Passagiere als herausragend. „Der Katamaran scheint in der Luft zu schweben“, beschrieb die Zeitung Monaco Matin die Eindrücke während einer Probefahrt. In der Kabine sei trotz einer Geschwindigkeit von annähernd 50 Knoten kaum oder gar keine Vibration zu spüren.
Mehr Tempo, weniger Verbrauch
Der Effekt klingt märchenhaft: „Oberhalb einer kritischen Geschwindigkeit verbrauchen die A2V-Schiffe weniger Energie, je schneller sie werden“, heißt es auf der Website der Konstrukteure. Dieser Wendepunkt hänge von verschiedenen Faktoren ab, liege jedoch regelmäßig oberhalb von 25 Knoten.
Während ein konventionall angetriebenes Schiff bei Tempo zunehmend mit Wasser- und Windwiderstand kämpft, beginnt das Ufo abzuheben. Das führt bei einer Kapazität zwischen zehn und 100 Passagieren und einer Bootsgröße zwischen zwölf und 30 Metern, so der Hersteller, zu einem Pro-Kopf-Verbrauch von neun Litern auf 100 Kilometer.
Die Skizze einer aufgeblasenen Version mit 20 Meter Länge und Platz für 60 Personen hat A2V bereits auf seiner Website dargestellt. Die Werft stellt sich eine Nutzung als Verbindungsschiff zwischen einer Offshore-Plattform und dem Festland auf einer Distanz zwischen 30 und 200 Seemeilen vor. Motorisiert ist der Bohrinselpersonal-Bus mit zwei mächtigen MTU-Dieseln zu je 1.960 PS.
Die Seegängigkeit und das Manövriervermögen an einer Struktur inmitten kabbeliger See haben die Ingenieure bereits untersucht. Unter optimalen Bedingungen fährt der Shuttle bis zu 60 Knoten (über 100 km/h) schnell. Bei schwerer See wird ein Safe-Modus gewählt, der mit 18 Knoten die Gefahr durch Brecher reduziert. Die Festigkeit des Rumpfs hält schwerer See stand, ist man bei A2V überzeugt.
Elektrisch geht’s auch
Auch Elektroantrieb bietet A2V auf Wunsch an: Dann ist das Schiff mit 2 x 200 kW (zusammen rund 540 PS) starken Motoren bestückt. Dieses Paar erreicht ebenfalls eine Höchstgeschwindigkeit von 50 Knoten. Die Batterien an Bord haben eine Kapazität von 160 kWh. Die elektrische Version wird mit Axialmotoren ausgestattet werden, um ein gutes Verhältnis zwischen Leistung und Gewicht und den höchsten Wirkungsgrad des Motors zu erzielen.
Bei 45 Knoten Marschfahrt ist eine elektrische Reichweite von 15 Seemeilen möglich. Nach dieser Distanz sinkt der Akku-Ladestand auf 30 Prozent. „Sowohl für die Sicherheit als auch für die Lebensdauer der Batterie ist es erforderlich, dass dieser Wert nicht unterschritten werden sollte“, sagt Werftchef Matthieu Kerhuel gegenüber float.
Konzept für Luxusyacht mit 50-qm-Fläche
Die elektrische Schnellfähre ist noch Zukunftsmusik. Der nächste Schritt ist die Privatisierung des Antriebskonzepts. A2V bietet neuerdings auch eine Luxusyacht mit dieser Rumpfform an. Unter dem flügelförmigen Aufbau bietet die Eignerversion des Multihullschiffs 50 Quadratmeter Fläche zur freien Verfügung.
Auf einem Rendering sind diverse technische Spielereien zu sehen. Damit lässt sich das superschnelle Feriendomizil nach allen Regeln der Schiffbauer-Kunst zu einer Luxusvilla ausbauen. Möglich ist ein voluminöses Hubdach und eine seitlich ausklappbare Badeplattform, mit der noch zusätzlicher Platz an Bord geschaffen wird.
Balkone haben es auch in die Sportschifffahrt geschafft. Ein Familienboot durch Seitendecks und Balkone aufzuwerten, wie erstmals gezeigt bei der Galeon 400 Fly und gelungen variiert bei der schwimmenden Finca Sea Ray SLX 400 und der Best-of-Boats-Award-Finalistin Beneteau Antaris 11 Fly. Mit der Invictus 460 TT und der Jeanneau Cap Camarat 12.5 WA ist ein ähnliches Konzept mit Seitenausleger ebenfalls in der Produktion.
Technische Daten Monaco One
Länge: 11,90 m
Breite: 7,45 m
Tiefgang: 0,60 m
Kapazität: 12 Personen (plus Schiffsführer)
CE-Kategorie: B (küstenferne Gewässer)
Höchstgeschwindigkeit: 50 Knoten
Maximale Reichweite: 250 Seemeilen
Motorisierung: 2 x 350 PS (je 260 kW)
„Angeln, Tauchen, Feiern, den Sonnenuntergang genießen – alles wird möglich“, heißt es dazu von der Werft. Es müssen sich nur noch Interessenten finden. Mit dem Fürstentum Monaco und der Finanzmetropole Genf sind die Standorte für die Demoboote gut gewählt.