Sie hat es wahrlich verdient! Die Restaurierung der 150 Jahre alten „Grönland“, dem ältesten Polarforschungsschiff Deutschlands, ist gesichert. Dass der Segler überhaupt so lange in Fahrt gehalten werden konnte, ist vor allem einer ehrenamtlichen Crew zu verdanken, die den Oldtimer betreibt und pflegt.
Sie haben mit ihm Großes vor: Sobald die Sanierung abgeschlossen ist, soll unter dem Namen „Projekt 81“ eine große Reise beginnen. Das uralte Schiff soll nämlich, so ist es geplant, bald im Kielwasser seiner historischen Reise hoch im Norden wieder unterwegs sein.
Doch zuvor muss sie fit gemacht werden: Der Förderverein des Deutschen Schifffahrtsmuseums hat beschlossen, eine umfangreichere Restauration des 29 Meter langen Einmasters vom Typ einer Nordischen Jagt in der dänischen Holzwerft in Hvide Sande zu unterstützen. Die Zuwendungen in sechsstelliger Größenordnung kommen gerade recht, denn die Mitglieder des Fördervereins wünschen, dass sich der Zustand der Objekte im Museumshafen des DSM verbessern soll. Die Summe kann demnach einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Museumsflotte leisten.
1867 – eine Expedition zum Nordpol
Ursprünglich wurde das Segelschiff 1867 in Norwegen für den Fischfang gebaut. Doch schon ein Jahr später legte der Einmaster mit dem Expeditionsleiter Carl Koldewey vom norwegischen Bergen Richtung Grönland ab. Man wollte mit der Expedition einen Weg durch das Packeis zum Nordpol finden. Um dem Druck des Packeises standzuhalten war extra der Rumpfbereich verstärkt worden.
Als die „Grönland“ am 24. Mai 1868 den Hafen von Bergen verließ, standen zwölf Männer, alles „durchwetterte und geschulte“ Kerle, so Carl Koldewey, der Kapitän und Leiter der Expedition, an Deck. Trotz ihrer Erfahrung notierte Koldewey: „Es war äußerst komisch, diese breiten, kräftigen Gestalten und seegewohnten Leute zu sehen, mit welchen unglücklichen Mienen sie jede starke Bewegung des Schiffes begleiteten.“ Die nordische Jagt war eben kein komfortables Schiff.
Trotzdem kam die „Grönland“ nach 3.000 Seemeilen am 15. September 1868 als erstes deutsches Polarforschungsschiff nordwestlich von Spitzbergen heil an. Und zwar bei 81 Grad 4,5’N, der nördlichsten Breite, die sich für einen reinen Segler bis heute nachweisen lässt. Nie wieder hat sich danach ein Segelschiff ohne Motor so weit ins Nordmeer gewagt.
Kein Seeweg in Sicht
Der Karthograph August Petermann aus Gotha hatte die Theorie aufgestellt, dass sie hinter einem Gürtel aus Treibeis und Packeis ein offenes Meer befände, über das man den Nordpol erreichen könne. Die Route führe dicht unter der Küste von Ostgrönland oder östlich von Spitzbergen entlang. Von dort aus könne man bis zum Pol segeln.
Belegen konnte er seine abenteuerliche Theorie nicht; und folglich wurde eine solche Route von Carl Koldewey und seinen Mannen auch nie entdeckt. Dafür gewannen sie bis heute nützliche Erkenntnisse zu Eisstärken, Meeresströmungen und Wetterverhältnissen. Immer wieder wetterten sie Stürme ab, trafen Walrossjäger und Walfänger, entdeckten Inseln, die noch nie karthographiert worden waren, und erweiterten die Vermessungen der Region.
Die „Grönland“ erreichte Bremerhaven fünf Monate später am 10. Oktober. Die Crew wurde „auf eine so großartige Weise empfangen, wie wir es uns wahrlich niemals hätten träumen lassen“, schrieb Koldewey damals in seinem sehr lesenwerten Expeditionsbericht.
1871 wurde der Einmaster nach Norwegen verkauft, wo er sein Dasein rund 100 Jahre als Küstenfrachter fristete. 1973 für 120.000 DM zurückgekauft, gehört er seitdem zum Museumsbestand des Deutschen Schifffahrtsmuseum.
Die Crew hat es in Schuss gehalten
Dass sich die „Grönland“ noch in einem guten Zustand befindet, ist vor allem der ehrenamtlichen Crew aus rund 30 Mitgliedern zu verdanken, die sich seit Jahren um das Schiff kümmert. Für den Schiffsarchäologen Lars Kröger ist deshalb das Polarforschungsschiff ein ausgesprochener Glücksfall. Denn normalerweise wurden solche Holzschiffe nur für eine Lebensdauer von maximal 40 Jahren gebaut. Einfach zu segeln sei das alte Schiff nicht, sagt der über 70-jährige Kapitän Rainer Mogel. Sie sind aufgrund ihrer Bauart sehr windanfällig und schwer zu manövrieren.
Mittlerweile wird die „Jagt“ als Klimabotschafterin für das Museum und die Stadt Bremerhaven eingesetzt und ist in dieser Mission sogar bis nach Berlin vor den Bundestag gefahren. Nicht so spektakulär, wie Greta Thunbergs Ritt mit Boris Herrmann auf dessen Oceanracer „Maliza“ über den Atlantik nach New York, aber sicher auch wirkungsvoll.