Die Rückenlehne der vorderen Bank wird dazu in Fahrtrichtung geschoben, der Tisch abgesenkt und das Polster zwischen den Bänken eingefügt.
Der Blick vom Esstisch ist atemberaubend und unverstellt. Die Fensterfront läuft rundum und erfeut das Auge des Bordgasts durch eine 360-Grad-Aussicht. Auch bei enger Kurvenfahrt hat der Steuermensch den kompletten Rundumblick. Nur nach oben gibt es – anders als bei der MF 1095 Coupé ohne Dachgeschoss – das Reinweiß der Decke und kein großes Glasdach.
Drei Zimmer unter Deck
Über zwei Stufen geht es in den offenen Niedergang. Obacht, die erste Stufe kommt recht unvermittelt. Hier treffen wir auf dermaßen viel Wohnraum, dass ich mich wundere, dass den Konstrukteuren dennoch ein äußerlich schlank wirkendes Schiff gelungen ist.
Linker Hand geht die Mittschiffskajüte mit Platz für zwei Personen ab. Geradeaus führt der Weg zur Eignerkajüte. Alles hier ist sehr kompakt, jedoch mit genug Platz für zwei Personen. Auch an den Kleiderschrank wurde gedacht. Eine Schiebetür trennt die Bugkajüte vom öffentlichen Bereich und dem Niedergang.
Rechterhand ist die dritte Kajüte mit weiteren zwei Schlafplätzen direkt unter dem Fahrstand platziert. Doch da ist noch eine Tür. Dahinter befindet sich das Bad mit separater Dusche. Und wieder fällt auf: Länge läuft – auch beim Platzangebot unter Deck!
In Fahrt stets gutmütig
Wir legen ab, die beiden Außenbordmotoren schnurren, während wir auf dem Weg durch den Hafenkanal die Fender einholen. Der Weg übers Deck gestaltet sich backbordseitig, wo das Gangbord deutlich schmaler ist, etwas kniffeliger als auf der geräumigen Steuerbordseite. Vor der Hafenausfahrt liegt der Schwell des Gewittersturms, der gestern über die Küste gefegt ist.

Wir nehmen Kurs hinaus aufs offene Meer, vor uns die gut zwei Meter hohe Dünung. Das Testprogramm abzuspulen erweist sich schnell als illusorisch. Doch wir lernen etwas anderes, viel Wichtigeres kennen: die Seetüchtigkeit des Zehn-Meter-Bootes bei eher unwirtlichen Bedingungen. Selbst bei vergleichsweise hohen Wellen verhält sich die Merry Fisher 1095 Fly stets sehr gutmütig.
Die richtige Motorisierung?
Was uns allerdings am Testtag dann doch Schwierigkeiten bereitet, ist die Motorisierung. Am Heck der Jeanneau arbeiten zwei Yamaha-Außenborder mit zweimal 300 PS. Mit ihnen dauert es immer eine ganze Weile, bis das Boot aus dem Drehzahlkeller steigt und wirklich auf Touren kommt. Einmal im Schwung, fährt sich die Merry Fisher 1095 Fly wirklich sehr gemütvoll.

Ob sich die Kombination mit einem anderen Motorenhersteller anbietet, kann abschließend nicht festgestellt werden. Bei schönem Wetter und nicht allzu viel Seegang sind 600 PS sicher eine mehr als ausreichende Motorisierung. 2018 erreichten wir bei unserem Test in der Bucht von Cannes mit der Fly-losen Merry Fisher 1095 und gleichstarker Motorisierung ohne Mühe 38,6 Knoten. Länge läuft selbstverständlich auch im eigentlichen Wortsinn: Der Rumpf verleiht der Merry Fischer 1095 Fly erhebliches Tempo.


Die beiden Motoren sind hinter der Heckbank zwar unseren Blicken verborgen, aber nicht unseren Ohren. Die Anwesenheit des Duos bleibt akustisch immer präsent. Denn die Geräuschkulisse, die das Paar bietet, ist schon recht laut – und war uns schon 2018 die Erwähnung wert, dass hier 600 Rösser vernehmlich mit den Hufen scharren.
Technische Daten Jeanneau Merry Fisher 1095 Fly
Länge | 10,45 m | |
Breite | 3,37 m | |
Tiefgang | 0,69 m | |
Gewicht | 5,86 Tonnen | |
Motorisierung | 2 x 300 PS | |
CE-Kategorie | B (küstenferne Gewässer) | |
maximale Passagierzahl | 9 Personen |
Messwerte (wie gefahren)
Drehzahl (U/min) | Geschwindigkeit (Knoten) | Verbrauch (Liter/Stunde) |
600 | 1,9 | 4,6 |
1000 | 3,6 | 9,6 |
2000 | 7,4 | 26,1 |
3000 | 8,8 | 50,5 |
4000 | 13,9 | 96,2 |
5000 | 30,4 | 149,4 |
6000 | 36,2 | 200,8 |
Die große Schwester
Das zweite Modell der Baureihe mit Obergeschoss ist die ebenfalls neue Merry Fisher 38 Fly. Hier nennt die Werft das Konzept den „Fokus auf Behaglichkeit und Cocooning“ – das passt für heutige Zeiten, wo man selbst an Land nicht viele Leute treffen kann.
Die MF 38 Fly ist gut einen Meter länger als unser Testboot. Und anders als alle Merry-Fisher-Modelle hat nicht das polnische Designbüro Centkowski & Denert sie gezeichnet, sondern Toni Castro. Allerdings sieht man den Booten ihre (Werft-)Mutter deutlicher an als die individuelle Handschrift der Designer.
Wer ein neues Reiseboot dieser Größe sucht und auch nur mit dem Gedanken spielt, ein Flybridge-Boot zu wählen, bekommt mit der Merry Fisher 1095 Fly sehr viel davon. Vor allem: Der Preisunterschied im Vergleich zur Coupé-Version ist nur gering. Dafür springt das Obergeschoss optisch nicht übermäßig ins Auge und ist auch in Sachen Seitenwind verträglich. Allemal bieten beide Versionen viel, viel Platz fürs Reisen.