Die Virtue 10 ist wirklich beeindruckend schnell, als Boot und als junges Unternehmen. Erst 2022 wurde die Motorbootmarke in der Nähe von Giżycko im Herzen der masurischen Seenplatte gegründet. Ende 2023 arbeitete das polnische Unternehmen bereits profitabel. Vergangenen Sommer wurde schon Baunummer 41 ausgeliefert. Ganz schön flott! Fast ebenso flott hatten wir Gelegenheit, den Erstling der Werft auf dem Wasser kennenzulernen.
Dabei folgt Virtue nur dem eigenen Anspruch an seine Produkte. Es geht vor allem um Tempo. Oder, um es mit dem Gründer Mateusz Drążek zu sagen: „Unsere Boote fahren mindestens 50 Knoten. Das ist ein Versprechen.“
Das erste Modell, vorgestellt im vergangenen Jahr auf der boot Düsseldorf, hält dieses Versprechen bereits optisch. Die Virtue V10 ist ein Powerboat, das schon von weitem rasant aussieht. Selbstbewusst stemmt sich der Steven mit leichter negativer Neigung gegen die Wellen, läuft zum Deck hin in einem breiten V aus – dem Logo der jungen Marke.
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Das markante V könnte auch für „Velocity“ stehen, also für Geschwindigkeit. Der knapp 10 Meter lange Bolide ist gemacht für schnelles Fahren. Das zeigt der Test mit der Topmotorisierung, zweimal 300 PS, auf der Danziger Bucht. Das Ansprechverhalten der Motoren, die direkte Lenkung, die Beschleunigung – alles das ist ein Genuss. Und obwohl an jenem Tag ein halber Meter Welle für relativ bewegte See sorgt, hält sich die Virtue V10 stabil und zieht majestätisch ihre Bahn.

Auch bei mäßigem bis höherem Tempo ist keine Unruhe im Rumpf zu registrieren. Die Virtue V10 erreicht bei unserem Törn 56 Knoten mit höchster Motorisierung aus zwei Zehnzylinder-Außenbordern von Mercury mit je 300 PS. Natürlich muss man sich bewusst sein, dass 50 Knoten und darüber eine besondere Verantwortung bedeuten.
So definiert Mateusz auch die Virtue-Zielgruppe: „Es müssen Menschen mit Sinn für Qualität sein – und dem Wissen, wie sie mit so einem Boot umzugehen haben.“ 56 Knoten entsprechen rund 104 km/h – ohne ABS, ESP und Airbags. „Bei mehr als 40 Knoten muss man sich einfach klarmachen, dass man sehr, sehr vorsichtig sein muss. Innerhalb von Augenblicken muss man reagieren können.“
Das Rumpfdesign stammt von Petestep
Innerhalb von Sekunden ist die Virtue V10 auf Touren. Sie läuft souverän auf der Ostsee, baut sich ihre eigene Prachtstraße durch die kabbelige See. Auch kleinsten Ruderkommandos folgt das Boot prompt mit unheimlicher Präzision. Der polnische Racer fährt sich wie ein Porsche mit Hinterachslenkung. Möglich machten die imposanten Leistungsdaten der verwendete Leichtbau. Durch Nutzung des Vakuum-Infusions-Verfahrens beim Rumpfbau konnte eine Tonne Gewicht eingespart werden, erklärt der Werftgründer.
Was macht die Struktur des Bootskörpers so steif und damit sicher? „Deck und Rumpf sind sehr sorgfältig miteinander verbunden.“ Überdies werde nur hochwertiges Material verwendet, so Mateusz. Die Werft hat für effizienten Vortrieb und hohe Festigkeit Erfahrung aus Skandinavien dazugekauft.
Das zweistufige Unterwasserschiff entwickelte das renommierte schwedische Unternehmen Petestep. Das patentierte Konzept besteht aus stringerartigen Leisten, die die Strömung in sichere Bahnen lenken. Sie leiten die sich entwickelnde Gischt, die sonst zur Seite entweichen würde, nach unten und heckwärts ab. Das sorgt für zusätzlichen Auftrieb – es ist weniger Energie nötig, um in Gleitfahrt zu kommen. Und folgerichtig wird eine höhere Endgeschwindigkeit erreicht.
Auf der Website von Petestep wird der Virtue V10 tatsächlich ein Tempo von 59 Knoten attestiert. Im Ernst? Mateusz lächelt. „Wir könnten ohne Weiteres drei V10-Motoren installieren, dann würde sie auch über 60 Knoten schaffen.“ Die Struktur hält das aus, versichert der polnische Werfteigner. Doch im Resultat sei das zu viel für Endkunden. Die V10 ist schließlich kein Rennboot. „Wir wollen zwar schnell fahren, aber immer mit dem Fokus auf Sicherheit.“
Vollwertige Kabine, Galley und Liegewiese
Neben Tempo hat die Virtue auch Komfort zu bieten. Denn das knapp zehn Meter lange Tagesboot bietet der Crew zusätzlich zum Genuss, durch die Wellen zu jagen, erheblichen Mehrwert.
Dazu gehört eine Kabine mit geräumigem Zwei-Personen-Bett und separatem Sanitärbereich. Das noble Gelass ist alles andere als eine Notunterkunft. Die Bootsbauer haben den Privatbereich mit ansprechenden Details wie indirekter Beleuchtung und einer umfänglichen Verkleidung versehen. Hier wurde nicht gespart, weder an Material noch an Kreativität. Man könnte fast denken, das „V“ stehe eigentlich für Variability, also Wandelbarkeit.