An Schwedens Küste bei Karlshamn weht heute Morgen ein frischer Wind. In der kleinen Hafenmeisterhütte dampft der Kaffee, die Zimtschnecken duften. Wir frühstücken rasch, denn am Steg wartet der Tiger!
Er ist weiß und aus Kunststoff. Das ist neu. Bisher hat Silver Boats keine reinen GFK-Boote gebaut. Die Rümpfe waren immer aus Aluminium, klassisch finnisch. Mit der neuen Z-Reihe gibt es jetzt eine Kunststoff-Serie – und Silver hat damit drei Modellreihen: die X-Serie ganz aus Alu, die Y-Serie mit Alurumpf und GFK-Deck und – so wie der Tiger – die Z-Serie ganz aus GFK.

„Wenn du es mit einem Auto vergleichst, wäre es wohl ein Volvo“, findet Dominik Entzminger vom Importeur Boat Solutions, als wir am Steg direkt vor dem Boot stehen. Die neue Rumpfform, der abgeflachte Bug mit den integrierten Lichtern und die flache Frontpartie verleihen dem Tiger einen sportlichen Look. Das Cockpit wirkt geräumig und minimalistisch.
Verstaut, wo man es braucht
Die niedrige, lang auslaufende Windschutzscheibe fügt sich gut in das sportliche Aussehen und bietet guten Schutz gegen kalten Wind am Testtag. Schlau und bisher einmalig sind die Fenderkästen seitlich am Heck. Hier sind die Fender schnell und raumsparend verstaut – genau an der Stelle, wo man sie braucht. Auch die abschließbaren Schapps sind ein schönes Plus.
Der Weg ins Boot geht am besten über den Bug, der über zwei Stufen sicher an Land führt, im Norden auch häufig auf den besten erreichbaren Felsen. Dafür ist die flache Nase ideal.
Nur fliegen ist schöner!
Ich gehe mit meinem finnischen BOB-Kollegen Jan Sjölund an Bord. Hinter dem Hafen, noch mit kleiner Welle, nehmen wir Anlauf und sind erstaunt, wie schnell der Tiger in Gleitfahrt kommt. Sehr weich schneidet das Boot die Wellen. Man hört gar keinen Wellenschlag am Rumpf. Der Blick über den Süllrand zeigt ein interessantes Bild: Da ist kaum Spritzwasser zu sehen. Wie kommt das?

Der Rumpf der Silver hat eine völlig neue Form: einen Petestep-Rumpf, benannt nach dem Gründer und Entwickler Peter Bjersten. Während bei anderen Rümpfen die Gleitstringer parallel zur Kiel-Richtung verlaufen, setzt Petestep sogenannte „Deflektoren“ ein. Diese Abstufungen laufen – anders als die bekannten, parallel laufenden Stringer – spitz von einem optimal berechneten Punkt zum Heck hin.

Das soll den Fahrwiderstand des Rumpfs im Wasser reduzieren. Durch die Deflektoren wird das Wasser nach achtern abgeleitet und nicht als Gischt zur Seite gedrückt, so wie üblich. Das hat verschiedene positive Effekte: Der Rumpf hebt sich damit schneller aus dem Wasser und kommt früher ins Gleiten. Dadurch wird, so der Hersteller, bis zu 35 Prozent weniger Kraftstoff benötigt.
Mehr Schub, weniger Widerstand
Durch den geringeren Wasserwiderstand ist auch der Reibungswiderstand geringer. Das bedeutet mehr Schub. Durch die Ausrichtung der Deflektoren schlägt der Rumpf in der Welle deutlich weniger auf. Die Fahrt wird dadurch ruhiger und stabiler. Das ist es, was wir auch beim Testen deutlich spüren: Der Rumpf verhält sich weicher, und das fühlt sich klasse an. Obwohl der 150 PS starke Motor von Honda Marine am Heck hörbar seine Arbeit macht, ist die Geräuschentwicklung geringer.
Als wir die Landabdeckung verlassen, wird die Welle kabbeliger. Der Rumpf reagiert weiterhin weich und spurtreu. Und auch gegen die Welle fühlt es sich deutlich angenehmer an, als mit anderen Booten dieser Größe unterwegs zu sein. Laut Petestep wird dabei die G-Kraft, also die Fliehkraft, um 30 Prozent reduziert. Die Kurvenstabilität ist durch den neuen Rumpf deutlich besser. Kein Gieren und kein Versetzen bei schnell gefahrenen engen Kurven.