Arbeit gibt es genug: Nach Angaben der französischen Segelverbands „Voiles et Voiliers“ gammeln tausende Wracks in Häfen, Höfen und Vorgärten herum. Seit 2019 gibt es in Frankreich eine Entsorgungspflicht für Boote ab 2,5 Meter Länge.

Im ersten Halbjahr gingen bereits 800 auf den letzten Törn, bis Ende 2021 waren es bereits mehr als 4000. Inzwischen ist die Entsorgung sogar gratis. Eigner müssen lediglich über die Website Recycler mon Bateau eines der inzwischen 28 zugelassenen Entsorgungszentren kontaktieren, einen Termin vereinbaren und ihr Boot hinbringen – das allerdings noch auf eigene Kosten.
Pflicht-Abgabe für das Recycling
Weitere Zentren sind gewünscht. Das Ziel: Französische Eigner sollen höchstens 150 Kilometer bis zum nächsten Yacht-Friedhof fahren müssen. Werften und Handel sind darüberhinaus verpflichtet, beim Verkauf von Booten eine „Eco Contribution“ abzuführen.

Von fünf Euro für ein kleines Schlauchboot bis 6500 Euro für einen 20-Meter-Katamaran reicht dieser Aufschlag, der das spätere Recycling vorfinanziert. Auch in Norwegen existiert ein Rückgabe-System, seit 2017 kann man sein altes Boot dort kostenlos verschrotten lassen. Es gibt sogar Abwrackprämie, wenn auch nur umgerechnet 100 Euro.
Die Organisation APER ist in Frankreich offiziell mit der Entsorgung beauftragt und macht es den Eignern besonders leicht, wie der Youtube-Film zeigt.
Von solch vorbildlichen Recycling-Systemen ist Deutschland seemeilenweit entfernt. „Der erste Schritt wäre ein Sportboot-Register“, sagt Karsten Stahlhut vom BVWW. Ein solches zentrales Verzeichnis wurde in der Vergangenheit mehrfach angeregt, aber von den Wassersport-Verbänden energisch bekämpft. Zu groß ist die Sorge, dass die Politik ein Register für eine Besteuerung „zweit-verwerten“ könnte.
Stahlhut sieht das pragmatisch: „Die Vorteile überwiegen.“ Das Register würde z.B. auch der Kriminalitätsbekämpfung dienen, die Besicherung von Yacht-Krediten erleichtern oder Käufer schützen. Zudem: „Wer eine Yacht für eine sechsstellige Summe halten kann, sollte mit einer Steuer im maximal dreistelligen Bereich doch kein Problem haben.“
Kosten sind offenbar kein Hindernis
Der BVWW hatte vor, mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) anlässlich der boot 2022 über dieses Thema zu sprechen. Das fiel bekanntlich ins Wasser. Doch der Verband will dranbleiben. „Es liegt nicht am mangelnden Willen, sondern an mangelnder Regulierung.“ Die Kosten sind offenbar kein Hindernis: Für eine Yacht der Zwölf-Meter-Klasse fallen beim Verwerter durchschnittlich zwei- bis dreitausend Euro an, schätzt Mark Walberg von Reboat gegenüber float.

Der Hamburger hat das Unternehmen, das auf Yacht-Recycling spezialisiert ist, gemeinsam mit seinem Partner Jens Mahnke vor einem Jahr gegründet. „Bisher hat sich keiner da rangetraut“, sagt Walberg, der mit Verschrottung von Schiffen Erfahrung sammelte. Der Rückbau von Yachten ist teuer, weil sehr viel Handarbeit beim Zerlegen notwendig sei. Trumpf des Verwerters: In jedem Boot, ob aus GfK oder Holz, befinden sich hochwertige Materialien wie Alu und Niro, zum Beispiel in Beschlägen oder Scharnieren, die dem Verwerter bares Geld einbringen. Ein tonnenschwerer Bleikiel kann sogar mehrere tausend Euro wert sein.
Der Rumpf dagegen ist Sondermüll. GFK wird geschreddert und „thermisch verwertet“. Die Zementindustrie verheizt die Späne, die darin enthaltene Glasfaser wandelt sich zu Quarzsand. Grobe Faustformel: Aus einer Tonne GfK entsteht etwa eine Tonne Quarzsand, begehrter Zuschlagsstoff für Zement. Das ist aber noch nicht der Weisheit letzter Schluss: Reboat forscht, teils mit öffentlicher Förderung, an Recycling-Technologien, die eine höhere Energie- und Rohstoffausbeute versprechen. Walberg ist sich sicher: „Der GFK-Markt wird explodieren in den nächsten Jahren.“