Die Ozeane bilden den größten Teil unseres Planeten – mit Bergen, höher als die höchsten Gipfel an Land, und Schluchten, die tiefer sind als der Mount Everest hoch. Doch nur ein Bruchteil dieser gewaltigen Welt unter Wasser ist erforscht. Taucht man in Alex Rogers Buch ein, begibt man sich in diese faszinierende und unbekannte Szenerie. Der Titel ist Programm: Das große tiefe Blau.
Eine Welt, an deren Oberfläche wir Wassersportler es lieben unsere Freizeit zu verbringen. Wir segeln, surfen, fahren Boot, gehen Schwimmen, schnorcheln oder tauchen. Aber viel mehr als die obersten 40 Meter kennen wir alle nicht. Typisch für uns Landlebewesen! Denn bisher waren mehr Menschen auf dem Mond als im 10.984 Meter unterm Meeresspiegel liegenden Challengertief des Marianengrabens.

Alex Rogers hat sich als Kind in den Ferien dem Meer genähert. Er ging mit dem Großvater und Onkeln vor Irland in kleinen Booten fischen. Gebannt blickte er in die dunkle Tiefe und sah die Lebewesen, die mit den Hummerkörben nach oben kamen. Viel Zeit verbrachte er später mit dem Beobachten des Lebens in den Gezeitentümpeln und an den Klippen von Westirland.
Weiße augenlose Krabben bei 120 Grad
All das faszinierte ihn so sehr, dass er Meeresbiologie studierte. Er begann, die Tiefsee zu erforschen – die Regionen der Ozeane, die tiefer als 200 Meter liegen und fast 90 Prozent des Lebensraums Ozean umfassen. Denn wissen wir wirklich, was Fische wissen?
Weiße, augenlose Yeti-Krabben tummeln sich hier auf den hydrothermalen Feldern der Tiefsee in etwa 2.200 Metern Tiefe. Sie leben im bis zu 120 Grad Celsius heißen Wasser und ernähren sich von Bakterienkulturen, die auf den Fellfransen an ihrem Bauch wachsen.
Doch es ist nicht nur heiß da unten: In praktisch allen Ozeanen gibt es in den tieferen, kalten und lichtlosen Regionen riffbildende Kaltwasserkorallen, die ein eigenes schützenswertes Riff-Ökosystem mit unterschiedlichen Arten bilden. Rogers erfuhr, dass rund um den Globus der Artenreichtum um die Tiefseeberge besonders groß ist. Sie erheben sich vom durchschnittlich 4.500 Meter tiefen Meeresboden – auch das ist das große tiefe Blau.
Heute ist Alex Rogers Professor in Oxford, Mitglied internationaler Forschergruppen und Direktor des Internationalen Programms zur Lage der Ozeane (IPSO). Als anerkannter Experte für den Lebensraum Meer berät er die G8, die UN und viele Nichtregierungsorganisationen zum Thema Meeresschutz und nachhaltigem Umgang mit den Ozeanen.

In seinem bei dtv auf deutsch erschienenen Sachbuch nimmt der Autor uns mit. Es geht in eine fremde, faszinierende Welt der Dunkelheit, des eiskalten Wassers, des extremen Drucks. Rogers zeigt uns außerirdisch anmutende Ökosysteme aus vulkanischen Hydrothermalquellen, wo das Leben ohne Licht und Sauerstoff auskommt und auf Chemosynthese beruht.
Fatale Folgen für fragile Ökosysteme
Im Verlauf seiner Forschungslaufbahn wird Rogers immer öfter mit den fatalen Folgen menschlicher Eingriffe auf die fragilen Ökosysteme in den Meeren konfrontiert. Er sieht viel Zerstörung.