Manchmal muss man einfach anrufen. Und sei es nur, um auf großer Fahrt die Lieben an Land zu grüßen. Doch auf hoher See trägt kein Handynetz die Nachricht in die Welt. Auf dem Ozean versprechen satellitengestützte Kommunikationsnetze wie Iridium globale Abdeckung – inklusive Polregionen. René Därr, Geschäftsführer eines Portals für Expeditionstechnik, zählt seit Jahren eine wachsende Zahl Segler zu seinen Kunden. Sie nutzen neben Iridium, das wir ausführlich auf float vorgestellt haben, auch andere Systeme wie Thuraya, Inmarsat und Globalstar.

Wobei sich zunächst die Frage stellt, in welche Weltregionen Segler jemals Kurs nehmen. „Als Nutzer muss man entscheiden: Brauche ich ein globales System?“, sagt Därr. Er glaubt, dass es bei der Wahl des Anbieters sehr auf den Anwendungsfall ankommt: „Wenn ich maximal zu den Azoren fahre, brauche ich Iridium nicht.“ Schon gar nicht, wenn es nur ein paar Kilometer die Küste entlanggeht. Was sind die Alternativen zum Primus Iridium?
Es hilft, die technischen Unterschiede zwischen den Systemen zu kennen. Zu unterscheiden sind Systeme im geostationären Erd-Orbit (GEO) und im näheren „niedrigen“ Erd-Orbit, auch LEO genannt. Das Kürzel leitet sich von Low Earth Orbit ab. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile, und von beiden gibt es jeweils zwei Protagonisten.
Inmarsat, der Satelliten-Pionier
Das älteste Satelliten-Kommunikationssystem Inmarsat gibt es seit 1979. Es wurde, wie schon der Name sagt, explizit für die Schifffahrt eingerichtet. Das in Großbritannien beheimatete Unternehmen deckt mit seiner Infrastruktur die gesamte Erde ab. Nur die polarnahen Regionen erhalten keinen Empfang. Die Technik kostet nur etwa halb so viel wie Iridium. „Inmarsat hat aber den Nachteil, dass ich mit einem Handgerät wie dem IsatPhone 2 nur sehr bedingt Datenverbindungen realisieren kann“, sagt René Därr.

In etwa 36.000 Kilometern Höhe stehen vier für das IsatPhone 2 nutzbare geostationäre Satelliten parallel zur Erddrehung, verhält also in etwa über einem festen Punkt. Der Abstand erspart dem Betreiber eine größere Menge von Satelliten, birgt allerdings das Problem von Störungen. Zumeist ist von einer Position auf der Erdoberfläche aus nur ein Satellit erreichbar.
Daher muss die Handy-Antenne relativ exakt ausgerichtet sein, damit eine Verbindung zustande kommt. Därr: „Das dauert – und bei Seegang schwankt alles mit dem Schiff, dann brechen Datenverbindungen ab, man muss immer wieder von vorn anfangen. Sie zahlen aber jedes Mal für die Minuten und haben nichts erreicht.“ Um das zu umgehen, benötigt man zusätzliche Ausrüstung in Form einer Antenne. So steigt der Preis.
Extra-Kosten bei Inmarsat
Das nächste Hindernis stellt sich ein, wenn Datenübertragung gewünscht ist – zum Beispiel für die tägliche Wetterkarte. Bei Inmarsat müsse der Nutzer technisch versiert sein, sagt Därr, weil ein Inmarsat-Telefon für Internetnutzung wie ein altes Analog-Modem per USB-Kabel mit dem Laptop verbunden werden muss. Der wiederum muss mit einer Firewall gesichert werden, die andere Datenverbindungen wie beispielsweise Updates unterbindet.
Normale kostenfreie E-Mail-Programme können mit einer solchen Datenübertragungsrate heute gar nicht mehr umgehen, sie melden schnell ein Time-Out. „Also brauche ich auch ein kostenpflichtiges E-Mail-Programm, das damit klarkommt.“ Die Übertragungsrate sei zwar 2,44 kB pro Sekunde bei Inmarsat „gleich schlecht“ wie bei Iridium. Doch Seegang kann sich – wie schon erwähnt – sehr nachteilig auf die Übertragung auswirken.

Diese Extra-Kosten führen dazu, dass Iridium nur auf den ersten Blick teurer erscheint als Inmarsat. „Das System ist einfach kompakter“, sagt René Därr. Bei Iridium hingegen kann die kostenfrei zur Verfügung gestellte Mail-App mit den langsamen Raten umgehen. Der sogenannte „Optimizer“ mit eingebauter Firewall unterbindet andere Datenverbindungen – wie die erwähnten Updates. Experte Därr dazu: „Daher kann ich sogar Mails mit kleinen Anhängen wie Wetterdaten in Grib-Files gut empfangen.“
Bei Inmarsat könne in Australien die dortige Notrufnummer 000 kostenlos gewählt werden. Aber in Europa ist die 112 nicht freigeschaltet. „Man muss jedem sagen: Für das Funktionieren geben wir keine Garantie. Wir können nur die Informationen weitergeben, die wir aus Erfahrung kennen, die im Handbuch stehen.“
Thuraya nicht in Amerika
Auch das Thuraya-Netz, das federführend aus den Vereinigten Arabischen Emiraten betrieben wird, hat zwei aktive GEO-Satelliten am Himmel. Ihre Abdeckung ist damit noch erheblich kleiner als die von Inmarsat. Thuraya-Signale kann man in Europa, Nordafrika, Asien und bis Australien empfangen. In Kürze wird die Netzabdeckung bis auf das südliche Afrika ausgeweitet.
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